Arda Fanfiction

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Ich will das Licht sein in deiner Finsternis

von Anarya

Kapitel 1

Die Dienstboten sind angewiesen, stets ein wärmendes Feuer im Kamin meines Gemachs zu unterhalten. ER weiß um meine Abneigung gegen Kälte, doch ist dies der einzige Raum in seiner Festung, der durch ein Feuer gewärmt wird.

ER braucht keine Wärme, ebenso wenig wie Helligkeit und Licht, das ER verabscheut, denn es schmerzt ihn. Wo ER geht herrscht Finsternis und Eiseskälte, die das Herz gefrieren lässt, bis es nur noch als ein Splitter von Eis zu spüren ist.


Wieder ist er ausgezogen in eine Schlacht, und wieder ist es an mir, zu warten und auszuharren bis zu seiner Rückkehr, doch bin ich voller Ungeduld. Endlos erscheinen mir die Tage ohne ihn, denn er beherrscht meine Gedanken und mein ganzes Sein.

Ohne ihn bin ich nichts, mit ihm alles. Mein Dasein schwindet mit jeder Umarmung, und ich fühle, eines nicht mehr fernen Tages werde ich ein Teil seiner dunklen Seele sein, ein lichtes Teil, der Rest einer Sehnsucht aus fernen Tagen. So ist meine Bestimmung, auf dass er im Augenblick seines Todes Zufriedenheit und Erleichterung empfinde... Und ich weiß auch, dass er triumphieren und seinen Peiniger verlachen wird. Meine Anwesenheit wird ihn stärken und trösten. Doch das weiß er noch nicht, denn ich allein kenne die Zukunft. Ohne mich wird er nichts sein und mit mir alles...


Er nennt mich Phantasie, ein schöner Name, der wohl seiner Sehnsucht nach Träumen aus vergangener Zeit entspringt.

Phantasie... So hieß ich nicht immer. An meinen wahren Namen erinnere ich mich nicht mehr.

Während ich meine Gedanken durchforsche und sich mein Gesicht im Glas des Fensters widerspiegelt, vernehme ich weit entfernt den Widerhall einer längst vergessenen Stimme: Hera!


Hera?... Ja... So nannten mich einst Freunde... Es war nicht mein wirklicher Name, eine liebgewordene Anrede unter Freunden nur... Ich erinnere mich und ein Lächeln legt sich um meine Lippen.

Ja, einst hatte ich Freunde, die mir nahe waren und mein Leben reich machten. Und doch war ich stets auf der Suche. In einem Winkel meines Daseins spürte ich Leere, die ich ruhelos zu füllen trachtete.

Solch ein Unterfangen ist mühsam und vergeblich, wenn man nicht weiß, was man herbeisehnt.


Freunde...

Hier in dieser düsteren Festung habe ich keine Freunde. Die Menschen gehen mir aus dem Weg, und selbst das Orkgezücht, wild und unbezähmbar, tritt beiseite und senkt die Köpfe, wenn ich vorübergehe.

Ich werde IHM immer ähnlicher: Einst waren meine Augen grün wie Moos, nun blicken sie dunkel und drohend, und in der Tiefe glimmt - winzig noch ein unheilvoller roter Funke.

Ein blanker silberner Teller dient mir als Spiegel, doch ich blicke nicht oft hinein, weil ich weiß. dass die Veränderung langsam, aber stetig fortschreitet. Eines Tages werde ich sein wie ER...

Ich bin so tief mit ihm verbunden, dass der Ring, den er trägt, seine Macht auch auf mich ausübt und mein Denken und Handeln mit jedem Tag stärker beeinflusst. Doch habe ich dem Ring etwas entgegenzusetzen, das seine Macht einschränkt: Ich strebe nicht danach, über andere zu herrschen und sie mir bedingungslos untertan zu machen. Ich werde nicht verdorben werden sein wie ER...


Zeitalter sind seitdem dahingegangen, als ich mein erstes Leben zurückließ und einzig meiner Bestimmung folgte. Ich werde nicht zurückkehren in diese andere Welt, die ich unter Schmerzen und Furcht verließ, unfreiwillig zunächst, doch stets in Erwartung besonderer Geschehnisse.


Ich weiß nicht , ob ich durch vier oder gar fünf Zeitalter reiste, um an diesen Ort zu gelangen, der jedem anderen unwirtlich und schrecklich erschiene.

Je länger ich nachdenke, umso leichter kehrt das Erinnern zurück.
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