Arda Fanfiction

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Die Bewährungsprobe

von Ethelfara Ceorlred

Kapitel #1 Schlechte Vorzeichen

Für ein besseres Verständnis der hier beschriebenen Handlungen empfiehlt der Autor, den ersten Teil, "Die Gründung des Auenlands" und den zweiten Teil, "Die Rückkehr der Starren" zuerst zu lesen.


Es war ein heißer und sonniger Augusttag, und im Brandyweintal war die Luft drückend und schwül. Schnaken tanzten in der Luft, als die Sonne langsam im Westen unterging. Bucca ritt langsam die Straße von Balgfurt herunter. Er war auf dem Weg nach Hause; der König hatte die Thane seines Reiches zusammengerufen, um schlechte Nachrichten mit ihnen zu beraten. Kundschafter waren bis ins ferne Nebelgebirge vorgedrungen, und sie berichteten nichts Gutes. Die Zahl der Orks vermehrte sich noch immer, und ein gefahrloser und unentdeckter Übergang über das Gebirge war unmöglich. In der weiten Ebene von Wilderland trieben sie ihr Unwesen, selbst die Südgrenze war einige Male angegriffen worden. Doch die Hobbits waren nicht unvorbereitet, und unter Buccas Leitung waren die Orks rasch zurückgeworfen worden. Das Fort an der Sarnfurt war zu einer Festung ausgebaut worden, an der kein Feind vorbeikam solange sie mit Kriegern besetzt war. Bucca hatte die Grenzpatrouillen verstärken lassen, aber außer an der Sarnfurt hatte es keine Übergriffe gegeben.

Bucca war in Gedanken und er ließ sein Pferd die Straße entlangtrotten. Hätten sie vor fünf Jahren gezögert, die Starren zurückzuholen, dann hätten sie jetzt keine Chance, auf der Südstraße durchzukommen. Er wagte sich nicht auszumalen, was dann mit Primula und den anderen Starren geschehen wäre.

Alles in allem durfte mit Fug und Recht gesagt werden, daß die Starren eine Bereicherung für das Auenland darstellten. Sie stellten den größten Teil der Grenzbesatzungen und ihre neuen Ideen brachten frischen Schwung ins Leben. Sie hatten Fisch auf der auenländischen Speisetafel eingeführt (weder die Falbhäute noch die Harfüße gingen freiwillig aufs Wasser) und sie gingen gerne Boot fahren. Bucca hatte sich nur einmal auf den Brandywein gewagt, aber nach kurzer Zeit brachte Primula ihn zurück an Land.

„Du bist eine typische Falbhaut“ hatte Primula gelacht. „Vor Orks, die zweimal so groß wie du sind fürchtest du dich nicht im Geringsten, aber wehe, du sollst ein paar Meilen im Boot zurücklegen! Da könnte man meinen, die Welt würde untergehen!“

Bucca lächelte, als er an dieses Abenteuer zurückdachte, das schon ein paar Jahre zurücklag und in besseren Zeiten stattgefunden zu haben schien. „Na wer weiß, was uns in der nächsten Zeit blüht“ seufzte er. Seltsame Gerüchte hatten in Königsnorburg die Runde gemacht: irgendeine rätselhafte und grausame Krankheit hätte den Süden heimgesucht, welche die Leute dahinraffte. Die Erkrankten würden immer schwächer werden, schwarze Beulen auf der Haut tragen, Blut spucken und schließlich sterben und niemand könnte ihnen helfen. Die bloße Berührung würde zu einer Ansteckung und zum unentrinnbaren Tod führen. Viele hatten über diese Gerüchte gelacht und sie als Schauermärchen aus Wilderland abgetan, aber der König war besorgt und Bucca schauderte, als er an diese rätselhaften Krankheit dachte.

