Arda Fanfiction

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Vom Leben im Norden - Die Heimkehr der Brandybocks

von Ethelfara Ceorlred

Die Ankunft der Helden

„So, ihr drei: kommt herein und setzt euch.“ Rorimac dirigierte Saradoc, Sithric und Gandalf in seinen persönlichen Salon und rückte die Sessel zurecht. „Ich freue mich, dich endlich wieder hier zu haben, Saradoc! Und euch beiden ein besonders herzliches Willkommen, Gandalf und Sithric! Für die Verfehlung meiner Wache vorhin am Tor kann ich mich nur entschuldigen: allerdings ist es heutzutage schwierig, an geeignete Leute zu kommen.“

„Das glaube ich gerne“ lachte Gandalf. „Ganz Bockenburg dürfte jetzt wach sein, glaube ich. Nur die Torwache würde noch schlafen, wenn ich nicht zu einem ganz besonderen Mittel gegriffen hätte. Saradoc, ich fürchte, deine Erfahrung ist hier gefragt. Der Heerführer der Westfold sollte wohl keine Schwierigkeiten haben, Wachen zu richtigen Wachen auszubilden.“

„In Rohan sicher nicht“ lachte Saradoc. „An der mitunter reichlich behäbigen Art deiner Schlosswachen bin ich schon vor Jahren schier verzweifelt, Vater. Ich glaube mitunter, der eine oder andere Kriegszug, den wir in der Westfold auszustehen hatten wäre vielleicht hilfreich gewesen.“

„Es könnte vielleicht eine Aufgabe für Sithric sein“ meinte Gandalf. „Soweit ich weiß hast du in der Westfold ebenfalls Krieger ausgebildet, oder liege ich falsch?“

„Nun ja…“ meinte Sithric zögernd, aber er wurde von Rorimac unterbrochen.

„Leute, der Reihe nach, für denjenigen, der nicht dabei war“ meinte der Herr vom Bockland. „Ich würde aber noch den Ersten Hauptmann der Grenzwache dazuholen, wenn es recht wäre. Gorbadoc wird begierig sein, von unseren Neuankömmlingen zu erfahren. Und mich interessiert es dazu, wieso der Erste Hauptmann noch nichts von dem Tumult vorhin weiß.“

Rorimac Brandybock ging aus dem Salon, und Saradoc und Sithric tauschten vielsagende Blicke. Gandalf musste sich beherrschen, nicht laut loszulachen – jedenfalls, solange Rorimac noch in Hörweite war.

„Wenn schon der Erste Hauptmann nichts mitbekommt, wie sollen es dann die Wachen?“ lachte der Zauberer dann laut auf. Es dauerte eine kleine Weile, bis er seine Heiterkeit überwunden hatte. „Aber du hast kein schlechtes Gewissen, Saradoc? Ich meine, dass du so lange fort warst und hier derweil alles drunter und drüber zu laufen scheint?“

„Keineswegs“ grinste Saradoc. „Nach diesem Orküberfall vor fast neun Jahren wurde ich vom Rat von Bockenburg mehr oder weniger aus dem Amt des Ersten Hauptmannes herausgeekelt. Jetzt, im Nachhinein betrachtet war das sogar gut so: ansonsten wäre ich wohl nie nach Rohan gekommen. Wer weiß, wie das alles da unten in der Westfold und der Königsstatt dann ausgegangen wäre?“

„Ohne Marschall Éomund? Und ohne Hauptmann Elfmar?“ Sithric blickte zu Gandalf. „Ihr wißt genau, was die beiden in der letzten Zeit so alles erreicht haben; für Rohan und für Mittelerde. Wären die beiden ohne die Führung meines Vaters überhaupt wieder nach Rohan gekommen? Und was wäre aus der Westfold geworden, ohne die Taten meines Vaters?“

„Und dann sprechen alle davon, dass es in den letzten Jahren hier oben wohl ziemlich ruhig gewesen ist. Wohl, weil die Räuber und Feinde wohl im Süden Beschäftigung hatten. Also, was hätte ich hier derweil so alles tun sollen? Nichts?“

„Es hätte sicher genug für einen Ersten Hauptmann zu tun gegeben, Saradoc. Es hat das. Aber du hast recht: was du in der Westfold und darüber hinaus bewegt hattest, das hat nicht nur mir so einige Sorgen genommen. Aber du wirst dir gleich vom Ersten Hauptmann der Grenzwache persönlich von den letzten sechs Jahren berichten lassen können, Heerführer der Westfold. Ich höre die beiden die Treppe herunterkommen, und einer der beiden spricht ziemlich laut.“

Nicht nur Saradoc konnte hören, wer sich reichlich laut über die nächtliche Ruhestörung beschwerte, und ob die Sache mit dem Besuch denn nicht bis morgen Zeit gehabt hätte. Die drei versuchten, ihr Grinsen zu unterdrücken, als sich die Tür wieder öffnete.

