Arda Fanfiction

Das neue Archiv für Geschichten rund um Tolkiens fabelhafte Welt!

Fehlerhaft und Makellos

von Tehta

Opfer Lóriens

Ecthelion hasste Glorfindel.

Er hasste Glorfindels unbeschwerten Charme, sein gewandtes Lachen, sein selbstbewusstes und gelassenes Auftreten. Vor allem hasste er Glorfindels goldene Schönheit, die auf dieser Seite des Meeres so selten war. Dieses leuchtende Haar war ein besonderes Ärgernis. Zum einen wurde es überschätzt: er hatte gehört wie es mit dem Sonnenlicht verglichen wurde, während es nachts tatsächlich kaum heller als eine Kerzenflamme war. Und dann war es ein ernsthaftes Sicherheitsrisiko: Glorfindel bestand darauf, es offen zu tragen, selbst wenn er für eine Schlacht gerüstet war und ignorierte Ecthelions warnende Erzählungen von Jägern, deren frei fliegendes Haar sich im unmöglichsten Moment in irgendetwas verfingen.

Ecthelion hasste Glorfindel, weil es keinen wirklichen Grund gab, ihn zu hassen. Weil er mutig war und freundlich und weder oberflächlich, noch anmaßend. Weil er früh aufstand, und all seine Arbeit ohne Klage verrichtete und es dennoch schaffte, für Klagen anderer über ihre Arbeit Verständnis zu haben. Und weil er, trotz all seines offensichtlichen Charmes und seiner Eigenschaften und trotz all dieses lächerlichen Haars ein fähiger Krieger und Anführer der Männer war.

Und dann hasste Ecthelion Glorfindel, weil er so allgemein geliebt wurde. Es war nicht so, dass die Leute nicht auch Ecthelion liebten, doch diese Liebe war von respektvoller, distanzierter Art. Er wurde als ein harter, aber vernünftiger Hauptmann bewundert und als ein ungewöhnlich fähiger Sänger. Glorfindel wurde auf einer persönlichen Ebene geliebt. Völlig Fremde fanden es ganz natürlich, ihm einen frohen Zeugungstag zu wünschen, gleich dort auf offener Straße. Ecthelion hatte irgendwelche Leute seine Schönheit und seine Wärme diskutieren hören, als ob diese ein vollkommen akzeptables Thema allgemeiner Konversation wären, Angelegenheiten gemeinsamen Interesses.

Ecthelion indessen wünschte Glorfindel fort, fort und vergessen. Täglich, stündlich sehnte er sich danach, seine innere Ruhe zurückzuerlangen und endlich aufzuhören, Glorfindels viele feine Qualitäten aufzuzählen. Denn der wahre Grund, warum Ecthelion Glorfindel hasste, einen feinen Mann, den er so leicht als Bruder hätte lieben können, war, dass Glorfindel perfekt war, während Ecthelion selbst durch und durch fehlerhaft war. Es half nicht, dass wenigen heutzutage diese Fehler bewusst waren; Ecthelion selbst wusste, dass es falsch war und er hasste Glorfindel dafür, dass dieser das Falsche mit jeder anmutigen Geste, jeder Bewegung seines goldenen Kopfes so deutlich spürbar machte.

Es war keine Eifersucht. Das wäre eine natürliche Antwort auf all diese Perfektion gewesen, ein wenig unehrenhaft vielleicht, aber nicht annähernd so schändlich wie die Wahrheit. Dennoch wollte Ecthelion eines so kleinlichen Gefühls nicht verdächtigt werden und so arbeitete er hart daran, seinen Hass verborgen zu halten. Und er arbeitete noch härter daran, ihn aufrecht zu erhalten. Er brauchte ihn: seine Träume verdeutlichten das. Denn wenn Ecthelion träumte, verließ ihn seine Abscheu und er verbrachte eine ziemlich glückliche Zeit mit Glorfindel. Manchmal hielten sie einfach ein ungehemmtes Festgelage miteinander oder beschäftigten sich in kompliziertem Schwertkampf oder ritten schwierige, temperamentvolle Pferde. Alles unschuldige Beschäftigungen – doch Ecthelion war scharfsinnig genug, um die Bedeutung dahinter zu erkennen. Schlimmer waren die Träume, die keiner Deutung bedurften. Ecthelion verfluchte die öffentlichen Bäder Gondolins, wo von einem Krieger erwartet wurde, neben seinesgleichen zu sitzen. Ohne all die Informationen, die sein unwilliger Geist dort aufgeschnappt hatte, wären seine Träume niemals so unerträglich und nachweisbar präzise gewesen, zumindest in ihren oberflächlichen Details.