„Gandalf! Jetzt bräuchten wir deinen Rat!“ brummte er leise. Aber Gandalf hatte sich seit Jahren nicht mehr im Auenland blicken lassen, und sie würden diese Probleme wohl selbst meistern müssen. Aus Gondor waren seit Jahren keine zuverlässigen Nachrichten mehr gekommen, denn kein Bote konnte gefahrlos auf der Südstraße reiten. Und Gerüchte, welche die Runde von Wirtshaus zu Wirtshaus gemacht hatten waren nicht allzu zuverlässig, sie waren oftmals so glaubwürdig wie Neuigkeiten aus Bree und jeder Erzähler hatte zu den wahren Ereignissen etwas hinzugedichtet. Bucca würde es schwerfallen, den anderen sein instinktives Gefühl der Wachsamkeit nahezubringen – und was würde Wachsamkeit gegen so eine heimtückische Krankheit überhaupt ausrichten können?

Langsam kam sein Gutshof, der etwas abseits von Stock lag in Sicht. Bucca trieb sein Pferd zu leichtem Trab an. Das Abendessen stand auf dem Tisch (das konnte er riechen) und Primula war offensichtlich damit beschäftigt, ihre vier kleinen Racker einzufangen. Der kleine Adelard war mit seinen vier Jahren der Älteste im Bunde und trieb zusammen mit den Zwillingen Bungo und Bingo (die drei Jahre alt waren) allerhand Schabernack. Sancho konnte mit seinen anderthalb Jahren schon laufen und räumte häufig und gerne die Speisekammer um (das mußte er von Bucca haben, fand Primula) was der Geräuschkulisse nach mal wieder der Fall zu sein schien. Bucca ließ sein Pferd von seinem Stallknecht wegführen und versorgen.

„Endlich bist du wieder zurück, Bucca“ rief Primula und fiel ihm um den Hals. „Was gibt es Neues in Königsnorburg?“

„Vieles, und nicht alles sollte beim Abendessen erzählt werden“ seufzte Bucca. „Üble Vorzeichen, und wir sollten darüber reden, wenn die Kinder im Bett sind.“

Sie setzten sich zu Tisch, und schweigend genossen sie das reichhaltige Abendessen. Primula (die geahnt hatte, daß Bucca heute zurückkommen würde) hatte Wildschweinbraten mit Preiselbeersoße gemacht (dafür vergaß Bucca alles um sich herum) und den Kleinen zuliebe gab es zum Nachtisch rote Grütze. Draußen war es mittlerweile dunkel, und Bucca brachte seine Kinder zu Bett und erzählte ihnen eine schöne Gute- Nacht- Geschichte. Sie waren rasch eingeschlafen, und lächelnd deckte er sie zu.

„Komm, erzähl mir, was dich bedrückt“ sagte Primula, als Bucca aus dem Kinderzimmer kam. „Was gibt es Neues in Königsnorburg?“

„Vieles, und die guten Nachrichten sind eindeutig in der Minderzahl“ antwortete Bucca nachdenklich. „Im fernen Gebirge rumort es, Wilderland wimmelt nur so von Orks und der nächste Krieg scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Mittelerde wird immer unsicherer, Primula. Aber das ist nicht meine größte Sorge.“

„Bucca, was könnte es Schlimmeres geben als den Krieg?“ rief Primula. „Gerade geht es uns etwas besser, wir leben endlich wieder in Frieden und Freiheit und jetzt soll das alles wieder bedroht sein?“

„Für Friede und Freiheit kann man kämpfen“ entgegnete Bucca. „Aber es kursieren Gerüchte, das es in Gondor eine rätselhafte Krankheit gibt, die die Leute nur so dahinrafft. Man sagt, niemand könne sie überleben; und sie breitet sich weiter aus. Ich weiß nicht, wie so eine Epidemie aufgehalten werden könnte, und ich fürchte, so eine Seuche könnte unsere Existenz stärker bedrohen als Kampf und Krieg.“

„Sagen diese Gerüchte auch, wie sich diese Krankheit auswirkt? Welche Symptome gibt es?“

„Man sagt, die Kranken werden immer schwächer. Sie bekommen schwarze Beulen auf der Haut, werden blutleer und sterben an Schwäche.“

