Arda Fanfiction

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Umständliche Einladungszustellung

von Cedrella Dawson

Von Zwergentüren und der Tücke, sie zu finden

Gimli kletterte grummelig durch das Gebirge. Er hatte keine Lust mehr. Wieso musste er auch dafür Sorgen, dass sein Vater auch ja den Besuch seiner Verwandten bekommen würde? War es seine Schuld, dass die Raben sich bei diesem unsäglich ungemütlichen Wetter nicht mehr zum Fliegen bewegen ließen? War es seine Schuld, dass sich kein Reiter in ganz Thal und Esgaroth finden hatte lassen, der zu dieser Jahreszeit die Reise zu den blauen Bergen antreten wollte? Nein verdammt noch mal überhaupt nicht. Es war eine absolut hirnrissige Idee die Bewohner der blauen Berge überhaupt einzuladen in den Erebor zu kommen. Es würde doch eh nur wieder der Streit ausbrechen, wer denn nun der König unter dem Berge war, nach dem Aussterben von Durins Linie mit dem Tod von Thorin und seinen Neffen. Als würde es nach dem endgültigen verschwinden der Drachen aus Mittelerde noch einen Grund geben, alle Zwergenvölker vereinen zu müssen. Gimli empfand all diese Diskussionen, die nun schon seit über zwei Jahrzehnten andauerten, als unnütz und zeitverschwendend. Aber anstatt dass sein Vater auf ihn hörte hatte er ihm den außerordentlich wichtigen Auftrag erteilt, die Einladung an die Verwandtschaft persönlich zu überbringen. Und weil Gimli so ein netter Sohn war, hatte er dem ganzen auch noch zugestimmt.

Der Tag an dem er diese absolute Fehlentscheidung getroffen hatte, lag mittlerweile schon über vier Monate zurück. Er hatte sich durch den Düsterwald gekämpft, hatte der Versuchung widerstanden Onkel Balin in den Mienen von Moria zu besuchen - da er die Befürchtung hatte, sonst in diesem Jahrzehnt nicht mehr an seinem Ziel anzukommen - war stattdessen über den Caradhras geklettert, währenddessen er jede einzelne Schneeflocke von ganz Mittelerde verflucht hatte und hatte sich anschließend gemächlich auf den weiteren Weg Richtung Westen gemacht. Immer darauf bedacht einen großen Bogen um jeden Elben zu machen, denn wie schon jeder kleine Zwerg wusste, Elben und Zwerge waren natürliche Feinde. Vor vier Wochen dann hatte er einen Zwischenstopp bei dem sympathischen Hobbit namens Bilbo eingelegt, den er in seiner Kindheit öfter zu Besuch kommen hatte sehen, bis er dann endlich in den Füßen der blauen Berge angekommen war. Gimli war sich inzwischen sicher, sobald er diesen vermaledeiten Auftrag ausgeführt hatte, würde er seinem Vater so schnell nicht wieder unter die Augen treten. Er hasste ihn inzwischen Abgrundtief dafür, dass er seine Arbeiten im Erebor hatte ruhen lassen müssen für dieses dämliche Familientreffen. Wäre es wenigstens zur Sicherheit Mittelerdes gewesen oder dafür den Elben zu beweisen wieso die Zwerge die Besseren waren, egal worin, dann hätte er es verstehen können. Aber so, hatte sich über die Monate einfach nur noch der Hass gestaut und er betete, dass sein Vater sich eine gute Besänftigung für all diese Torturen ausgedacht hatte.

Gimli schaute irritiert auf die Wand vor ihm. Er zog noch einmal die Zeichnung heraus, die sein Vater ihm gegeben hatte und schüttelte dann den Kopf. Das war so typisch. Diese Zeichnung war anscheinend aus dem letzten Zeitalter, in jedem Falle hatte die Steinwand vor ihm so viel Ähnlichkeit mit den Kritzeleien auf dem Zettel, wie seine Mutter mit dem Waldelbenkönig. Wie genau sollte er jetzt also eine Einladung hervorbringen, wenn er nicht mal in den Berg hinein kam? Er dachte mit einem Schaudern an die verborgene Tür des Erebors, die nur einmal alle paar dutzend Jahre auftauchte in einem bestimmten Mondlicht. Er hoffte, dass es hier nicht ähnlich war. Er untersuchte die Karte noch einmal genauer, was eine riesige Herausforderung darstellte, da seine Handschuhe nur auf Wärmeisolation ausgelegt waren, nicht auf Feinmotorik. Gimli fragte sich ohnehin schon die ganze Reise hinüber, wieso es in diesem Jahr so ewig lange schneite und gefror. So langsam müsste doch eigentlich der Frühling sich mal blicken lassen. Aber noch schien das Wetter ihn ärgern zu wollen, also würde er auf die Handschuhe, die Mütze und den Schal nicht verzichten können, wenn er sich am Schluss nicht noch einen der potentiell lebensgefährlichen Zwergenschupfen einfangen wollte. Endlich fand er was er gesucht hatte. Ganz am Rand der Karte war eine Inschrift in der alten Zwergensprache des vereinigten Zwergenreiches zu sehen. Er brauchte Stunden um sie zu entziffern, immerhin war diese Sprache nun wirklich nicht mehr sehr geläufig und er hatte die Stunden sie zu lernen immer für unsinnig erachtet. Doch was er dann entschlüsselt hatte, half ihm nicht viel weiter, eher warf es noch mehr Fragen auf.