Eines Morgens erwachte Ecthelion und fühlte sich ziemlich ausgelaugt von einem lebhaften Traum, in dem Glorfindel einen vergifteten Pfeil in den Oberschenkel erhalten hatte. Es war Ecthelion zugefallen, das Gift aus der Wunde zu saugen und dann mit dem Messer nach dem Pfeil zu bohren. Ziemlich energisch. Es war ein neuer Traum und seine Verbindung aus Wirklichkeit und offensichtlicher Anspielung hatte sich als sehr durchschlagend erwiesen. Wirklich, das Beste, was darüber gesagt werden konnte, war, dass es sich nicht um eine von seinen Fingon-und-Maedhros-Phantasien handelte. Er wusste nicht, warum die Geschichte dieser Felswandrettung eine solche Glocke in ihm angeschlagen haben sollte; alles was er wusste, war, dass Glorfindels Haar manchmal einen Rotstich im abendlichen Sonnenlicht annahm und dass er Glorfindel außerhalb seiner Träume niemals hilflos oder unordentlich oder auch nur sichtbar von Schmerzen gequält gesehen hatte – was auch gut so war, denn der bloße Gedanke daran konnte ihn so hart werden lassen wie der Fels unter der Stadt.

Es war alles falsch, in so vielerlei Hinsicht. Für einen Unverheirateten war es schlimm genug, vom Verlangen verfolgt zu werden, doch von unnatürlichem Verlangen so verfolgt zu werden – das war das atemberaubendste Versagen von Willenskraft und Charakter, das man sich vorstellen konnte. Es hatte eine Zeit gegeben, als Ecthelion geglaubt hatte, die Valar müssten um ihn weinen, doch dann hatte er sich daran erinnert, dass sie – nun, Nienna sowieso – meist aus Mitleid weinten und dass er keines verdiente. Jetzt stellte er sie sich ärgerlich und angeekelt vor angesichts der Art und Weise, wie seine Schwäche, zeitweise, seinen Körper und seinen Geist erobert hatte.

Obwohl, ehrlich, man hätte erwarten können, dass Lórien in der Zwischenzeit etwas wegen der Träume unternommen hätte. Zum Beispiel begannen sie Ecthelions Fähigkeit, die von einem Hauptmann der Wache erwarteten Aufgaben zu erfüllen, zu stören.

Am Tag nach dem Traum von dem vergifteten Pfeil begann Ecthelion seine Arbeit, indem er sich ziemlich gereizt und übel gelaunt fühlte – doch er war entschlossen, sich zu beherrschen. Wenn er seinen großen Makel nicht bereinigen konnte, dann würde er zumindest auf geringerer Ebene versuchen, der beste Mann zu sein, der er konnte. Er würde ruhig und gerecht sein.

Es machte nichts, dass die Nachtschicht den Wachraum in ein unbrauchbares Durcheinander verwandelt hatte oder dass sein bevorzugtes Schwert unerklärlicherweise fehlte oder dass der wöchentliche Dienstplan völlig willkürlich ausgefüllt worden zu sein schien und dann auch noch von jemandem mit einem nur unwesentlichen Verständnis grundlegender Rechtschreibung und ohne Vernunft. Dieses unbekannte Wesen hatte tatsächlich dem Weißen Turm etwas zugewiesen, das sich „gerittene Patrulje“ nannte. Da es nicht genug Männer in der Wache gab, die bereit wären, sich reiten zu lassen, um eine entsprechende Patrouille zu formieren, musste Ecthelion annehmen, dass dies eine berittene Patrouille sein sollte, die normalerweise auf den größeren Plätzen der Stadt Dienst tat. Er hatte das Gefühl, dass die Aufgabe, die Pferde die Turmstufen wieder hinab zu bringen, in seine Verantwortung fallen würde.

„So, die Nachtschicht hat wieder zugeschlagen“, sagte Glorfindel.

Das war alles, was Ecthelion brauchte. Was tat Glorfindel in der Wachkammer? Er war nicht im Dienst. Es stand gleich dort auf dem Dienstplan: „außer Dienst: Frust Glorf. von Blute“ und hörte sich an wie eine rätselhaftes Deutung eines schlechten Traumes. Und doch, da stand er im Türrahmen und die Wachen strahlten ihn an, noch bevor er den Raum betreten und ihnen angeboten hatte, die Unordnung aufzuräumen.

