Arda Fanfiction

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von Budgielover

Kapitel #1

„Ich habe eine großartige Idee,” verkündete Merry.

 Frodo überdachte seine Möglichkeiten. Der Regen, der auf das Dach trommelte, war wahrscheinlich laut genug, um zu sagen, dass er Merrys Bemerkung nicht gehört hatte. Oder er konnte behaupten, in sein Buch vertieft zu sein. Vielleicht konnte er einen plötzlichen, dringenden Botengang erfinden, der ihn aus dem Zimmer brachte. Pippin sollte eigentlich jeden Moment aus seinem Schläfchen aufwachen… vielleicht sollte er gehen und nach dem Jungen schauen, ehe Pippin sein Munterwerden auf die übliche Weise signalisierte – durch den lauten Krach von irgendetwas, das zerbrach. Merry würde das vielleicht glauben.


 „Frodo,” drängelte Merry.


 Es würde nicht funktionieren. Merry schaute ihn jetzt mit diesem schmaläugig berechnenden Blick an, der bedeutete, dass ihm Frodos Fluchtpläne vollkommen bewusst waren.


 „Erinnerst du dich an diese hübschen, jungen Schankmädchen im Grünen Drachen?“ begann Merry nachdenklich.


Frodo dachte, dass er die ansehnlichen und wohl bestückten Schwestern wohl kaum vergessen würde, die den ganzen Abend damit zugebracht hatten, Pippin zu umglucken, während sie ihn und Merry ignorierten. „Ich erinnere mich, dass wir zum Abendessen keine Pilze als Beilage bekommen haben,“ erwiderte er vorsichtig und versuchte, die Richtung einzuschätzen, die diese Unterhaltung nahm.


Merry nickte, als wäre Frodo geradewegs zum Kern der Sache vorgedrungen. „Ja! Aber wieso haben wir keine Pilze gekriegt?“


„Weil die Köchin sie alle Pippin gegeben hat?“   


„Aber wieso?“ drängelte Merry weiter, der offensichtlich das Gefühl hatte, Frodo sei stumpfsinnig.


„Weil nicht genug für uns alle da waren?“ machte Frodo einen hoffnungsvollen Versuch.


„So ein lieber kleiner Kerl,“ imitierte Merry Päonies hohe Stimme. „Was für ein süßes, kleines Zuckerstückchen…“


„Worauf willst du hinaus, Merry?“


„Ich schlage vor, wir führen unser liebes, kleines Zuckerstückchen zum Tee in den Drachen aus und schauen, ob die hübschen, jungen Mädchen uns dieses Mal beachten.“


„Merry,“ sagte Frodo langsam, „ich denke, du bist ein bisschen jung, um schon an Mädchen zu denken. Du hast doch nicht etwa diese elbischen Übersetzungen von Bilbo gelesen, von denen du die Finger lassen solltest, oder?“


„Sei nicht schwerfällig, Frodo,“ erwiderte Merry fröhlich, ohne die Frage seines Vetters zu beantworten. „Dass ein Elfjähriger die Aufmerksamkeit dieser Mädel allein auf sich zieht, anstelle von zwei gutaussehenden, gut betuchten und unendlich mehr bezaubernden Hobbits aus dem Ort, das lässt Schlimmes für deine Zukunft beim Hofieren befürchten, mein Junge.“


Frodo schaute ihn stirnrunzelnd an.


„Du brauchst ein bisschen Übung mit den Damen,“ erklärte Merry unverblümt.


Frodo klappte das Buch mit einem Knall zu. „Ich glaube kaum, dass mein neunzehnjähriger Vetter mir auf diesem Gebiet Ratschläge erteilen sollte, Meriadoc.“


Merry verdrehte die Augen. „Frodo,“ sagte er behutsam, so, als spräche er mit einem etwas begriffsstutzigen Kind. „du bist jetzt jährig und der Herr von Beutelsend. Die Mädels haben sich aus Respekt dafür, dass Bilbo fort gegangen ist, noch zurück gehalten, aber ich habe keinen Zweifel, dass die Schlachtpläne schon geschmiedet sind. Überall im ganzen Auenland treffen sich Mädchen mit ihren Müttern, um zu besprechen, was für Bänder oder Spitzenflitter oder tiefe Ausschnitte den Blick des jungen Herrn wohl einfangen werden.“ Merry hielt inne und betrachtete seinen Vetter mit liebevoller Verachtung. „Das ansehnliche Vermögen des jungen Herrn und sein ansehnliches Selbst erwähne ich gar nicht erst.“


Frodos Gesichtsausdruck begann bei Gekränktheit, drehte ab zu Streitsucht, setzte sich fort zu Verlegenheit und landete schließlich bei entschiedenem Entsetzen. Sein Gesicht erbleichte und er spähte aus dem runden Fenster, als würde er bereits das Gekläff der Jagdhunde hören, die ihm auf der Spur waren.


