Arda Fanfiction

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Adventsvierteiler - Der Mistelzweig

von Celebne

Ankunft

In den darauffolgenden Tagen trafen die ersten Gäste in Minas Tirith ein. Fürst Imrahil von Dol Amroth und sein Gefolge waren dies. Der hochgewachsene Edelmann trug einen prächtigen Wintermantel aus dem Fell eines Warges. Seine Gattin Miriel und seine Tochter Lothiriel trugen ebenso kostbare Pelze. Die Söhne dagegen waren ganz in Leder gekleidet. Faramir verlor seine Befangenheit, als er seine Verwandten im festlich geschmückten Thronsaal traf. Fröhlich trat er auf sie zu und begrüßte alle gutgelaunt.
„Bist du immer noch nicht verheiratet?“ fragte die junge Lothiriel neugierig.
Der Fürst warf seiner Tochter einen strengen Blick zu, denn solch eine Frage ziemte sich nicht.

Doch Faramir blieb gelassen und antwortete seiner Base freundlich, dass er immer noch alleine sei. Miriel nahm ihren Neffen nun besorgt beiseite.
„Mein lieber Faramir“, sagte sie leise. „Ich finde es sehr schade, dass du keiner Dame den Hof machst. Ich wüsste ja eine sehr gute Partie für dich: Lalwen, die Tochter des Fürsten von Morthond, ist wie geschaffen für dich. Sie ist jung, schön und klug. Wenn du willst, dann arrangiere ich einmal ein Treffen.“
Doch der junge Truchseß lehnte höflich das Angebot seiner Tante ab. Er hatte mit Lalwen nichts am Hut: ihn interessierte nur Éowyn. Miriel jedoch ließ sich von ihrem Vorhaben nicht abbringen und redete weiterhin eifrig auf ihren Neffen ein.

Faramir war dankbar, als nun die Hobbits als nächste Gäste angekündigt wurden. Das gab ihm Gelegenheit, sich von seiner aufdringlichen Tante abzuwenden. Pippin und Merry kamen fröhlich in den Thronsaal spaziert. Hinter ihnen schlich Frodo herein, der sehr blaß und müde wirkte. Faramir erschrak ein wenig, als er ihn sah. Fürsorglich kümmerte er sich um den Hobbit, während Merry und Pippin sich eifrig mit dem Königspaar unterhielten. Gandalf kam nun auch gutgelaunt in die Zitadelle und er gesellte sich zu Faramir und Frodo.
„Ich sehe, dass Ihr immer noch alleine seid, Herr Faramir“, sagte der Zauberer erstaunt. „Ich dachte, dass Ihr und Frau Éowyn....“
Der junge Mann schüttelte traurig den Kopf.
„Wir sind nur Freunde“, betonte er und seufzte leise.
Gandalf musterte ihn forschend und seine buschigen Augenbrauen zogen sich etwas zusammen.
„Aber Ihr liebt sie, das sehe ich Euch an, mein Freund. Warum macht Ihr Frau Éowyn nicht den Hof?“
„Weil....weil ich wohl zu feige bin“, gestand Faramir schließlich mutlos.
„Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“, sagte der Zauberer lächelnd.
Dem jungen Truchseß kamen diese Worte irgendwie bekannt vor und er mußte auch schmunzeln. Trotzdem hatte er keine Ahnung, wie er es anstellen sollte, Éowyn näherzukommen. Sie war ja noch nicht einmal da.