Ecthelion würde nicht strahlen. Er würde sich nicht fragen, ob Glorfindel dort war, um mit ihm zu sprechen und er würde nichts tun, um dessen bereits übertrieben begeisterte Freundschaft zu ermutigen. Stattdessen beugte er sich über sein Papier. Doch er konnte es nicht ändern, verstohlen genügend kurze Blicke zu riskieren, um zu sehen, wie Glorfindel auf die Knie ging und anfing, die Feuerstelle zu reinigen. Eine solch schamlose Ritterlichkeit erzürnte Ecthelion. Noch ärgerlicher war, dass er genau wusste, auch wenn die Feuerstelle dunkel von Ruß war, Glorfindel nicht schmutzig werden würde – außer vielleicht einiger weniger reizender Flecken im Gesicht. Auch wenn er jetzt mit einem Schürhaken in der Asche stocherte.

Nein, nicht mit einem Schürhaken. Mit Ecthelions bevorzugtem Ork-Abschlachte-Schwert.

Ecthelion versuchte bis zwölf zu zählen, hatte aber erst fünf erreicht, als er sich auf den Füßen und auf die Feuerstelle zugehend wiederfand. Einmal dort, ragte er bedrohlich über Glorfindel auf und streckte die Hand aus.

„Mein Schwert“, sagte er.

„Verzeiht?“ Glorfindel sah zu ihm auf, voller Höflichkeit und Hilfsbereitschaft. Ein kleiner dunkler Fleck befand sich auf seiner linken Wange.

Wortlos griff Ecthelion nach der Waffe und zog sie mit einem weiten, eleganten Schwung an seine Seite, während er überall Ruß verteilte: auf den frisch gewischten Boden ebenso wie auf Glorfindels schicken, grünen Umhang. Die Symbolik war zu dilettantisch offensichtlich, zu bitter, um gnädig behandelt zu werden. Erschüttert stolzierte er in seine private Schreibstube, wo der Tisch mit ungezählten Waffenerwerbszetteln bedeckt war. Sie zu sortieren wäre eine langweilige, undankbare Aufgabe – genau das Richtige, damit er sich beruhigen konnte. Seine besudelte Klinge konnte er später reinigen. Er setzte sich und tauschte das Schwert gegen eine Schreibfeder aus.

„Ecthelion.“

Also hatte Glorfindel sich entschieden, ihm zu folgen und die Dinge wieder gerade zu biegen. Wie typisch für ihn.

„Es tut mir Leid wegen Eures Schwertes“, sagte Glorfindel.

„Das braucht es nicht.“ Ecthelion sah auf. „Ich bin derjenige, der sich entschuldigen sollte, für meine Unhöflichkeit. Und für den Schmutz auf Eurem Umhang. Ich entschuldige mich. Ich weiß, dass es nicht Euer Fehler war.“ Er sah wieder hinab auf die Schreibarbeit.

„Nun, nein, es war nicht mein Fehler“, sagte Glorfindel. „Aber… da ist noch etwas, nicht wahr? Ihr scheint irgendwie unglücklich mit mir. Ich bemerke es seit einiger Zeit.“

Ecthelion suchte nach einer angemessenen Antwort. „Ihr habt nichts getan. Ich bin von der unsympathischen Sorte.“

„Ihr seid ein Sänger mit dem Temperament eines Künstlers, das ist wahr“, sagte Glorfindel und ärgerte Ecthelion damit, der von sich selbst immer zuerst als Krieger dachte. „Doch ich habe Euch niemals jemand anderen ungerecht behandeln sehen. Ich weiß, dass ich Euch gekränkt haben muss. Bitte sagt mir wie, so dass ich diese Kränkung nicht wiederhole. Lasst es mich wiedergutmachen.“

Er beugte sich dabei über den Tisch und sein Haar fiel über seine Ohren und fing die Morgensonne ein. Ich habe diesen Traum gehabt, dachte Ecthelion. Er endete hier auf diesem Tisch, mit all der Schreibarbeit ganz und gar ruiniert. Er war sehr dankbar für das Versteck, das der Tisch bot, aber er hasste Glorfindel dafür, dass er es brauchte.