„So, mein lieber Gorbadoc, nun walte deines Amtes: hier sind drei hochgestellte Persönlichkeiten, die wünschen, sich für eine kleine Weile im Bockland aufhalten zu dürfen. Es sind der Heerführer der Westfold aus dem fernen Rohan, sein Begleiter, ein Hauptmann – und Gandalf, den du wohl noch kennen solltest.“ Rorimac musste sich selbst mühen, nicht laut loszulachen. Nicht nur, dass Gorbadoc den nächtlichen Trubel unten am Schlossplatz verschlafen hatte, er war auch reichlich unsanft vom Herrn des Bocklands geweckt und an seine Pflichten erinnert worden.

„Aber Gandalf kann doch jederzeit ins Bockland einreisen, Rorimac, und was die beiden anderen angeht – wenn Gandalf für sie bürgt, wo ist dann das Problem? Deswegen weckst du mich? Wer sollen denn diese beiden Herren sein, dass sie so…“

Weiter kam Gorbadoc nicht. Saradoc erhob sich aus seinem Sessel und trat vor seinen Großvater. „Ich, Hauptmann und Heerführer Saradoc Fastred-Brandybock bitte um die Erlaubnis des Aufenthalts für mich und meinen Sohn, Hauptmann Sithric Fastred-Brandybock. Ich ersuchte die diensthabende Grenzwache um eben jene Erlaubnis und wurde an Euch verwiesen.“

„Das gibt es doch nicht! Saradoc Brandybock, gerüstet und gekleidet wie ein Edler aus einem fernen Reich! Und dein Begleiter ist – dein Sohn?“

„Mein angenommener Sohn. Sithric ist mehr als nur ein bewährter Kampfgefährte. Er hatte in den Kriegen in der Westfold seine Familie verloren, und ich habe ihn gemäß den Gebräuchen in Rohan als meinen Sohn angenommen. Du brauchst dich übrigens nicht vor dem Papierkram zu fürchten: der ist in Rohan auch nicht anders als bei uns.“ Saradoc deutete auf die prall gefüllte Mappe, die auf Rorimacs Schreibtisch lag. „Darin sind die nötigen Dokumente enthalten, zweisprachig auf Rohirrisch und in unserer Allgemeinen Sprache ausgeführt.“

„Dein angenommener Sohn. Gut, gut. Und wie ich sehe, beide sind erfahrene Krieger, sogar Hauptleute, und sicher habt ihr in den letzten sechs Jahren mehr Kämpfe und Schlachten zu bestehen gehabt als das gesamte Auenland Zeit seines Bestehens überstehen musste. Seid mir auf das Herzlichste willkommen, ihr beiden! Und nein, kein Brandybock wird jemals im Bockland um die Erlaubnis für den Aufenthalt ersuchen müssen! Soweit kommt es wohl noch! Ich glaube, da werde ich wohl am Bocklandtor und amHeutor mal wieder eine Inspektion durchführen müssen.“

„Wie ich sehe, ist alles geklärt, Gorbadoc?“ Rorimac deutete auf einen Sessel, den er ans Kaminfeuer gerückt hatte. „Nun, nimm Platz. Nicht nur ich bin gespannt darauf, wie es dir in den letzten sechs Jahren so ergangen ist, Saradoc. Ich will vor allem wissen, wie ich zu der zweifellos seltenen Ehre komme, zum Großvater eines stattlichen Kriegers aus Rohan geworden zu sein. Und es gibt noch so einiges dazu. Am besten fängst du mit deinem Bericht da an, wo wir beide uns zum letzten Mal gesehen haben: an der Westpforte unten beim Brandyweinpfad. Und verzweifelt nicht: in der Küche sind die Braten so gut wie fertig; wir alle werden uns ausreichend stärken können.“

