Arda Fanfiction

Das neue Archiv für Geschichten rund um Tolkiens fabelhafte Welt!

Arwens Tod

von Chricks

Chapter #1

Die weiße Stadt, Minas Tirith in ihrem Glanz und ihrer Kraft, helle Banner wehen im Wind vor einem blauen Himmel, Hörner erschallen und Lauten erklingen in der Halle des Königs am Abend.

Ein Augenblick, ein winziger Moment in der Ewigkeit der Jahre, der wie Sand zerrinnt und zu Staub wird, den der Wind fortweht über die Felder.

Die weiße Stadt, Minas Tirith, zerbrochene Türme, Ruinen, zwischen deren fahlen Steinen das Moos wächst und Schatten lauern wie Erinnerungen an den Frühling der Welt.

Wohin gehen die Seelen der Menschen, wenn ihre kalten Körper wie Bildnisse ruhen in den Reihen ihrer Väter? Nach Westen, zur Zuflucht der Elben? Nach Norden, wo Eiswinde heulen und Finsternis herrscht? Nach Osten, vielleicht... in den Süden?

Die Welt hatte sich gewandelt, in einem Augenblick, doch Arwen Undómiel war dieselbe geblieben, dieselbe?

Ein Kind, ruhend in seinen starken Armen, ein Mädchen, lauschend seiner Stimme am Feuer in Bruchtal, eine junge Frau, seinen Spuren im Wald von Lothlórien folgend, Geliebte, Mutter, Königin... nur eine Sekunde im Laufe der Zeit, vergangen für immer.

Der König war fort, und mit ihm die Erinnerung, der blaue Himmel und das Licht über der Welt. Verloren, so als hätte der Schatten seines Todes auch sie berührt, ging sie dahin, durch weiße Straßen, Menschen wichen zur Seite und bedeckten ihre Gesichter, wenn sie an ihnen vorüber schritt, einem Schemen gleich, das Traurigkeit in die Herzen derer senkte, die sie erblickten. Und wie der Mond sein bleiches Licht über die fernen Moore legt, lag ihre Traurigkeit über den Mauern, auf denen sie stand und nach Westen blickte, zur Zuflucht der Elben, der sie entsagt hatte.

Und so verließ sie die Stadt in einer sternenklaren Nacht, Arwen Undómiel, sterbliche Elbin, und wanderte fort in die Wälder, ohne Plan, ohne Ziel, so als wäre ihr Wille gleich seinem erstorben und hinter ihr zurückgeblieben in der weißen Stadt, die sein Grab geworden war.

Und wie ein Nebel war sie in der Nacht, wenn sie ihr Haupt an eine Eiche bettete, und Laub deckte sie zu und die Tiere des Waldes ruhten an ihrer Seite, den kühlen Körper mit den ihren zu wärmen, und am Tag war sie wie eine weiße Wolke, die über den Himmel zog, vom Licht beschienen und doch Schatten der Traurigkeit auf die Welt werfend, die unter ihr lag.

Und die Jahre gingen dahin, kalt, unbeachtet und leer, und sie berührten sie nicht.

Kein Schiff fuhr in jenen Tagen noch in den Westen, die Anfurten lagen verlassen, und Krähen kreisten über den Häfen.

Am Cabed-en-Aras blickte sie in die schäumenden Wasser, die das schwarze Schwert verschlungen hatten, und in einer mondhellen Nacht ruhte sie auf einem grünen Hügel, den die Waldleute vor langer Zeit einmal Haudh-en-Elleth, den Hügel des Elbenmädchens genannt hatten.

Und mit niemandem sprach sie und niemand kam ihr nahe in der Zeit ihrer Wanderung, es sei denn, durch die Schwermut in den Herzen derer, die ihren Weg kreuzten, und so geriet sie nach endloser Zeit in das Land Lothlórien, das träumend unter dem Lichte einer untergehenden Herbstsonne erstrahlte.

Und Arwen, fast durchscheinend geworden wie der Bogen des Sonnenlichtes zwischen den Zweigen, gewann durch den Zauber, der noch immer auf jenem Orte lag, wieder ein wenig an Gestalt und Leben und blickte sich um.

Da war ein Adler, kreisend über den Wolken an einem azurblauen Himmel, grün leuchtendes Moos unter ihren bloßen Füßen, Licht, das zwischen den braunen Blättern der Mallornbäume spielte, und der Klang von Elbenliedern in der warmen Spätsommerluft. Und sie dachte an Aragorn in der Kraft seiner Tage, seine starke Hand, wenn er das Schwert führte, um die Grenzen des Reiches Gondor zu schützen, seine Hand, die so sanft und zärtlich sein konnte, wenn er sie berührte, seine klaren Augen und das Lächeln, das immer um seine Lippen gespielt hatte, wenn er sie ansah.

Und so legte sie sich auf einem Hügel nieder und träumte von den Tagen ihres Lebens im Licht, während die Sonne hinter den Wipfeln des Waldes versank und die Nacht einen funkelnden Himmel über die Welt ausbreitete.

Und während sie so träumte spiegelte sich das Licht der Sterne in ihren Augen, die größer und heller waren als die Silmaril in der Krone desjenigen, dessen Name nicht mehr genannt werden darf in Mittelerde, und Elbereth selbst stieg vom Himmel hinab auf die Erde und benetzte ganz sanft ihre Stirn mit ihren Tränen.

Da schloss Arwen Undómiel für immer die Augen, doch ihre Seele wanderte nicht fort in den Westen sondern hin zum Sonnenaufgang eines neuen Tages, in dessen Licht sie mit Aragorn, König von Gondor, und den Valar vereint sein mag, bis die Welt endet und die Zeit neu entsteht.
Rezensionen