„Ich sagte Euch, es ist nichts. Sicherlich könnt Ihr nicht von jeder einzelnen Person in der Stadt erwarten, Euch zu lieben?“

Glorfindel bewegte sich unbehaglich, zweifellos schockiert von der Unhöflichkeit der Frage. Und doch blieb er im Raum. „Ihr liebt mich nicht, das ist klar. Doch wollte Ihr mir nicht sagen, warum?“

Ein drittes Mal gefragt, konnte Ecthelion keine überzeugende Antwort finden. Er würde Glorfindel auf eine andere Art zurückweisen müssen. „Ihr werdet meine Antwort nicht mögen“, sagte er.

„Ich kann sie hinnehmen, wie auch immer sie lautet.“

Ecthelion kämpfte bei der Ironie dieser Bemerkung ein bitteres Lächeln nieder. „Nun denn, die Wahrheit ist, ich bin eifersüchtig auf Euch. Ihr seid wohlgeliebt, ein Bild der Perfektion. Ihr seht, ich bin von der unbedeutenden Sorte, das ist alles. Dagegen kann nichts getan werden.“

„Seid nicht lächerlich. Ihr seid nicht unbedeutend und habt ganz bestimmt keinen Grund, eifersüchtig zu sein. Ich nehme an, dass Ihr einfach zu höflich seid zuzugeben, dass Ihr mich unerträglich selbstgefällig findet. Einige Leute scheinen tatsächlich so zu empfinden.“

Ecthelion starrte Glorfindel an. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war wissend. Selbstgefällig sogar.

„In Wirklichkeit bin ich mir meiner vielen Makel wohl bewusst“, sagte er.

„Oh, gut.“ Ecthelion sah wieder hinab und durchwühlte seine Papiere.

„Ihr glaubt mir nicht? Wirklich, das bin ich.“ Glorfindel stand sehr gerade da, als ob er sich darauf vorbereitete, einen formalen Vortrag zu halten. „Um damit zu beginnen, ich bin irgendwie eitel. Ihr selbst habt oft genug meine Besessenheit mein Haar betreffend kommentiert. Natürlich ist es sehr schönes Haar.“

Er hielt inne, um eine Strähne durch seine Finger zu ziehen. Ecthelion beobachtete, wie sie die Farbe wechselte, als sie sich zwischen Sonne und Schatten bewegte: von hellem, poliertem Gold zu antikem Gold, der Farbe eines Schatzes.

„Zudem genieße ich es viel zu sehr, gemocht zu werden“, sagte Glorfindel. „Tatsächlich ertappe ich mich manchmal dabei, mich zufragen, welche Handlungsweise mich noch beliebter machen würde, anstatt welche Handlungsweise recht wäre. Und dann ist da meine Habsucht. Es ist nicht so, dass ich Geld mag, aber ich freue mich daran, mich mit den schönen Dingen zu umgeben, die es kaufen kann. Ich habe meinen Lohn niemals für gute Ausrüstung für meine ärmeren Soldaten ausgegeben, wie Ihr es tatet.“ Er bedachte Ecthelion mit einem so warmen Blick voller Bewunderung, dass sich diesem der Magen umdrehte. Oder vielleicht war es sein Herz, das flatterte. Auf jeden Fall bewegte sich etwas in seinem Innern – welches Organ auch immer für schrecklich unpassende Gefühle zuständig war.

„Außerdem erfreue ich mich an den sinnlichen Vergnügen mehr als schicklich ist.“

Glorfindels Stimme lenkte Ecthelion vom Nachdenken über seine Organe ab. Dann trafen ihn die eigentlichen Worte. Er fuhr auf. Obwohl sein Mund sich öffnete, wusste er nicht, was er sagen sollte.

„Es ist wahr! Ich liebe Wein und reichhaltiges Essen. Wirklich, ich bin ziemlich sicher, dass ein natürlicher Asket wie Ihr selbst von der Menge, die ich zu mir nehmen kann, wenn ich in der Stadt unterwegs bin, zutiefst angewidert wärt-“

„Ich bin kein natürlicher Asket.“

„Aber natürlich seid Ihr das. Jeder weiß das. Ihr macht Euch überhaupt nichts aus Euren Speisen, und was die anderen Bedürfnisse des Körpers betrifft… Ich wäre sehr erstaunt, wenn Ihr jemals irgendwelche Probleme mit… lustvollen Gefühlen gehabt hättet… selbst in Eurer frühen Jugend.“

Ein weiteres Mal entzogen sich Ecthelion die Worte.

