Arda Fanfiction

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Fest der Liebe

von E. E. Healing

Wenn Prinzen Fragen haben

Der Winter war, zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder, vor einigen Tagen in Gondor eingezogen. Minas Tirith wurde von Tag zu Tag mit einer größeren Schneeschicht überzogen. Die Kinder erfreuten sich daran, rannten in der weißen Pracht umher, bekamen rote Nasen und glühende Wangen während sie Schneemänner bauten, Bälle formten und sich für Engelsfiguren hinein warfen.

Das Glück war in die Lande zurück gekehrt, seid König Elessar und Königin Arwen regierten. Nun hörte man es in den Straßen wieder und wieder, einmal laut ausgesprochen, dann nur geflüstert.
     „Das Fest der Liebe wird bald gefeiert.“ – „Es ist nicht mehr lang hin.“ – „Wie lange haben wir darauf schon gewartet.“ – „Wie schön, dass diese alte Tradition wieder auflebt.“

Ein fünfjähriger Junge hörte diese und noch weitere Worte und wunderte sich sehr darüber. Er hatte noch nie von einem Fest gehört, dass während rhîw(1), besonders in der Zeit von Girithron(2) gefeiert wurde. Erstaunt darüber hörte er mit seinem Spiel auf. Er stürmte an dem stolzen weißen Baum vorbei, der nun in voller Pracht gedieh, und öffnete das große Tor zu Merethrond. Dann hastete er hinein, seine kleinen Beine trugen ihn schnell, so schnell, dass seine  Begleiter ihn nicht erreichten. Der kleine Junge zog seine Kopfbedeckung von seinem schwarzen Haar, befreite sich von seiner Jacke und fegte weiter in den Raum hinein. Er freute sich, dass er der Wache wieder einmal davon gerannt war. Als er fand, wen er suchte, rief er laut.

     „Nana(3), endlich habe ich dich gefunden. Ich freue mich so. Ich…., ich…., ich….“
     „Beruhige dich, iôn nîn(4). Ja, du hast mich gefunden. Wie kann ich dir helfen?“, schmunzelte die schöne Elbin.
Dann sah sie sich um, verwirrt erkannte sie, wie eben zwei Wachen in den Saal kamen, keuchten, die Arme auf den Knien abstützten und versuchten ihre erhitzten Gemüter zu kühlen. Sie sahen aus, als würden sie jeden Augenblick umfallen und nahmen dankbar die gefüllten Hörner, die ihnen einige Kameraden reichten.
    `Vielleicht sollte ich ihnen gestatten, ohne volle Plattenrüstung und Winterkleidung auf ihn aufzupassen.´

     „Bist du wieder deinem Schutz davongerannt, Eldarion?“, tadelte Arwen nun ihren Sohn.
Dieser sah sie schuldbewusst an und nickte verlegen. Die Königin versuchte, sich vor ihren Sohn zu knien, damit sie auf Augenhöhe waren. Da ihr ein recht runder Bauch im Weg war gab sie diesen Versuch auf und setzte sich auf einen nahen Stuhl.

     „Du weißt, was der König und ich dir schon so oft dazu sagten. Es ist wichtig, dass du ihnen nicht mehr davon jagst. Du bist der Prinz und es sind uns nicht alle Menschen wohl gesonnen. Bitte, mache dir keinen Spaß mehr daraus. Wenn sie so erschöpft sind, dann können sie dir nicht mehr helfen. Dann sind sie sogar zu schwach für diese Schneeballschlachten, die du so gern hast.“
     „Woher weißt du das, nana?“
Eldarion fühlte sich ertappt.

     „Dein Vater erzählte mir, dass er dir zeigte, wie man Bälle aus diesen Flocken formt. Ich war nicht glücklich darüber, er aber wohl sehr. Dein Vater freut sich ungemein, wenn er mit dir durch den Schnee springen kann.“
Arwen lächelte bei dem Gedanken, streichelte ihren Bauch und dachte daran, wie froh König Elessar, den sie noch immer gern Aragorn nannte, war, wenn er der höfischen Etikette für eine Weile entfliehen konnte. Dann erinnerte sie sich wieder, dass Eldarion sie doch gesucht hatte.
     „Was wolltest du mich denn fragen, iôn nîn?“

     „Nana, ich habe heute aus vielen Mündern gehört, das Fest der Liebe wird bald gefeiert. Was ist das denn?“
Kinderaugen strahlten die Elbin an, die sie von Tag zu Tag mehr an die ihres Mannes erinnerte. Sie überlegte, setzte dann eine nachdenkliche Miene auf und erklärte ihrem Sohn.

     „Nun, Eldarion, ich weiß es selbst nicht genau. Dein Vater schweigt dazu, wenn ich ihn frage. Ich weiß, es ist etwas, dass die Menschen Gondors feierten, bis Denethor es verbot. Dein Vater möchte es wieder aufleben lassen. Wieso fragst du ihn nicht, was es damit auf sich hat?“ Eldarion nickte und rannte wieder davon. Versonnen strich Arwen erneut verträumt über ihren Bauch und dachte nach.
    `Hoffentlich wirst du ein wenig ruhiger werden, iell nîn(5)´.