Saradoc nickte. „Wie du weißt, trennten wir uns eines Vorfrühlingsabends vor fast sieben Jahren, und wir, also Éomund, Elfmar und ich setzten noch in derselben Stunde über den Brandywein. Dann wandten wir uns südwärts, nichts Besonderes, sollte man meinen. Jedenfalls, bis wir in Weidegrund ankamen und unseren ersten Ärger mit den Grimmhands hatten. Gorbadoc, du kennst diesen Vorfall. Es war unser erster Ärger mit den Grimmhands, aber beileibe nicht unser letzter. Jedenfalls begaben wir uns nachher wieder auf den Weg, und in Langgrund konnten wir uns noch einmal mit allen Vorräten eindecken, die wir für die lange Wanderung benötigen würden.“

„Ich hörte, die Herren Éomund und Elfmar hätten beinahe die kompletten Vorräte an Pfeifenkraut leergekauft?“ lachte Rorimac.

„Beinahe“ grinste Saradoc. „Aber wir hatten eine lange Wanderung vor uns, und wir würden uns lange durch die hauslose Wildnis durchschlagen müssen. Wir durchquerten die Sarnfurt, meldeten uns bei der dortigen Wache ab, und dann hatte uns die Wildnis wieder. Wir waren in Weidegrund ja auf Lothrandir getroffen, und der führte uns abseits der alten Straße auf direktem Wege Richtung Tharbad. Wir konnten so einiges an Zeit und sicher auch an Ärger ersparen. Aber es war eine eintönige Zeit in den baumlosen, entvölkerten Landen.

Wir erreichten Tharbad, wo wir auf ein Lager der Waldläufer stießen: das südlichste, das sie zu der Zeit hatten. Tharbad selbst ist ein Trümmerfeld und keine Stadt mehr, vollkommen entvölkert, aber nicht leer. Dunländische Späher treiben sich dort mitunter herum, und keiner weiß genau, mit wem sie im Moment verbündet sind und wen sie zum Feind haben. Allerdings war alles frei, und wir brachen auf. Wir durchquerten die Grauflut auf einer Furt, und dann betraten wir das Dunland. Ein feindliches Land mit einer feindseligen Bevölkerung, und ich hatte alle Mühe, unsere Wanderung geheimzuhalten. Éomund und Elfmar sind nicht gerade die geborenen Waldläufer, aber die beiden haben sich wacker gehalten, und es war einige Male knapp. Aber wir konnten eine sehr beunruhigende Sache ausmachen: die Grimmhands schienen sich den Dunländern angedient zu haben, und sie waren dabei, Bergwerke im Nebelgebirge einzurichten.“

„Also, das ist jetzt eine echte Neuigkeit!“ rief Gorbadoc. „Diese Grimmhands haben sich den Feinden angedient? Gut zu wissen, sollte sich von denen jemals wieder einer hier blicken lassen! Wir haben zwar seit Jahren keine Grimmhands mehr am Heutor oder der Fähre gehabt, und die ehrbaren Zwerge von Durins Volk verabscheuen sie. Aber wer weiß, vielleicht wagen sich wieder welche hierher? Ich werde morgen sofort eine Weisung an die Grenzer herausgeben!“

„Das mit den Bergwerken würde sich später nicht als unser einziges Problem mit diesen Verrätern herausstellen, Gorbadoc. Aber der Reihe nach. Als nächstes beobachteten wir einen Aufmarsch bewaffneter Dunländer, und wir befürchteten schon, von ihnen entdeckt worden zu sein. Ich gebot Éomund und Elfmar, absolut still zu sein: wir hatten uns in einem kleinen Wäldchen am Rand des Gebirges in Deckung begeben und ich wollte erst einmal dort bleiben. Das war unser größtes Glück: der Aufmarsch galt nämlich nicht uns. Einige Hornstöße später sahen wir es: ein riesiges Orkheer, das sich vom Gebirge herabwälzte. Sie machten alle nieder, die sich ihnen in den Weg stellten, aber uns in unserem Wäldchen bemerkten sie nicht. Sie machten die Dunländer nieder oder nahmen sie gefangen und verschleppten sie.