„Bucca, ich glaube, ich könnte dieser Krankheit einen Namen geben: früher nannte man das die Pest, und meine Großmutter erzählte mir, im Winkel war diese Krankheit schon einmal ausgebrochen. Viele gingen damals an ihr zugrunde, aber letzten Endes wurde sie doch überwunden, denn unsere Urgroßeltern fanden ein Gegenmittel, heißt es.“

„Na, hoffentlich ist dieses Wissen nicht im Winkel zurückgeblieben“ meinte Bucca nachdenklich. Er kannte die Geschichten von der Pest, manche sagten hinter vorgehaltener Hand, dahinter stecke der Feind. Geflüsterte Mutmaßungen sprachen vom Hexenkönig, und viele Dùnedain befürchteten das Schlimmste. Alte Erzählungen berichteten von Krankheiten, die vom Feind verbreitet worden waren und die Not, Tod und Verheerung über Mittelerde gebracht hatten und wer konnte mit Gewißheit sagen, ob es sich bei dieser rätselhaften Seuche wirklich um die Pest handelte? Vielleicht war diese neue Epidemie eine noch viel grausamere und unentrinnbarere Krankheit? Bucca starrte nachdenklich ins Kaminfeuer. Ihm war, als ob die Flammen seinen Gesichtskreis erst umringten und dann vollständig ausfüllten, eine Drohung kommenden Unheils.

„Ich sollte mit meinem Vater darüber sprechen“ sagte Bucca anschließend. „Morgen reite ich nach Buckelstadt. Ganz gleich, wie die Gerüchte aus dem Süden lauten, die Bedrohung durch die Orks ist eine ernstzunehmende Gefahr. Wir müssen unsere Südgrenze unbedingt sichern, und ich finde, auch an der Brandyweinbrücke sollten wir eine Wache installieren. Niemand weiß, was alles im Alten Wald lebt.“

„Das klingt klug“ antwortete Primula. „Und ich frage unsere Kräuterweiber, was sie über diese Pest wissen. Es muß doch ein Mittel dagegen geben.“

Bucca gähnte. „Ich glaube, ich gehe jetzt zu Bett. Morgen habe ich einen langen Ritt vor mir, und es ist spät geworden.“

Für den Hobbit war es ein Genuß, wenigstens eine Nacht bei seiner Frau verbringen zu können. Er war zwar müde von seinem langen und raschen Ritt von Königsnorburg, aber sein Kopf surrte vor Gedanken und er konnte lange nicht einschlafen. Er kuschelte sich an Primula, und ihr gleichmäßiges Atmen wog auch ihn endlich in den Schlaf.

Müde wachte er auf. Die Sonne schien in das Schlafzimmer hinein und Primula war irgendwo im Haus. Er hörte sie mal in der Küche klappern, dann in der Speisekammer rumoren, dann ging die Haustür, dann war sie wieder in der Küche. Bucca schälte sich aus dem Bett und zog sich an.

„Guten Morgen“ gähnte er. „Du bist schon wach?“

„Was heißt hier schon wach, Bucca, du Schlafmütze? Die Sonne steht schon seit drei Stunden am Himmel und ich habe dich nur weiterschlafen lassen, weil du die letzten Tage lange und weit geritten bist. Aber du wolltest doch heute nach Buckelstadt?“

„Ja“ meinte Bucca. „Ich reite zum Waldhof und dann auf der neuen Straße nach Buckelstadt und nicht durch den Langgrund. In einer Stunde breche ich auf, dann erreiche ich Blancos Höhle noch vor Sonnenuntergang.“

Er setzte sich zu Tisch und gönnte sich ein spätes Frühstück. Wie immer war es reichhaltig, und satt und zufrieden packte er seine Satteltaschen und sattelte sein Pferd.

„In einer Woche bin ich wieder hier“ sagte er zu Primula und umarmte sie. Dann schwang er sich auf sein Pferd und galoppierte los.

„Komm bald zurück!“ rief Primula, und dann war Bucca schon um die Ecke verschwunden. Er nahm einen Feldweg, der zum Wald führte. Nach einer Stunde raschen Reitens war er am Waldhof angelangt. Bucca sah die Straße, die sich durch den Wald wand. In wenigen Stunden würde er in Buckelstadt sein.

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