Arda Fanfiction

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Toffee Nut ... Bier

von E. E. Healing

Auch kellnern will gelernt sein

 „Los, komm schon Barmâd!“
     „Es ist gut, Frerin. Ich bin doch gleich hinter dir. Was ist denn nur los?“
     „Im Goldenen Stern haben sie seit heute ein neues Bier. Das will ich unbedingt probieren. Es soll wohl temperiert noch besser schmecken als das, das Hildifons Tuk uns im Sommer gut gekühlt präsentiert hat.“
     „Ich beeile mich ja schon. Nun zerr nicht so an mir herum, schließlich bin ich der Thronfolger!“
     „Und selbst noch kaum mit Bart gesegnet“, schmunzelte der jüngere Frerin.
Thorin wollte ihm eine Kopfnuss versetzten, doch sein Bruder war schon lachend zur Seite gesprungen. Endlich sahen sie die Taverne, in die Frerin strebte. Wieder einmal schüttelte der ältere Zwergenprinz seine schwarzen Locken, als er den Schriftzug las, der über der reich verzierten Tür prangte.
     „`Goldener Stern´… Wie bei Mahal kommt man denn nur auf so einen Namen?“, sinnierte er laut.
     „Wenn wir einen Hobbit in den Berg lassen, dann geschieht das eben. Es ist seine Taverne, also hat er auch den Namen bestimmt. Doch der Erfolg gibt ihm recht“, erklärte der jüngere Zwerg nun zum wiederholten mal.
Noch immer den Kopf schüttelnd, trat Thorin nun ein, ließ den Blick aus seinen blauen Augen über die Tische schweifen und fand einen letzten, noch freien Tisch.

     „Du beharrst doch nur auf den freien Nachschank, den wir als Königskinder hier bekommen. Ich habe noch nie erlebt, dass ein Zwerg in so kurzer Zeit so viel trinkt wie du, Lébzâd*“, lachte der Schwarzhaarige nun endlich wieder und zeigte schneeweiße Zähne.
Einige Zwerginnen betrachteten die Prinzen mit sehnsüchtigen Blicken, doch entweder wollten sie diese nicht wahrnehmen, oder es interessierte sie nicht sonderlich. Endlich nahm auch der andere, ebenfalls schwarzhaarige Prinz seinen Platz ein.
     „Du sollst mich nicht immer so nennen, Thorin“, beschwerte er sich.
     „Aber du wirst nun einmal immer der Jüngere von uns sein, egal, ob du nun das Licht des Erebors bist oder nicht.“
     „Hör auf, über mich zu lachen!“


* kleiner Kerl

***


Ehe Thorin darauf etwas erwidern konnte, wurde seine Aufmerksamkeit abgelenkt. Ein Schatten fiel auf seine Schulter. Als er sich umdrehte, sah er eine kleinere Gestalt, als Thorin sie vermutet hätte. Ein Hobbit stand neben ihm, äußerst jung, wohl gerade erst volljährig geworden. Er hielt den Blick auf seinen Block und den Stift gesenkt, seine Hand zitterte ein wenig, doch die Stimme klang erstaunlich fest.
     „Was darf ich den edlen Herren bringen?“, fragte er auch schon.
     „Zwei Humpen dieses neuen Bieres, wenn es recht ist.“
     „Das, das mit Karamell und Terebinthe versetzt ist?“, kam es ein wenig zögerlich von dem jungen Halbling.
     „Habt ihr denn noch ein anderes, neues Bier?“, setzte Thorin ein wenig schroff nach.

Der Hobbit zuckte zusammen und verschwand so schnell es ging. Doch Thorin seufzte innerlich auf. Er war es nicht gewohnt, dass seine Forderungen hinterfragt wurden. Wieso nur musste auch ausgerechnet ihr Tisch im Bereich stehen, in dem die eindeutig neue Bedienung ihrer Tätigkeit nachkam? Wie, um seinen Gedanken zu bestätigen, lehnte sich Frerin nun zu ihm herüber und flüsterte.
     „Sei nicht so hart zu dem Kleinen. Er hat gestern erst seine Reise aus dem Auenland zu uns beendet. Sein Onkel fragte, ob er nicht aushelfen kann, solang die Weihnachtszeit geht. Dann hat er hier doch immer noch mehr zu tun.“
     „Ja, ja, schon gut. Aber wieso muss er ausgerechnet bei uns bedienen?“
     „Irgendwo muss er doch anfangen. Sein Name ist übrigens Bilbo…“
Thorin sah seinen Bruder neugierig an, fixierte die dunkelbraunen Augen.
     „Woher weißt du das? Hast du etwa Interesse an ihm?“, fragte er misstrauisch.
     „Ich bin nicht wie du, Barmâd. Männer liegen mir nicht. Aber als ich gestern mit einer der Schankmaiden ging, da hörte ich Hildifons mit ihm sprechen.“
     „Oh…“, war alles, was Thorin darauf zustande brachte, denn Bilbo näherte sich wieder.