„Vielleicht ein ausgedehnter Besuch in Bockland?“ fragte Frodo und strich nervös den Bucheinband glatt.


Merry nickte. „Ausgezeichneter Gedanke. Ich weiß, es ist eine Tatsache, dass Mama schon eine Liste geeigneter junger Damen aufgestellt und ein paar Nachforschungen über Mitgiftsummen betrieben hat. Es juckt sie geradezu, damit anzufangen, dir eine Frau zu suchen. Ich glaube, ich habe sie erwähnen hören, wie nett es wäre, eine Hochzeit im Frühling zu haben. Ich wäre nicht überrascht, wenn das der Grund war, warum sie und mein Vater letzte Woche diesen unerwarteten Ausflug gemacht haben, um dich zu sehen. Nachzuprüfen, ob Pippin in unserer Obhut noch am Leben ist, das war natürlich nur eine Ausrede.“


Frodos grauenerfüllter Blick war geradezu komisch.


Merry verschränkte die Finger gemütlich über seinem Buch und lehnte sich in seinem Sessel zurück.


„Frodo,“ begann er in lehrhaftem Ton, „du musstest doch wissen, dass das auf dich zukommt. Bilbo hat dir deinen Spaß gelassen, aber du bist jetzt erwachsen. Und wenn du nicht willst, dass Mama und Tante Eggie und jede einzelne unserer weiblichen Verwandten damit anfangen, deine Ehe zu planen, dann schlage ich vor, dass du dich selbst aus dieser Höhle hievst und ein paar Mädchen triffst.“


„Es regnet,“ protestierte Frodo schwach.


Merry lächelte selbstgefällig. „Vor dem Tee hört es auf. Was meinst du?“ Er sah die Unschlüssigkeit seines Vetters und fuhr fort: „Sieh es mal so, mein lieber Frodo. Wenn du nicht von allein ein paar hübschen Damen begegnest… dann hast du keine Wahl. Du brauchst Übung. Sollen wir uns vorwagen?“


Frodo betrachtete seinen Vetter misstrauisch. „Was meinst du damit, wir - ?“


Ein Krach! kam aus der Richtung der Speisekammer.


*****


Frisch gewaschen nach seiner unglückseligen Begegnung mit dem Kekskrug (das heißt, unglückselig für den Krug, Pippin kam ziemlich glimpflich davon)  tanzte der junge Hobbit aufgeregt um seine älteren Vettern herum. „Werden wir Päonie und Narzissa im Drachen sehen, Frodo?“


 „Ich habe durchaus die Absicht,“ teilte Frodo ihm mit, während sie sich dem Gasthaus näherten. Während des Tages wies der Grüne Drache wenig Ähnlichkeit mit dem bevölkerten, offenen Haus der Stunden später am Tag auf. Sie hielten auf der Schwelle inne und schnüffelten hoffnungsvoll. Der einzige Geruch war der nach aufgehendem Brotteig, der kundtat, dass noch nicht gebacken worden war. Frodo schaute sich um und ließ sich stirnrunzelnd auf einer Bank nieder.


„Ich glaube nicht, dass irgendwer hier ist,“ begann er, aber genau in diesem Moment kam Narzissa durch die Küchentür herein gesegelt und blieb bei ihrem Anblick überrascht stehen.


„Bitte um Verzeihung, die Herren,“ sagte sie und kam eilig auf sie zu. „Ich wusste nicht, dass ihr hier seid.“ Sie entdeckte Pippin, der zwischen Frodo und Merry eingezwängt war. „Das ist ja der liebe, kleine Junge! Hallo, Pippin, mein Süßer!“


Pippin stellte sich auf die Bank und verbeugte sich, dann streckte er die Arme aus, um sich drücken zu lassen. „Hallo, Fräulein Nassy. Euer Braten und eure Pilze waren so gut, da sind wir wiedergekommen, um noch mehr zu essen.“


Narzissa ließ Pippin los und schaute Frodo und Merry an. „Tut mir Leid, meine Herren, Essen gibt’s keins! Bis zur Abenddämmerung passiert nicht viel, und der Regen schreckt sie alle ab.“


„Oh.“ sagte Frodo geknickt und langte bedauernd nach seinem Umhang.


„Ach bitte, Herr, geh nicht. Ich würde nicht wollen, dass dieser kleine Schatz Hunger bekommt. Ich hab ein paar Kleinigkeiten, die meine Mama gemacht hat. Wenn ihr einen Moment warten wollt, schau ich mal, ob noch was davon übrig ist.“


„An seinen Namen hat sie sich erinnert,“ grummelte Merry in Frodos Richtung, während sie genussvoll zusahen, wie das Mädchen schwungvoll durch die Küchentür davonging.


