Arda Fanfiction

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Fly to your home

von Pikku Piru

Kapitel 1

Legolas trieb sein Pferd an und folgte seiner Geliebten in Richtung Nord-Westen zu den Grauen Anfurten. Sie waren nun schon seit fast einer Woche unterwegs und je näher sie den Anfurten kamen, desto schwerer wurde Legolas‘ Herz. Seufzend ritt er neben Earwen und beobachtete sie aus dem Augenwinkel.

Ihre Wangen sind eingefallen, blass und ihr Gesicht wirkt unnatürlich kantig. Auch die Lippen sind blass und nicht mehr von dem vollen Rot, wie sie zuvor waren. Die braunen Haare wirken stumpf und glänzen kaum noch. In ihren Augen liegt kein Glanz mehr, sie sehen einfach nur Leer und Traurig aus. Legolas schmerzte dieser Anblick sehr, doch konnte er nicht für sie tun.

Er wünschte sich nichts sehnlicher, als umzukehren –und zwar mit Earwen. Er wollte sie nicht ziehen lassen, aber ihm schien nichts anderes übrig zu bleiben, denn allein bei ihr lag diese Entscheidung. Der sanfte Frühsommerwind raschelte durch die Baumkronen über ihnen und warme Sonnenstrahlen fielen durch die Blätter und wärmten ihre Schultern.

Sein Pferd schnaubte kurz und warf den Kopf hoch. Es sehnte sich nach einem schnellen Ritt, aber Legolas wollte sich nicht beeilen, denn dann wären sie noch schneller an den Grauen Anfurten gewesen. Außerdem hatte er oft mit Earwen Wettrennen unternommen und ihn schmerzte diese Erinnerung zu sehr. Er seufzte leise, für Earwens Ohren nicht hörbar.

Eine Truppe von knapp 20 Elben begleiteten ihn. Er empfand diese Eskorte als übertrieben, doch sein Vater ließ sich es nicht ausreden. Er klopfte den Hals seines Pferdes, das noch immer unruhig war. Bald würden sie da sein, sie bräuchten kaum noch 1 Stunden. In 2 Meilen Entfernung sah Legolas schon, wie sich die Bäume lichteten und eine weite, grüne Ebene hervor kam.

Earwen griff nach seiner Hand und als sie seine drückte, schaute er kurz zur Seite und lächelte sie an. Die, die er von Herzen liebte, würde nun von ihm gehen. Vielleicht würde er sie nie wieder sehen. Aber vielleicht auch doch. Wieder entfloh ein leiser Seufzer seinen Lippen, die er zusammen presste. Er hatte ihr sein Herz geschenkt, hatte geglaubt, dass sie irgendwann zusammen nach Valinor segeln würden –er war sich so sicher gewesen.

Alles schien Legolas wie ein Traum, so unrealistisch, denn er wollte es gar nicht wahr haben. Verzweifelt raufte er sich das Haar, etwas was Elben nur sehr selten machen, und spürte einen wachsenden Druck hinter seinem Auge, den er unterdrückte. Am liebsten würde er mit ihr gehen, doch war ihm dies nicht Möglich. Die Aufgabe als Thronfolge war für ihn Vorgesehen und nicht zum ersten Mal verdammte er den Stand seiner Geburt.

Sie verließen den Wald und ritten über die weiten Wiesen Anors. Die Sonne stand fast am höchsten Punkt des Himmels und strahlte eine angenehme Wärme aus, die ihm einen Schauer über den Rücke jagte. Alles schien so wunderschön, es könnte der perfekte Tag sein. Blumen blühten in allen möglichen Farben, die Bäume waren von sattem Grün. Eine sanfter Windhauch ging durch die Luft und in ihr lag eine Briese des Meeres. Man roch das Salz genau heraus und Legolas war kurz davor sein Pferd augenblicklich zu wenden, doch er ritt weiter.

Als sie über einen kleinen Hügel hinweg waren, sah er unten die Anfurten liegen. Das Boot und einige andere Elben waren auch schon da. Das Meer glitzerte in wunderschönen Farben, Möwen flogen über Land und Wasser hinweg und stießen Schreie aus. Im angespannten Schweigen ritten sie die letzte Meile. Legolas fühlte sich kraftlos, er war müde. Müde von all dem was er im Ringkrieg erlebt hatte und wünschte sich das alles vergessen zu können.

Er zügelte sein Pferd, sprang ab und half seiner Verlobten vom Pferd. Sie trug ein dunkel blaues Gewand und wunderschön aus. Es war das Kleid, dass sie bei ihrem ersten Treffen vor fast 200 Jahren getragen hatte, fiel Legolas auf.

Er führte sie zwar zum Meer, aber etwas abseits vom Schiff, damit er nochmals in aller Ruhe mit ihr reden konnte. Er wollte sie nicht drängen, hier zu bleiben, doch war es sein größter Wunsch.