Der Thronfolger sah, wie sich der Kleine mit ihrem Bier abmühte, sichtlich nicht im Stande, die großen Krüge richtig zu tragen. Ein wenig Mitleid schlich sich nun in den älteren Prinzen. Er stand auf, trat auf den Halbling zu und nahm ihm einen Humpen ab. Er war wirklich … temperiert, beinah warm. Was hatte sich Hildifons dabei nur gedacht? Aber während er dies tat, streifte er Bilbos Finger. Wie weich sie waren, ebenfalls sehr warm, so, wie das Bier.
Doch ehe er einen seiner Gedanken aussprechen konnte, sah Bilbo fragend nach oben, wollte wissen, wer ihm da so half. Wunderschöne, graugrüne Augen trafen Thorins Blick. Der Zwerg hielt in seiner Bewegung inne, hielt den Kontakt ihrer Finger aufrecht und schmunzelte etwas. Als er sah, wie Bilbo rote Wangen bekam, wurde sein Lächeln breiter, zeigte er wieder dieses Strahlen, dass ihm schon manche Tür geöffnet hatte. Der Halbling errötete noch mehr, sah nun aus wie ein Weihnachtsapfel.
     „Ich will endlich mein Bier!“, quengelte nun Frerin.

Thorin blinzelte, der Zauber war verflogen. Er atmete tief ein. Wann hatte der Zwerg die Luft angehalten? Das war noch nie passiert! Kein einziger Mann hatte ihn bisher dazu gebracht. Leicht seinen Kopf schüttelnd, setzte er sich nun wieder und schob den Humpen, den er hielt, extra Frerin hinüber. Es zeigte die Wirkung, die er sich erhofft hatte.
Bilbo beugte sich von hinten über den Zwerg, so gut es ging. Dabei berührte die Brust des Halblings Thorins Schulter, sein Atem streifte die Wange des Prinzen und ihm wurde ein wenig wärmer. Viel zu schnell ging der Kleinere wieder auf Abstand, war hinter der Theke verschwunden, bevor Thorin seinen Körper wieder unter Kontrolle hatte, sein Herz nicht mehr so sehr hämmerte.
     „Du hast also Gefallen an ihm gefunden?“, überlegte Frerin grinsend.
     „Wo denkst du hin? Er ist ein Hobbit!“, begehrte Thorin flüsternd auf.
     „Und?“, zuckte der jüngere Prinz mit den Schultern.
     „Niemals würde Mahzâd so etwas akzeptieren!“
     „Also doch!“
Frerin klatschte seine Hand auf den Oberschenkel, Thorin wäre gern im Boden versunken, hatte ihn sein kleiner Bruder doch ein wenig vorgeführt.
     „Halt den Mund und trink endlich!“

Thorin nahm den ersten Schluck. Warm und angenehm samtig floss das Bier mit den ungewohnten Zutaten seinen Hals hinab. Es entlockte dem Thronfolger ein leises Stöhnen und auch Frerin erging es nicht besser. Dieses Zeug hatte die Macht, süchtig zu machen!
     `Mahal steh´ mir bei, es steigt schon in den Kopf. Wenn wir darauf auch freien Nachschank bekommen, dann wird es übel.´
Frerin schluckte gleich den halben Humpen leer, ehe er seinen Krug wieder absetzte.
     „Langsamer, Barmâd.“
     „Aber es schmeckt so gut. Außerdem bekommen wir so viel, wie wir wollen!“, maulte Frerin auch schon.
     „Was ist denn los? Selbst für deine Verhältnisse ist es viel, was du trinkst.“
     „Erinnerst du dich an Dís´ Freundin?“
     „Die kleine Zwergin, die dich nicht wollte?“
Der jüngere Prinz nickte traurig.
     „Ich habe mein Herz an sie verloren…“
     „Oh…“