Bist du ein Teil unserer großen Familie, ob Eisenberge, Moria oder Erebor, dann trete hervor und belege dein Erbe, wir erwarten dich mit offenen Armen schon.

Was hatte einen Zwergenherrscher dazu veranlasst einen Dichter auf den Hinweistext zu einer Zwergentür anzusetzen? Wo war der Guide zum Übersetzen dieser kryptischen Zeilen? Gimli wollte am liebsten laut losschreien, wenngleich das in mitten von Schnee bedeckten Bergen wohl wirklich nicht die beste Idee war. Er war verdammt noch mal ein Teil der Familie. Nur wie genau sollte er das bitte belegen? Sollte er sich Opfern oder was stellten die sich hier vor? Er erstarrte. Opfern. Das würde es sein. Sie wollten Blut. Aber er konnte doch nicht den halben Berg mit seinem Blut einschmieren. Daran würde er sterben? Verdammt worauf hatte er sich hier nur eingelassen. Das nächste Mal würde sein Vater selber sehen können wie er in die blauen Berge kommt, er würde da nicht noch einmal mitmachen. Und abgesehen von der Problematik, dass er keine Ahnung hatte, wo die Tür war, es war hier oben immer noch irre kalt und er würde sich die Finger abfrieren, bevor er auch nur einen Schnitt in seinen Finger hätte setzten können.

Er setzte sich wieder frustriert auf den Boden. Irgendwas musste er übersehen haben. Irgendeinen Hinweis, wo er anfangen sollte zu suchen. Er nahm sich die Karte erneut und drehte und wendete sie. Er hielt sie ins Licht und suchte nach Wasserinschriften. Am Ende zog er sich sogar seine Handschuhe aus und untersuchte sie auf Unebenheiten. Doch nichts half. Außer seinen halb abgefrorenen Fingern hatte es nichts gebracht. Absolut gar nichts. Er gab frustriert auf. Die Sonne war inzwischen unter gegangen, er hatte immer noch nichts, als eine absolut veraltete Karte und er war nicht in der Verfassung irgendwie weiter zu suchen. Er legte sich in den Schnee und gab seiner Müdigkeit nach. Er wusste, dass es falsch war, aber inzwischen war ihm alles egal.


Das Nächste was er wahr nahm, war ein warmes Feuer an seinen Füßen. Schlagartig war er hellwach und blickte in das Gesicht eines Zwerges. Er runzelte die Stirn. Wie konnte das sein? Er war doch eben noch draußen im Schnee kurz vor dem Erfrieren gewesen.
Der Zwerg sagte freundlich: „Unsere Patrouillen haben dich nahe unserer Tür entdeckt. Dein Herz war kurz davor zu versagen. Wieso bist du nicht rein gekommen? Du hattest doch die Karte in deiner Hand.“
Gimli wurde von einem Hustenanfall eingenommen. Danach sagte er brüchig: „Diese Karte ist der reinste Müll. Total veraltet und gibt einem nur den Hinweis, sein Erbe zu belegen. Ich kann doch nicht den halben Berg mit meinem Blut einschmieren. Und bei dem Versuch die Karte weiter zu untersuchen, bin ich halb erfroren. Wieso ist es nur so kalt bei euch?“
Der Zwerg lachte leise. „Auf diesen Bergen liegt ein besonderer Zauber. Wir haben immer diesen Schnee, egal zu welcher Jahreszeit. Aber das tut jetzt nichts zur Sache. Ich zweifle grad ernsthaft daran, dass du wirklich ein Zwerg bist. Du hättest doch nur dein Blut auf die Karte schmieren müssen und sie hätte dir die Tür präsentiert. Hat dir das derjenige, von dem du die Karte hast, nicht gesagt?“
Gimli war sprachlos. Sein Hass auf seinen Vater wuchs noch ein gutes Stück weiter an. Was war nur los mit dieser verflixten Reise?
Er sagte mühsam: „Nein, mein Vater teilte mir das nicht mit. Aber danke für eure Hilfe. Weshalb ich allerdings hier bin, ist, dass mein Vater euch gerne zu einem Familientreffen in den Erebor einladen möchte. Jetzt wo ich euch das gesagt habe, kann ich ja auch wieder gehen, bevor ihr mich noch gefangen nehmt.“
Der Zwerg lachte jetzt noch mehr. „Nichts da. Du bleibst wo du bist. Deine Finger sind kurz vor dem Absterben, du wärest fast erfroren und einen Bruder lassen wir nicht ziehen. Was mich allerdings wirklich verwundert ist, dass diese Einladung schon vor gut 3 Monaten mit einem Briefraben ihren Weg zu uns gefunden hat. Ihr seit wirklich komisch, ihr Zwerge vom Erebor.“

ENDE

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