Arda Fanfiction

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Adventsvierteiler - Der Mistelzweig

von Celebne

Besprechung

Leise rieselten die Schneeflocken vom grauen Winterhimmel herab. Die Kinder strömten überglücklich aus den Häusern von Minas Tirith, um sich Schneeballschlachten zu liefern, denn lange hatte es in Gondor nicht mehr geschneit.
Lächelnd trat König Elessar mit seiner wunderschönen Gemahlin Arwen Undómiel auf den Balkon der Zitadelle. Es machte Spaß, den Kindern unten in der Stadt zuzusehen, doch als der Schneefall kräftiger wurde, zog sich das Paar wieder in die gemütlichen Wohnräume zurück, wo ein warmes Feuer im offenen Kamin prasselte. Arwen nahm etwas Tee und Gebäck zu sich, während ihr Gemahl zufrieden eine Pfeife schmauchte.

Ein Bediensteter trat mit demütig gebeugten Haupt in das Kaminzimmer des Königspaares und meldete Besuch an.
„Ah, das ist bestimmt Faramir“, bemerkte Aragorn gutgelaunt. „Hol ihn nur herein, Tarcil.“
Der Bedienstete nickte und öffnete die Tür, um den jungen Statthalter hereinzulassen. Mit einem verlegenen Lächeln trat der rothaarige Mann, der eine kostbar bestickte Tunika aus Samt trug, in das große Gemach ein. Er verneigte sich tief vor dem König und blieb schüchtern stehen.
„Kommt nur näher, mein Freund“, sagte der König freundlich.
Faramir tat dies und die Königin bot ihm einen Platz auf einem gepolsterten Stuhl an. Vorsichtig setzte sich der junge Truchseß und blickte das Paar scheu an.
„Es geht um die Feiern zum Jul-Fest und zu Mettarë“, sagte er mit leiser Stimme.
„Ich denke, wir sollten nun noch einmal die Gästeliste durchgehen“, erwiderte Aragorn sofort eifrig und holte ein Pergament aus seinem Schreibpult in der Nähe. „Ich hoffe, dass auch wirklich alle die Einladung erhalten haben.“
„Das auf jeden Fall“, sagte Faramir pflichtbewußt. „Ich habe mich persönlich darum gekümmert. Leider wird Samweis Gamdschie nicht kommen, da seine Gattin genau am Jul-Fest Nachwuchs erwartet.“
„Das ist aber schön“, bemerkte Arwen strahlend und warf ihrem Gemahl einen bedeutungsvollen Blick zu.
Dieser fuhr sich verlegen durch das lange, dunkle Haar und grinste. Faramir blickte das Königspaar erstaunt an.
„Wir erwarten auch Nachwuchs, Faramir“, sagte der König schließlich schmunzelnd. „Nächstes Jahr im Frühsommer. Ihr seid der Erste, der es erfährt.“
„Dann spreche ich Euch mei-meine Glückwünsche aus“, stammelte der junge Mann ganz verdattert.

Aragorn ergriff lächelnd die Hand seiner Gemahlin und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
Faramir errötete schamhaft und heftete seinen Blick auf das Pergament.
„Aus Rohan kommen alle ohne Ausnahme“, fuhr er räuspernd fort.
„Das wird gerade Euch ganz besonders freuen“, bemerkte der König leise lachend.
Der junge Statthalter bekam noch rötere Wangen und brachte nun wirklich kein Wort mehr heraus.

Arwen kicherte amüsiert vor sich hin. Sie erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung von ihrem Sessel und beschloß die beiden Herren alleine zu lassen. Vielleicht verlor dann Faramir seine Befangenheit.
Der Truchseß blickte ihr verzückt nach, als sie den Raum verließ: die Königin war wirklich eine außergewöhnliche Schönheit. Doch die Dame, die er selbst verehrte, war auf ihre Weise ebenso schön.
„Wie steht es nun mit Éowyn und Euch?“ fragte Aragorn neugierig, als Arwen weg war.
Der jüngere Mann seufzte leise. Eigentlich waren Éowyn und er nur Freunde. Sie hatten sich damals in den Häusern der Heilung kennengelernt. Als er gehört hatte, dass diese Maid den Hexenkönig bezwungen hatte, war der Respekt vor Éowyn größer gewesen als seine Liebe. Doch inzwischen wusste Faramir, dass er Éowyn über alles liebte. Aber er hatte auch Zweifel, ob seine Gefühle erwidert würden. Was konnte er schon an Ruhmestaten vorweisen?
„Wollt Ihr nicht darüber reden?“ hakte der König nach, als Faramir betroffen schwieg.

„Wir sind nur Freunde“, platzte er schließlich bedrückt heraus. „Ich bin nicht der Ehemann, den eine Frau wie Éowyn verdient. Ich bin kein Held. Mein Bruder war einer. Vielleicht wäre er ein guter Gemahl für die Schildmaid Rohans geworden. Ich bin nichts wert. Ich habe im Ringkrieg jämmerlich versagt.“
Aragorn hob überrascht eine Augenbraue. So hatte er seinen Truchseß noch niemals reden hören. Er spürte, dass Faramir verbittert und niedergeschlagen war. Wer hatte ihm eingetrichtert, dass er nichts wert sei?
Denethor, dachte der König erzürnt.
Natürlich Denethor! Nur er konnte diesen sensiblen Menschen so erniedrigt haben, dass er kein Selbstvertrauen mehr besaß.
„Ich kenne Éowyn ziemlich gut“, sagte Aragorn jetzt nachdenklich. „Ich glaube, Ihr schätzt sie völlig verkehrt ein. Ihr ist es wichtiger, dass ein Mann ein gutes Herz besitzt. Ruhmestaten zählen für sie nicht.“
Nicht mehr, ergänzte er im Stillen.
Faramir spielte nervös mit dem Pergamentpapier in seinen Händen herum. Es knisterte, als er es geistesabwesend zu falten versuchte.
Aragorn nahm es ihm ab.
„Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, Faramir“, sagte er ernst.

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