Doch dann war es endlich soweit: Gegen Abend trafen die Gäste aus Rohan ein: König Éomer und die Herrin Éowyn. Die Hörner des Nordens ertönten, als sie in die Weiße Stadt hineinritten. Faramir begann zu strahlen, als man die Ankunft der Gäste aus den Norden ankündigte. Er beeilte sich, zum Eingang des Thronsaales zu kommen. Éowyn trat als Erste ein. Sie trug einen dunklen Mantel mit einem kostbaren Pelzsaum, und darunter ein wunderschönes grünes Kleid aus warmen Samt. Ihr Haar trug sie offen, wie immer. Faramir fand, dass sie atemberaubend schön aussah. Er verneigte sich tief vor ihr und hieß sie in Gondor willkommen. Éowyn lächelte ihm freundlich zu und Faramir rang nach Worten. Doch es kam ihm nur ein unverbindliches Gestammel über die Lippen. Éowyn blickte ihn enttäuscht an und wandte sich dann an das Königspaar. Faramir haderte mit sich selbst, weil er wieder einmal eine Möglichkeit versiebt hatte, Éowyn näher zu kommen, und sein Mut begann erneut zu sinken.
Éomer war inzwischen auch eingetreten: er trug ebenfalls kostbare Gewänder und darüber eine edle Paraderüstung. Der Truchseß begrüßte ihn höflich und verneigte sich, doch Éomer schenkte ihm kaum Beachtung. Er folgte seiner Schwester zum Königspaar.
Faramir blieb traurig stehen: er kam sich vor wie ein dummer Lakai. Er bezweifelte, dass ihn Éomer überhaupt erkannt hatte. Pippin und Merry begrüßten Éowyn und Éomer, doch dann liefen sie zu Faramir. Dessen Gesicht hellte sich auf, als die Hobbits zu ihm kamen. Wenigstens die Halblinge beachteten ihn.
„Wie geht es Euch, Faramir?“ fragte Pippin fröhlich. „Warum seid Ihr heute so bedrückt?“
Faramir sah sehnsüchtig zu Éowyn hinüber und seufzte. Die Hobbits verstanden sofort, was los war.
„Ich dachte, Ihr und Éowyn wärt längst verlobt“, stieß Merry erstaunt hervor.
Pippin verpasste ihm einen Rippenstoß und legte den Finger auf den Mund.
„Das ist leider nicht so einfach, wie du denkst, Meriadoc“, erwiderte Faramir mit einem gequälten Lächeln.
„Ich werde mit Éowyn mal reden, schließlich sind wir Freunde“, entgegnete der Hobbit entschlossen.
„Ich weiß nicht, ob das ein guter Einfall ist“, gab Faramir zu Bedenken.
Aber Pippin nickte eifrig.
„Das ist fürwahr eine exzellente Idee“, bekräftigte er. „Merry und Éowyn verstehen sich gut. Sie ist ihm bestimmt nicht böse, wenn er da etwas nachhakt.“

Faramir konnte den Hobbit nicht daran hindern: flugs war dieser zu der Schildmaid geeilt und begann mit ihr eine Unterhaltung. Der junge Truchseß beschloß, sich wieder um seine Verwandten zu kümmern und ging zu ihnen hin. Erstaunt gewahrte er, dass Imrahil und Lothiriel sich mit Éomer, dem jungen König Rohans, aufgekratzt unterhielten. So ging Faramir zu seinem ältesten Vetter Elphir hinüber und erkundigte sich nach dessen Familie. Elphir erzählte, dass er bald zum zweiten Mal Vater werden würde und sich ein Mädchen wünschte. Faramir hörte jedoch nur mit halbem Ohr zu, denn sein Blick wanderte immer wieder zu Éowyn hinüber. Sie plauderte fröhlich mit Merry.
Faramir ahnte nicht, dass die Schildmaid auch in ihn verliebt war und die ganze Zeit schon darauf sehnsüchtig wartete, dass er ihr den Hof machte. Allerdings hatte Éowyn schon eine schlimme Enttäuschung hinter sich und war daher sehr zurückhaltend. Merry konnte sie nicht dazu bewegen, zu Faramir hinüber zu gehen. Sie wollte, dass er zu ihr kam. Das sagte sie jedoch dem Hobbit nicht, und so kehrte Merry unverrichteter Dinge zu dem jungen Truchseß zurück.

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