Die Dame, die jetzt den Raum betrat, war das Abbild einer gut genährten, wohlhabenden Hobbitfrau. Ergrauendes, lockiges Haar war nach hinten frisiert und ihre von Falten durchzogenes Gesicht strahlte gute Laune und Wertschätzung für die Bequemlichkeiten des Lebens aus. Ihre großzügig gerundete Figur sagte voraus, wie ihre Töchter in vierzig Jahren aussehen würden, falls die Küche gut und das Leben erfolgreich ausfiel. Sie stellte ein Tablett vor ihnen ab und knickste anmutig, bevor sie sich hinter den Tresen zurückzog, um dort eine Reihe Krüge gerade auszurichten.


Die drei Hobbits betrachteten das Tablett. Quer darüber waren mehrere Reihen sehr merkwürdig aussehender… Bissen?... angeordnet. Frodo staunte. Vorspeisen? Gaumenkitzler? Eine vage fleischig aussehende Mischung nistete in sternförmigen Körbchen aus dünnem Teig, braun und noch dampfend vom Ofen. Obwohl sie verführerisch dufteten, sahen sie nicht nach etwas aus, bei dem er eifrig darauf bedacht gewesen wäre, es in den Mund zu stecken.


Pippins rasche kleine Hand streckte sich aus und legte sich auf eines dieser Dinger. Sie sahen besorgt zu, wie er hinein biss. Dass Pippin etwas ohne zu zögern aß war noch keine Empfehlung – ein paar der Sachen, die das Kind bereits bereitwillig verschlungen hatte, hatten ihn mehr als einmal beinahe vergiftet. Dann leuchteten Pippins Augen auf und er schnappte sich gleich zwei auf einmal, eines in jeder Hand.


Frodo biss in eines der eigenartig aussehenden Teile, und ein Ausdruck der Ekstase breitete sich auf seinem Gesicht aus. Merry streckte die Hand aus, um sich selbst eines davon zu holen. Es war noch heiß vom Ofen und er grub seine Zähne behutsam hinein.


„Ich glaube, ich liebe sie,“ murmelte Merry voller Glück.


„Ich habe sie zuerst gesehen,“ erwiderte Frodo, stapelte ein Gebäckstück auf ein anderes und biss in beide gleichzeitig.


„Mama wird entzückt sein,“ fuhr Merry fort. „Sie und Vater werden mich noch nicht heiraten lassen, aber vielleicht wird die gute Dame ja warten?“


„Ich bin jetzt volljährig,“ erinnerte ihn Frodo mit Festigkeit. „Und ich werde sie bitten, dass sie mich heiratet.“


„Heda! Wo ist Pippin?“


Die Dame schaute hinunter, als etwas an ihrer Schürze zupfte. Pippin stand vor ihr, das Gesicht kreuz und quer mit Krümeln beschmiert. Er nahm ihre große Hand in seine beiden kleinen und ließ sich vorsichtig auf einem Knie nieder. „Ich denke, dass du furchtbar hübsch bist,“ erklärte er der Dame aufrichtig. „Und du kochst so wunderbar gut. Würdest du mich wohl heiraten, wenn ich älter bin?“


Das überraschte Gesicht der Dame verzog sich zu einem strahlenden Lächeln und verdächtige Feuchtigkeit stieg ihr in die Augen. „Was für ein lieber, kleiner Junge,“ murmelte sie, beugte sich vor und legte Pippin eine Hand auf die rundliche Wange. „Eine rechte Ehre, junger Herr, wenn ich nicht schön verheiratet wär’.“


„Eines Tages bin ich der Thain,“ informierte Pippin sie ernsthaft.


Die Matrone lächelte ihn an. „Ach, bist du das? Was für eine großartige Sache!“


Pippin nickte. „Ich weiß, Mammi würde dich mögen,“ sagte er. „Und Päonie und Narzissa können mitkommen und bei uns leben. Sie könnten meinen Schwestern beibringen, wie man in einem Gasthaus arbeitet. Mammi würde sich so sehr freuen.“


Die Dame lachte und tätschelte den feierlichen, kleinen Kopf. „Aber ich könnte meinen Ehemann nicht verlassen, Liebchen. Er würde wahrscheinlich verhungern, und dann geht’s mit dem Gasthaus abwärts.“


Pippins kleines Gesicht verzog sich. „Das will ich nicht,“ sagte er langsam. Er schaute niedergeschlagen drein, dann sagte er betrübt: „Also gut. Aber es tut mir Leid, dass du mich nicht heiraten kannst.“