„Seht Ihr? Ich habe Recht!“, sagte Glorfindel. „Ich, indessen-“ Sein Gesicht rötete sich leicht. Er wandte sich um, um aus dem Fenster zu sehen. „Lasst uns einfach nur sagen, dass ich mich manchmal sehr stark konzentrieren muss, um mich nicht völlig selbst zu entehren. Tugend steht mir nicht leicht an. Diese merkwürdigen Ideen scheinen in den am wenigsten passenden Momenten geradezu in meinen Geist einzusickern. Sehr merkwürdige Ideen. Ich vermute, sie sind nicht einmal körperlich möglich.“

Er war für einen Moment still. Da seine Augen abgewandt waren, fühlte Ecthelion sich frei, ihn so sehr anzustarren, wie er wollte. Er hasste die Art und Weise, wie das Erröten Glorfindel noch besser aussehen ließ: gesünder und strahlender. Seine Lippen waren gerötet und teilten sich leicht. Es war genug, um einem zutiefst fehlerhaften Mann seine eigenen Ideen einzugeben. Welche, von denen er wusste, dass sie körperlich möglich waren.

„Doch ich kann Euch nicht mehr sagen. Ihr würdet zutiefst schockiert sein“, schloss Glorfindel.

„Stellt mich auf die Probe“, hätte Ecthelion fast geantwortet. Aber dann erkannte er, dass er keinerlei Unsinn über Idril oder Aredhel oder welche schöne, hochgeborene Maid auch immer Glorfindels Phantasie gefangen genommen hatte, hören wollte. Er wollte nicht, dass sie in seinen Träumen auftauchte, vielleicht sogar – wie er Lóriens gewöhnlichen Stil kannte – sogar darin eine Rolle spielte. „Dann lasst uns mich auf keinen Fall schockieren“, sagte er stattdessen.

„Recht so.“ Glorfindel sammelte sich. „Doch bitte vergesst nicht, dass ich unreine Gedanken habe. Und Träume. Tatsächlich frage ich mich manchmal, was Lórien denkt.“

Diese Frage war Ecthelion so sehr vertraut, dass er Glorfindels Versuche, den eigenen Namen zu schwärzen, im Moment geradezu gewinnend fand. Er musste sich daran erinnern, dass einer der Gründe, warum er diesen selbst-besessenen Trottel hasste, war, dass dieser von Natur aus derart beliebt war.

„Doch genug davon“, sagte der Trottel. „Ich bin auch-“

Rechtzeitig ertönte ein Klopfen and der Tür.

„Kommt herein“, rief Ecthelion.

Elemmakil, einer seiner Hauptmänner, trat ein und verbeugte sich.

„Fürst Glorfindel! Ich bin so froh, Euch endlich zu finden – König Turgon lässt ausrichten, dass er Euch umgehend zu sprechen wünscht.“

Ecthelions erster Gedanke galt der Patrouille im Weißen Turm. Vielleicht hatte König Turgon entschieden, dass die Pferde Glorfindels Anwesenheit beruhigend finden könnten, was sie unzweifelhaft tun würden.

„König Turgon?“, fragte Glorfindel. „Warum? Was ist geschehen?“

„Das sagt die Nachricht nicht.“ Elemmakil zappelte herum. Er blickte von seinem eigenen vertrauenswürdigen Hauptmann zu Glorfindel, dem alle vertrauten, und seine Wachposten-Haltung entspannte sich leicht. „Der Bote indes sagte, dass die Dame Aredhel wünscht, die Stadt zu verlassen und ihren anderen Bruder zu besuchen. Und dass sie um Fürst Glorfindels Anwesenheit in ihrer Ehrengarde ersucht hat.“

Glorfindels Augen weiteten sich. Auch für Ecthelion war der erste Teil der Erklärung ein tiefer Schock gewesen. Niemand hatte seit Jahrhunderten die Stadt verlassen. Der zweite Teil jedoch klang gerade recht: denn wer war passender für eine Ehrengarde als Glorfindel, selbst mit all seinen selbst eingestandenen Fehlern?



Erst als er wieder allein war, bemerkte Ecthelion, dass er im Begriff war, seinen Wunsch erfüllt zu bekommen: ein Glorfindel-freies Leben. Der Gedanke schmuggelte sich an seiner Abwehr vorbei wie ein Schwertgriff in seinen Magen.



_______________

Anmerkungen:

Ich möchte jedem versichern, dass die Wortspiele/Rechtschreibfehler in Sindarin urkomisch waren.
Der häufig erwähnte Lórien ist natürlich der Vala der Träume.
Rezensionen