Arda Fanfiction

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Unterwegs mit dem anderen Zauberer - Eine Reise zur Heilung

von jodancingtree

Verschwendete Worte

Wie sich herausstellte, hatte Radagast sich geirrt. Sie waren den halben Vormittag geritten und ein gutes Stück jenseits des Waldes, und sie überquerten gerade den nördlichen Rand der Hügel, als ein Flügelflattern zu hören war und Cuina sich auf Frodos Kopf niederließ. Ihre Gegenwart hellte seine Stimmung auf, die düster gewesen war, und er langte nach oben, um ihre seidigen Federn mit einem Finger zu streicheln.

Binnen weniger Minuten schoss sie wieder in die Luft; ihr Lied folgte ihnen auf ihrem Ritt, aber hin und wieder ließ sie sich auf Frodos Kopf fallen und zog an seinem Haar, bevor sie wieder davonflog.

Der Zauberer lachte vor sich hin. „Deine Freunde sind dir sehr treu, selbst unter den Tieren. Ich glaube, da liegt irgendein Segen auf dir.“

„Ich dachte, es wäre ein Fluch!“ schnappte Frodo. Dann wurde er rot vor Scham. „Nein, vergib mir. Meine Freunde sind natürlich ein Segen. Und sie sind mir treu gewesen.“

Radagast schien ihm die Sache nicht übel zu nehmen. „Da ist ein Fluch, Esel, aber nicht auf dir, obwohl du seine Last gespürt hast. Der Fluch lag auf dem Ring und seinem Schöpfer, aus Stolz und Bosheit. Aber jetzt ist der Ring verschwunden, und sein Schöpfer auch.“

„Also ist der Fluch auch verschwunden?“

„Ah – nein, nicht solange Stolz und Bosheit bleiben. Aber da ist keine Bosheit in dir, Esel, und nur ein wenig Stolz.“

„Ich dachte, du hättest mir großen Stolz vorgeworfen, vor einer Weile erst.“ Es hörte sich schmollend an, selbst für seine eigenen Ohren, und er biss sich auf die Zunge.

Radagast lachte ihn aus, als wäre er ein Kind. „Du hast allerdings seither viel davon aufgegeben. Du hast dich daran erinnert, wer di wirklich bist – eigentlich nur ein kleiner Kerl in der weiten Welt; bei irgendeiner Gelegenheit hat jemand Bilbo dasselbe gesagt, glaube ich.“

„Das war Gandalf,“ gestand Frodo und lächelte wider Willen. „Zuerst war Bilbo beleidigt, aber er kam darüber weg, Woher hast du das gewusst?“

„Oh, es hat sich herumgesprochen. Eine sehr berühmte Persönlichkeit, dein Onkel.“

“Ja. Tapfer und einfallsreich. Ein Jammer, dass er zu alt war, um den Ring nach Mordor zu tragen.”

“Das würdest du ihm nicht wünschen, Esel.”

“Nein, natürlich nicht – bloß dass er es besser gemacht hätte als ich.”

Radagast zupfte nachdenklich an seiner Lippe. „Er hatte großen Erfolg bei der Geschichte mit dem Drachen, aber das war eine andere Sache, weißt du. In all seinen Abenteuern ist Bilbo Gefahren begegnet, denen er geradewegs entgegentreten konnte, durch Kampf oder Flucht. Aber du hast den Feind am eigenen Leib getragen, und es gab kein Entkommen. Ich bin nicht sicher, ob er hätte tun können, was du getan hast.“

„Was habe ich denn getan, Radagast? Ich habe ihn zum Berg gebracht – auf dem Weg habe ich Sam und meine Vettern beinahe umgebracht und Boromir tot zurückgelassen – und als der Augenblick kam, meine Aufgabe zu erfüllen, da habe ich mich geweigert! Wenn Smeagol nicht da gewesen wäre, dann hätte Sauron jetzt den Ring!“

Die Stimme des Zauberers war ruhig. „Und wieso war Smeagol da, Frodo? Wieso lag er nicht tot in den Emyn Muil, oder wurde von Faramirs Bogenschützen erschossen?“

Frodo sagte nichts, und Radagast antwortete selbst. „Weil du Mitleid mit ihm hattest. Weil du nicht wolltest, dass er getötet wurde.“

„Bilbo hätte ihn auch nicht getötet.” sagte Frodo stur.

„Nicht, als er die Gelegenheit dazu hatte,“ sagte Radagast zustimmend und schloss zu ihm auf. „Zeit zum Mittagessen. Ich sollte es besser wissen, anstatt zuzulassen, dass ein Hobbit Mahlzeiten versäumt.“ Er schwang sich von seinem Pferd hinunter. „Lauf nicht zu weit weg, Rauchwolke,“ sagte er abwesend, „es ist nur ein kurzer Halt.“

Er zog Brot und Fleisch aus seinem Sack und reichte Frodo seinen Anteil hinüber. „Wir werden uns nicht die Mühe mit einem Feuer machen. Ich glaube, Goldbeere hat uns Buttermilch mitgegeben. Ja, hier ist sie.“ Er gab dem Hobbit einen verkorkten Tonkrug. „Iss auf, Junge, dann fühlst du dich besser.“

Frodo aß und starrte teilnahmslos ins Leere, die Schultern hochgezogen. Radagast aß im Stehen, an einen Baum gelehnt, und beobachtete den Himmel.

„Da kommt dein Pflegekind,“ sagte er plötzlich, und Frodo blickte auf, gerade, als Cuina auf seiner Schulter landete.

„Möchtest du Fleisch haben?“ fragte er sie. Sie nahm ein Stückchen aus seinen Fingern, ließ es aber sofort fallen.

„Nicht nach ihrem Geschmack – und nach deinem auch nicht, so wie ich das sehe.“ meinte Radagast. Er pfiff nach Rauchwolke und Streicher, und sie saßen auf und ritten weiter.
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