Die Zeit verschwimmt, Vergangenheit und Zukunft verschmelzen zu einer einzigen Ewigkeit der Gegenwart. Tränen verwischen meinen Blick, ich sehe dich nur als eine schemenhafte Gestalt, deren schwindende Wärme ich auf meiner Hand fühle. Ich fühle, wie du zitterst, wie du dich fürchtest, wie du dich an diesen einen letzten Moment, an diese vergängliche und ewige Gegenwart klammerst, wie du dich sträubst, eine Zukunft ohne mich zu akzeptieren. Du sitzt da wie ein schwarzer Schatten, in deinen schweren Umhang gehüllt, und ich fühle, wie schnell du alterst. Du alterst, weil du dich an die Zeit klammerst, weil du mich nicht loslassen willst. Du willst nicht begreifen, dass du daran nichts ändern kannst. Du sitzt da in deinem schweren Mantel und glaubst, du könntest mich mit deiner Schwere bei dir behalten. Doch ich bin schwerelos. Für mich gibt es keine Zeit mehr. Für mich gibt es alles.

Ich weiß, dass du in diesem schweren Zustand enden wirst. Ich weiß, dass du dich gegen jede Art von Heilung sträuben wirst. Ich weiß, dass du die Wahrheit nicht wahrhaben willst.

Du sitzt so still und verzweifelt da, aber ich weiß, dass du mir nie verzeihen wirst. Du wirst mir den Tod nie verzeihen. Du wirst bis zu deinem Lebensende in den Schatten deiner selbst dahinwelken, wirst mir nachtrauern, mich dafür verfluchen, dass ich gestorben bin. Du wirst es nie spüren, wenn ich dich ansehe, dich anlächle, du wirst es nie merken, wenn mein Schatten den deinen berührt, du wirst deine Erinnerungen an mich in einer dunklen Kammer abschließen, mich dort festhalten, du wirst mich einsperren, wie du es schon zu meinen Lebzeiten getan hast. Ich liebe dich, an deiner Dunkelheit, an deiner Kälte gehe ich zugrunde. Du liebst mich, du tötest mich. Du wirst mir nie verzeihen, dass ich ein so schwacher Mensch bin.

Du wirst dich rächen. An Faramir. Weil er mir so ähnlich ist. Du wirst ihn genauso quälen wie mich. Du wirst mich quälen. Du wirst dich an mir für meinen Tod rächen wollen, aber du wirst dich an Faramir rächen. Weil es dich schmerzen wird, ihm deine Liebe zu zeigen. Weil es dich schmerzen wird, ihm deine Liebe für mich zu zeigen. Weil du dich an mir rächen willst. Weil du diese Art von Schmerz bevorzugst.

Dein Umhang. Deine Angst. Deine Verzweiflung. Dein Schmerz. Dein Groll. Deine Rache. Dein Mantel macht dich schwer. Doch du kannst mich nicht halten. Denn ich bin schwerelos.

Ich würde dich mitnehmen. Ich würde bei dir bleiben.

Doch du wirst mich wegschließen. Du wirst mich nicht sehen wollen. Du wirst mich nicht hören wollen. Unter dem schmerzvollen Umhang deines Grolls. Du wirst blind und taub.

Ich würde dich mitnehmen. Ich würde bei dir bleiben. Ich würde dir die Schwerelosigkeit zeigen. Ich würde dir die Ewigkeit schenken.

Doch du sträubst dich. Weil du mir nicht verzeihen kannst.

Ich würde dich lehren zu lieben.

Doch du sträubst dich. Du fürchtest dich.

Du glaubst, dass du niemanden außer mir lieben kannst. Doch hast du mich je geliebt? Du hast mich eingesperrt hinter Mauern aus Stein. Du hast mich der steinernen Kälte ausgesetzt. Du hast mich getötet.

Du weißt das. Aber du willst die Wahrheit nicht wahrhaben. Du wirst sagen, ich sei ein schwacher Mensch. Das wusstest du schon immer. Dennoch hast du mich eingesperrt in deiner kalten, harten Welt. Du hast mich getötet.

Ich zürne dir nicht. Wie könnte ich auch? Ich will nicht gegen dich kämpfen. Ich habe nicht die Kraft dazu. Ich weiche zurück. In die Freiheit. In die Schwerelosigkeit. Fort aus deiner schweren Welt.

Ich würde dich mitnehmen. Ich würde bei dir bleiben.

Dein Groll macht dich blind. Du wirst mich nicht sehen. Du wirst mich abschließen. Du wirst dich nur noch an deinen Schmerz, an die Zeit klammern. Du wirst für die Ewigkeit blind bleiben.

In der Ewigkeit ist alles. Die Zeit verschwimmt, Vergangenheit und Zukunft verschmelzen zu einer einzigen Ewigkeit der Gegenwart.

Ich weiß, dass unsere Söhne viel erleiden werden. Aber ich weiß, dass sie letztendlich als edle Männer aus dem Leben gehen werden. Alles wird gut.

Es betrübt mich nur, dass du mir nie verzeihen wirst. Dass du nie Ruhe finden wirst.

Dass du dir nie verzeihen wirst.

ENDE