Frerin nahm einen weiteren, kräftigen Schluck, leerte sein aromatisiertes Bier nun endgültig, schob den leeren Krug zur Seite und suchte eindeutig nach Bilbo. Thorin schob ihm mitfühlend seinen Humpen zu, ehe auch sein Blick durch den Raum schweifte, um den Halbling zu erspähen, wenn auch aus einem anderen Grund. Er sah ihn an der gegenüberliegenden Wand, wie er gerade versuchte, drei dieser großen Krüge unbeschadet auf einen Tisch zu bekommen. Doch es glückte ihm nicht. Er schüttete Dwalin, einem Vetter der Prinzen, einen Großteil des warmen Getränkes über den neuen Wams.

Der Glatzköpfige stand so schnell auf, dass sein Stuhl nach hinten kippte. Er überragte Bilbo um einen guten Kopf, sah ihn finster an und seine Stimme klang äußerst bedrohlich, auch wenn Thorin dessen Worte nicht verstand. Doch als er daran dachte, wie ängstlich Bilbo schon war, als er ihn nur kurz anraunzte, wusste er, wie Angst und Bang dem Halbling nun sein musste.
Mit schnellen Schritten war er bei seinem Vetter, Frerin folgte, auch wenn er schon leicht schwankte. Sicher hatte er den noch fast vollen Krug von Thorin auch gleich geleert. Doch darauf konnte der Thronfolger nun keine Rücksicht nehmen. Er musste versuchen, Bilbo aus Dwalins eisernem Griff zu bekommen, denn dieser hatte den Lockenkopf am Kragen gepackt und Hildifons noch nichts davon bemerkt.
     „Komm schon, Vetter. Lass ihn wieder los. Er hat nichts getan, was mit Absicht geschehen wäre.“
     „Und dennoch bin ich über und über voll mit Karamellbier! Es klebt mir den Bart zusammen. Dafür will ich Wiedergutmachung!“
     „Und wie ssssoll die ausssehen?“, lallte Frerin ein wenig.
     „Sei still!“, zischte sein Bruder.

Frerin aber schwankte nun noch bedrohlicher, kippte ein wenig und landete mit seinem Oberkörper auf Balin, der seine Nase nun in den Bierschaum vor sich tunkte. Schneller, als Thorin hätte reagieren können, sprang nun auch Dwalins Bruder auf, verpasste Frerin einen Kinnhaken und der jüngere Prinz landete auf Bombur, der einen Tisch weiter gesessen hatte. Er prallte an dessen Bauch wieder ab, in Balins Arme hinein. Dabei gelang ihm eine Kopfnuss mit seiner Stirn, ehe Frerin zur Seite torkelte, in seine Schwester hinein, die von einem weiteren Tisch zu ihnen gelaufen war.
Thorin sah, wie nun überall in der Taverne Schlägereien aufflammten, etwas, das Zwerge ganz besonders gut konnten. Sie schlugen sich, wann immer es nur ging. Es war neben dem Krieg führen ihr liebster Zeitvertreib. Auch der Schwarzhaarige war nicht in der Lage, so etwas aufzuhalten, wenn erst alle dabei waren, sich für die Heiler vorzubereiten. Er war eher der, der dann noch kräftig mitmischte.

***

Heute aber wurde der Zwergenprinz in seinem Bestreben, mitzumachen, aufgehalten. Sein Blick fiel gerade auf Bilbo, den Dwalin zwar losgelassen hatte, der aber nun zitterte wir eine junge Birke in einem Sturm. Dieses Bild rührte Thorin viel zu sehr, als dass er den Halbling hätte allein lassen können. Er zog den Kleineren an seine Brust, wollte ihn vor den schweren Fäusten der Zwerge beschützen, die immer wieder bedrohlich nah an seiner Nase vorbei schossen.
     „Bitte… bitte… bitte… mach…, dass es aufhört…“, flüsterte der Kleinere erschrocken.
     `Halblinge sind nicht für Kämpfe gemacht´, erkannte Thorin.
Er war gewillt, ihn aus der Gefahr zu steuern und war auf dem Weg, ehe Bilbo protestieren konnte. Doch als sie in der Mitte des Raumes waren, kam wieder etwas Leben in den Lockenkopf. Aber es war nicht das, was Thorin erwartet hatte. Plötzlich stemmte sich der Halbling gegen den Zwerg, war nicht bereit, auch nur einen Schritt weiter zu gehen. Verwirrt sah der Prinz nun den Hobbit an. Dieser zitterte nun noch mehr, falls das überhaupt möglich war.