(1) Sin. Winter
(2) Sin. Dezember
(3) Sin. Mama
(4) Sin. mein Sohn
(5) Sin. meine Tochter


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     „Ada(1), ada, ADA?“
Eldarion rannte durch die Gänge, suchte seine Vater und rief ihn wieder und wieder. Nach einer für den kleinen Jungen endlos erscheinenden Zeit fand er ihn. König Elessar sah von seinen Papieren auf, als ein kleiner, schwarzhaariger, Wirbelwind auf ihn zugerannt kam und auf seinen Schoß sprang.
     „Eldarion, iôn nîn, aus welchem Grund bist du so aufgeregt?“, fragte der Regent verblüfft.

     „Ada, ich habe mit anderen Kindern im Schnee gespielt und dann habe ich die Menschen immer wieder reden gehört“, verkündete der Prinz stolz.
     „Was haben sie denn so wichtiges gesprochen, dass du mich suchen musstest?“, fragte Elessar seinen Sohn nun.

     „Sie haben von etwas gesprochen, das ich nicht verstehe. Sie sagten, das Fest der Liebe würde bald gefeiert. Was ist das denn? Ich habe nana schon gefragt, aber sie weiß es auch nicht. Sie sagt, es ist etwas menschliches.“
Dieses letzte Wort sprach der kleine Prinz sehr geheimnisvoll und leise in das Ohr seines Vaters. Dafür hatte dieser sich zu seinem Sohn hinunter beugen müssen. Mit einen Lächeln auf dem bärtigen Gesicht lehnte er sich nun zurück und betrachtete Eldarion für einen Augenblick, bevor er begann zu sprechen.


(1) Sin. Papa


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     „Iôn nîn, wie soll ich es dir erklären? Das Fest der Liebe ist ein Fest, dass es lange Zeit nicht gegeben hat. Der frühere Truchess hat es verboten, weil es ihn zu sehr mit Trauer erfüllte. Doch er verstand den Sinn dieses Festes nicht, sonst wäre es auch gefeiert worden, als er seine Frau betrauerte.
An diesem Tag erinnern wir uns derer, die von uns gegangen sind und erfreuen uns daran, dass sie in unseren Herzen weiterleben. Es ist ein Fest der Freude und der Besinnung. Wir werden in den kommenden Tagen beginnen, den Festsaal zu schmücken, darin werden wir auch einen Baum aufstellen, der mit allerlei Kleinigkeiten behangen wird.

Ich habe als Kind dieses Fest geliebt, denn es brachte meine Familie zusammen. Meine Mutter las mir dann Geschichten vor und verbrachte den ganzen Tag mit mir. Es war einfach wunderbar. Wir haben gelacht, gesungen und getanzt. Es stimmt schon, dass es ein Fest der Menschen ist. Doch ich möchte es in diesem Jahr neu begehen und auch ein wenig anders.
Der Schnee hat mich dazu gebracht. Er zeigt die Spuren, die wir hinterlassen und ich möchte, dass auch jene, die Spuren in meinem Herzen hinterlassen haben, bei uns sind, wenn dieser Tag anbricht.

Wir werden zusammen mit Faramir und Éowyn am Kamin sitzen und uns miteinander Geschichten erzählen. Ich werde an diesem Tag keinen königlichen Geschäften nachgehen. Es wird Geschenke und Köstlichkeiten geben, wir werden als Familie beisammen sein.“
     „Es gibt Geschenke?“, freute sich Eldarion.
Elessar nickte bestätigend.
     „Was für Geschenke werden das denn sein, ada?“
     „Geschenke, die den Menschen zeigen sollen, wie lieb man sie hat. Für die Kinder wird es wohl etwas sein, mit dem sie spielen können und für deine Mutter habe ich eine besondere Überraschung.“
     „Welche denn?“

     „Versprichst du, dass du es nicht verraten wirst?“
Eldarion bejahte heftig.
     „Gut, iôn nîn. Ich habe dafür gesorgt, dass die Brüder deiner Mutter an jenem Tag bei uns eintreffen werden. Ebenso werden Legolas und Gimli bei uns sein, so wie Samweis Gamdschie, Peregrin Tuk und Meriadock Brandybock mit Frauen und Kindern. Es wird ein wirklich großes Fest der Freude und Liebe werden.“
     „Samweis Gamdschie? Peregrin Tuk? Meriadock Brandybock?“, überlegte der Prinz angestrengt.
     „Onkel Sam, Onkel Pipp und Onkel Merry“, erklärte der König hilfsbreit.
Da sprang sein Sohn von seinem Schoß, stieß einen Freudenschrei aus und rief aus.

     „Meine Onkel kommen alle? Auch Onkel Leoglas und Onkel Gimli? Sie bringen alle meine Freunde mit? Ich sehe sie wieder? Darf ich nana wirklich nicht sagen, dass Onkel Elladan und Onkel Elrohir uns besuchen? Sie freut sich bestimmt ganz doll.“
     „Nein, Eldarion. Du hat es mir versprochen. Das ist mein Geschenk für meine geliebte Frau.“
Elessar sah Eldarion eindringlich an. Eldarion nickte geflissentlich und auch ein wenig stolz, weil sein Vater ihm so vertraute. Dann rannte er wieder davon und König Elessar hörte mit einem Lächeln auf den Lippen, wie sein Sohn Arwen etwas erklärte.

     „Nana, ich weiß jetzt, was das Fest der Liebe ist, aber ich darf es dir nicht verraten. Das ist ein Geheimnis zwischen ada und mir.“

ENDE

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