„Earwen, bist du dir sicher?“ fragte er sanft und sah sie an. Earwen blickte runter auf den Boden und hob den Blick nicht.

„Ja, Legolas. Ich muss gehen. Bitte versteh es und hasse mich nicht“, ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Legolas legte seine Finger unter ihr Kinn und zwang sie aufzublicken.

„Earwen, ich hasse dich nicht. Ich liebe dich über alles, aber ich will nicht, dass du einen Fehler begehst. Wenn du einmal in Valinor bist, dann gibt es kein zurück. Nie werde ich dich wegen einer solchen Entscheidung hassen können, Vanimar.“

„Ich muss dir was sagen, Legolas. Ich bin –“, Legolas legte ihr einen Finger auf die Lippen und brachte sie zum schweigen.

„Sag es nicht, Earwen. Dies sind unsere letzten Minuten für lange Zeit, doch irgendwann werden wir uns wieder sehen und dann können wir so viel reden, wie du willst“, mit dem Daumen strich er ihr über die Wange und küsste sie sanft. Er spürte ihre Tränen auf seiner Haut brennen und unterdrückte den Reiz auch zu weinen.

„Es wird Zeit, Vanimar“, Legolas löste sich von ihr, nahm ihre Hand und führte sie zu dem Schiff, das in wenigen Minuten Mittelerde verlassen würde. Sein Herz schrie, sie zu schnappen, auf das nächste Pferd zu setzen und mit ihr davon zu reiten. Sein Verstand sagte ihm ganz klar, dass er sie ziehen lassen müsste. Und obwohl jeder Elb sagte, man solle auf sein Herz hören, so konnte er dies diesmal nicht sagen. Er liebte sie über alles und dann gehörte es auch dazu, sie ziehen zu lassen.

Nun standen sie direkt vor dem Boot. Mit Tränen in den Augen sah er sie an und zwang sich zu einem Lächeln. Sanft hauchte sie ihm einen Kuss auf die Wangen, so sanft, dass man ihn nicht spüren konnte und dann betrat sie den kurzen Holzsteg, der sie auf das Boot führte.

Er sah sie über den Steg gehen und wusste, was sie ihm eben sagen wollte. Er hatte es in ihren Augen gesehen. Nicht heute, aber als sie ihm sagte, dass sie gehen wollte. Sie hatte zu viel Schlechtes erlebt, während er nicht da gewesen ist. Sie fühlte sich schlecht, war deprimiert und wusste weder ein noch aus. Earwen brauchte die Ruhe, ansonsten würde sie nicht überleben, dass war ihm klar und so ließ er sie ziehen. Dorthin, wo sie das finden würde, was sie bräuchte: Ruhe und die Kraft wieder finden um die Erinnerungen und Gefühle zu vergessen. Und um das zu ertragen, was in ihr wuchs. Ein Kind. Sie hatte ihm gesagt, dass sie sich in Mittelerde nicht mehr sicher fühle. Das sie nicht vergessen konnte, was geschehen sei und die Einsamkeit suchte. Und nun musste er es akzeptieren.

Sie stellte sich an die Holzwand und sah Legolas an. Dieser hatte das Gefühl eine eisige Hand griffe nach seinem Herzen und wolle es aus seiner Brust reißen. Eine einzelne Träne rann ihm über seine Wange –er konnte sich diese eine einfach nicht mehr verkneifen. Der kleine Holzsteg wurde ins Boot gezogen, die Segel gespannt und das Boot fuhr langsam an.


Mit bebendem Kinn stand Earwen am Bootsrand, Tränen rollten über ihre Wange und sie fragte sich, wie sie zu ihrem Geliebten selbst so grausam sein konnte. Wie sollte es in Valinor weiter gehen, fragte sie sich. Noch bevor er das Schiff nicht mehr sehen konnte, drehte er sich um und ging zu seinem Pferd zurück.

„Ich liebe dich“, flüsterte sie, doch der Wind trug die Worte davon und Legolas konnte sie nicht hören.

ENDE


Nebel

Sie stehen eng umschlungen,
ein Fleischgemisch so reich an Tagen.
Wo das Meer das Land berührt,
will sie ihm die Wahrheit sagen.

Doch ihre Worte frisst der Wind,
wo das Meer zu Ende ist,
hält sie zitternd seine Hand
und hat ihn auf die Stirn geküsst.

Sie trägt den Abend in der Brust
und weiß das sie verleben muss.
Sie legt den Kopf in seinen Schoß,
und bittet einen letzten Kuss.

Und dann hat er sie geküsst,
wo das Meer zu Ende ist.
Ihre Lippen schwach und blass
und seine Augen werden nass.

Der letzte Kuss ist so lang her.
Der letzte Kuss,
er erinnert sich nicht mehr.

by T. Lindemann (Rammstein)

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