Sie kitzelte ihn am Kinn und Pippin kicherte. Frodo und Merry hörten verblüfft, wie sie mit einstimmte, ein köstliches Duett, dem sich ihre Töchter anschlossen, als die Mädchen aus der Küche zurückkamen. Die Matrone lächelte auf Pippin hinunter. „Wenn du meine Würstchensterne genügend magst, um mich deswegen zu heiraten, junger Herr, dann mach ich dir einen Korb davon fertig, den du mit nach Hause nehmen kannst. Und wenn du noch mehr möchtest, dann kommst du geradewegs zu mir – ich mach sie extra für dich, egal, wie viel wir in der Küche zu tun haben.“


„Das ist sehr freundlich von dir,“ warf Merry ein und stand auf. Sie sah ihn an. „Wir wohnen bei unserem Vetter Frodo. Frodo Beutlin. Der Herr von Beutelsend. Beutelsend. Auf dem Bühl.“ Die Mädchen lächelten ihn abwesend an, ohne wirklich zuzuhören.


„Na los doch,“ flüsterte Frodo ihm zu, während Merry auf die Bank zurücksank. „Erzähl ihnen, dass dein Großpapa der Herr von Bockland ist. Lass sehen, ob es mehr Eindruck hinterlässt als beim letzten Mal.“ Merry blickte ihn schmollend an.


„Ab mit euch, Mädels,“ sagte ihre Mutter den Mädchen. Frodos und Merrys Gesichter zogen sich in die Länge, als die hübschen jungen Damen zurück an die Arbeit gescheucht wurden, damit ihre Mutter sich hinsetzen und Pippin auf den Schoß nehmen konnte.


„Dankeschön,“ sagte Pippin glücklich, während sie den Stern, nach dem Merry gerade die Hand ausgestreckt hatte, an ihn verfütterte.


*****


 Die Wolken hatten sich genügend verzogen, dass der Mond den Weg den Bühl hinauf erleuchten konnte; das gestattete den beiden schwer beladenen Hobbits, einen Moment lang draußen vor dem Tor von Beutelsend Luft zu holen. Der größere der beiden zog seinen Mantel fester um das kleine Gesicht, aus dem es an seiner Schulter schnarchte. Der andere nutzte den Augenblick, einen großen Korb auf dem noch immer feuchten Boden abzusetzen und sich kläglich zu strecken.


„Er hat es schon wieder getan,“ sagte Merry ungläubig. „Wie konnte er es schon wieder tun? Ich war genau dort, und er hat es trotzdem wieder getan.“


„Wenigstens haben wir diesmal einen Korb,“ erinnerte ihn Frodo und schob das schlummernde Kind auf seiner Schulter zurecht. Pippin rülpste leise, als er sich wieder zur Ruhe legte, ein kleines Lächeln auf dem Gesicht. „Und es ist genug da für’s Frühstück, und für das zweite Frühstück noch dazu.“


„Das ist wahr,“ stimmte Merry zu, sichtlich aufgeheitert. „Aber ich schwöre, ich habe keine Ahnung, wie dieses ,süße kleine Zuckerstückchen’ das anstellt. Das nächste Mal, wenn wir versuchen, die Bekanntschaft eines Mädchens zu machen, lassen wir ihn bei Sam.“


„Ich glaube, wir kommen tatsächlich besser zurecht, wenn wir ihn dabei haben,“ versetzte Frodo und schob das Tor auf.


ENDE


Würstchensterne 1 Pfund Brühwürstchen 150 g Barbecue-Sauce 1 grüne Paprika 150 g gewürfelte, schwarze Oliven 300g Cheddar- oder Emmentaler Käse (oder Greyerzer) 1 Zwiebel 1 Paket Wan Tan-Teig (im Asia-Shop) 1 Muffin-Blech (sonst Soufflé-Förmchen) Die Würstchen anbraten. Paprika und Zwiebel würfeln. Zu den Würstchen geben, Käse und Barbecue-Sauce hinzufügen. Vorisichtig eine Wan Tan-Hülle in eine Muffin-Vertiefung drücken und eine zweite quer darüber legen, so dass sie in der Vertiefung einen achteckigen Stern bilden. Vorsichtig herunterdrücken, damit die Hüllen ein Nest bilden. Bei 150 °C backen, bis sie leicht gebräunt sind. Aus dem Ofen holen und großzügig mit der Wurst-Gemüse-Mischung füllen. Wieder zurück in den Ofen schieben und backen, bis der Käse schmilzt, dann aus der Muffin-Form lösen, während sie noch warm sind. Ergibt ca 30 Würstchensterne. (Man kann übrigens auch jedes andere Gemüse nehmen!)
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