Arda Fanfiction

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Flieg mit mir

von Dairyû

Chapter #1

Ah, da bist du wieder.
Leise und wie ein Schatten in der Düsternis meiner Behausung suchst du dir deinen Weg. Ich kann dich hören, auch wenn dein Flügelschlag nur einem bedächtigen Hauch gleicht, und ich kann dich sehen – eine wohlgeformte Gestalt von vollkommenem Schwarz. Mit Anmut landest du auf dem Felsen vor mir und deine großen Augen glitzern. Ich sehe mich in ihnen, neige den Kopf ein wenig und du tust es mir gleich.

Ein wahrhaftig seltsames Band ist es, das uns verbindet. Vorzeiten hast du mich entdeckt, neugierig, wie alle deiner Art, aber nicht furchtsam. Denn sonst hättest du dich niemals in meine Nähe gewagt und meinen leichten Schlaf gestört.
Dein Wagemut weckte mein Interesse; und dein Wissen versüßte mir die langen, einsamen Stunden, die ich nur mich allein und meine Gedanken hatte.

Man gab mir keinen Namen.
Ich selber habe vergessen, wie ich mich einst nannte. Ich bin alt, so alt wie die Welt, erinnere mich an das junge Licht der Sterne und den ersten Aufgang der Sonne – aber an meinen Namen entsinne ich mich nicht.
Und so nanntest du mich Urgewalt.
Ich bin es zufrieden, sagt es doch alles über mein Wesen.

Bedächtig lausche ich deinem leisen Krächzen.
Du hast viel zu erzählen von den Dingen, die im Schwange sind. Du hast viele Lande gesehen, auf deiner Suche. Dein Auftrag ist geheim, doch mir hast du manches enthüllt.
Und ich sehe klar ...
Der weiße Narr in seinem Turm, der dich ausgeschickt hat, nicht ahnend, dass du einem weitaus mächtigeren Fürsten treu ergeben bist. Auge und Ohr leihst du ihm, heimlich und unscheinbar, und dennoch ein Zeichen für den nahen Triumph.

Bald ist es soweit.
Ich weiß es aus deinen Berichten, und weil die niederen Kreaturen mir schmeicheln und die delikatesten Leckerbissen vorsetzen. Weil der geisterhafte Herr erscheint, der Tote, der nicht zu sterben vermag, um sich zu überzeugen, dass meine Stärke vollkommen ist. Ich diene ihm mit Freude, denn er hat eine ruchlose und kalte Seele, dem Einen ergeben, so wie die meine.
Er spricht zu mir in einer alten Sprache, seine Stimme ein Flüstern, als breche dünnes Eis ...
Sie weckt Erwartungen.

Bald werde ich mich wieder in die Lüfte erheben können und den Sturmwind mit mir bringen.
Der Himmel wird sich verdunkeln, wenn ich heranbrause und über meine Feinde komme. Mein Herr und ich, wir werden das Verderben bringen. Ich werde meine Schwingen ausstrecken können und meine Klauen werden lebendiges Fleisch erhaschen, und mein Durst auf warmes Blut wird gestillt.
Endlich.

Flieg mit mir, mein Freund, damit meine Taten als grausige Kunde ihren Weg zu allen finden werden, die deine Worte verstehen.
Flieg mit mir, erster und stolzester unter den Crebain ...

***
Heru im Oktober 2004
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