     `Er hat Angst, weiter zu gehen. Was mache ich nur?´
Thorin versuchte, beruhigend auf Bilbo einzureden, doch dieser reagierte nicht auf die Worte des Schwarzhaarigen. Er hatte nur Augen für die Kämpfe, die um sie herum stattfanden. Der Bärtige legte nun seinen Arm fester um Bilbo, zog ihn wieder näher an seine Brust. Irgendwie musste er es schaffen, ihn abzulenken. Nur wie?
     `Als wir uns ansahen, da hat er auch alles um sich herum vergessen. Vielleicht…´
Bevor der Zwerg sich anders besinnen konnte, setzte er sein Vorhaben in die Tat um. Thorin schob Bilbo wieder ein wenig von sich, legte eine Hand an dessen Hinterkopf und zog ein wenig daran. Der Halbling sah ihn nun an, atmete hektisch und hatte riesige Augen.
     „Sieh nur mich an“, flüsterte Thorin, als er nun über Bilbos Wange streichelte.
Der Halbling nickte, fixierte diese klaren, blauen Augen, die ihn schon früher an diesem Abend in ihren Bann gezogen hatten. Er sah, wie sie sich auf Bilbos Lippen hinab senkten, der Prinz mit seiner Zunge leicht über die eigenen fuhr, um sie zu befeuchten. Bilbos Sinne war vollkommen auf dieses Bild vor sich gerichtet. Er vergaß alles um sich herum. Selbst den Lärm der Schlägereien blendete er nun aus. Würde es der Zwerg wohl wirklich wagen?

Er wagte es. Thorin sah noch einmal in diese schönen, graugrünen Augen, erkannte darin ein Verlangen, dass auch ihn übermannte. Dann, endlich, schloss er die letzte Lücke, die seinen Mund von Bilbos noch trennte und drückte dem Lockenkopf einen süßen, zarten Kuss auf die Lippen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, diesen zarten Mund zu liebkosen, so, als wäre er nun endlich angekommen, wo auch immer Thorin hatte sein wollen. Nicht in der Lage, den Hobbit wieder zu entlassen, schob er seine Finger fester in dessen Haar, presste seinen Mund energischer auf Bilbos, der sich das nur zu gern gefallen ließ.
Thorin entkam ein leises Stöhnen, als er mit seiner Zunge vorsichtig über die Unterlippe des Kleineren leckte, um Einlass in seinen Mund ersuchte. Als sich Bilbos Lippen teilten, fand er seinen Weg und stöhnte etwas lauter auf, als er dessen wunderbares Bouquet in sich aufnahm. Thorin schmeckte die Süße von Erdbeeren, einen Hauch von Minze und Bilbo selbst, der wiederum nun in den Genuss kam, Karamell und Nuss zu kosten, während die fremde Zunge seine zärtlich streichelte, er sich fester an Thorin klammerte, in der Angst, dass seine Beine zu schwach würden, ihn nicht mehr tragen konnten.
Doch der Zwerg hielt ihn sicher an seinen Körper gepresst, strich dann zart über Bilbos spitzes Ohr und jagte so einen kleinen Schauer durch den Halbling. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit ließ der Zwergenprinz von ihm wieder ab, lehnte seine Stirn an die des Kleineren und schnappte keuchend nach Luft, so wie Bilbo.

In diesem Moment bemerkten sie etwas Merkwürdiges. Es war still um sie herum geworden. Die beiden Männer lösten sich von einander, sahen sich um. Überall standen die Zwerge still, sahen ihren Thronfolger und den Hobbit fassungslos an. Thorin lachte befreit auf, etwas, von dem niemand wusste, wann er das zuletzt bei ihm gesehen hatte. Er drückte Bilbo, der wieder wie ein Weihnachtsapfel anmutete, noch einen Kuss auf die Locken, ehe er in dessen Ohr flüsterte, wenn auch laut genug, dass alle es vernehmen konnten.

     „Wir haben etwas geschafft, dass noch nie geschehen ist. Wir haben mit einem Kuss Zwerge dazu bewegt, mit dem Kämpfen aufzuhören.“

ENDE

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