Als die Luft wieder rein war machten wir drei, dass wir davonkamen. Wir gingen nicht weit: aus einem brennenden Gehöft hörten wir Schreie, und wir drangen dort ein. Ein Ork versuchte sich an einer Dunländerin zu vergehen. Ich erschlug den Ork, und diese Dunländerin überließ mir dafür, quasi zum Dank ihren Sklaven. Dann machte sie sich davon. Der Sklave war aus der Westfold, und wir nahmen ihn mit. Und so kam es, dass wir zu viert unsere Wanderung fortsetzten.

An der Pforte von Rohan angekommen, sahen wir eines: dass wir nicht so ohne Weiteres weiterkommen würden. Vor uns war ein riesiges Lager der Dunländer, und auf der anderen Seite des Grenzflusses war ein Kriegslager der Rohirrim. Das war bitter für die drei Rohirrim: fast zuhause, und die Heimat schien dennoch unerreichbar fern. Aber wir sagen doch immer, dass das Glück mit den Tüchtigen ist, oder? Jedenfalls zogen die meisten Dunländer ab – wahrscheinlich wegen des Orkangriffs. Und wir sahen, dass die Rohirrim jetzt in der Überzahl waren. Sie wußten es nur noch nicht. Aber Cédric, Elfmar und Éomund wateten durch den tiefen Grenzfluss, und sie gaben ihren Kriegern Bescheid.“

„War es nicht so, dass die Dunländer Prinz Théoden gefangen hatten, Saradoc? Und der Prinz wird ja immer noch nicht müde, von deinen Taten bei seiner Befreiung zu berichten.“

„Das stimmt, Gandalf. Die Dunländer hatten den Prinzen an einen Pfahl gefesselt, in Sichtweite des rohirrischen Lagers. Und sie folterten ihn. Aber sie waren nur noch wenige.“ Saradoc lachte. „Es waren genau vier Wächter, die es auszuschalten galt. Für einen Jäger und Bogenschützen keine große Herausforderung. Einer nach dem anderen fiel, ich eilte zum Pfahl und schnitt Théoden los. Dann zog ich ihn mit mir mit, steckte einen Heuhaufen in Brand und wir versteckten uns im Buschland nahebei. Bald brannte das Lager lichterloh, und Éomund hatte Erfolg gehabt: die Rohirrim griffen an, sobald sie das Feuer sahen. Die Feinde waren rasch besiegt, der Prinz gab sich zu erkennen und ich wurde von den Kriegern bestaunt. Aber es waren Krieger aus der Königsstatt, die mit uns Hobbits wohl noch nicht viel zu tun hatten. Als wir im Lager ankamen wurde ich vom Greven der Westfold mit einem sehr wissenden Blick begrüßt: er hat ja Isengar in seinen Diensten. Alles weitere ging dann schnell: Éomund und Théoden ritten nach Edoras zum König von Rohan, und ich wurde von Greve Herebrand nach Helms Klamm mitgenommen, und Elfmar kam ebenfalls mit uns. Ich hatte meine Aufgabe erfüllt, deretwegen ich ausgesandt worden war, aber der Rückweg war versperrt.“

„Ich stelle mir das schlimm vor: nach getaner Arbeit sitzt du in einem fremden Land fest, ohne Aussicht, wann du wieder heimreisen kannst – oder ob überhaupt“ erwiderte Rorimac schaudernd. „Ich weiß nicht, ob Isengar da für dich ein Trost gewesen ist.“

„Oh, für mich war es alles andere als verzweifelt, Vater. Ich wurde von Greve Herebrand mit offenen Armen empfangen, und Elfmar wurde bei seiner Heimkehr wie ein Held gefeiert. Aber ich sah, dass es der Westmark an Kriegern fehlte, und ich entschloss mich, meine Dienste dem Greven zur Verfügung zu stellen. Ich konnte ohnehin so schnell nicht mehr in den Norden zurück, also beschloss ich, mich in der Westfold nützlich zu machen. Herebrand nahm meine Dienste gerne an; er meinte, dass viele gute Hauptleute gefallen wären, und ihr Verlust wöge noch schmerzlicher. Ich schwor ihm meinen Diensteid, der so lange gelten solle, bis ich gefahrlos wieder nach Hause könnte. Aber er gilt jetzt noch immer, und ich und Sithric sind auf Dauerurlaub. Davon werde ich allerdings später berichten. Ich bekam Waffen und Rüstung, und ich wurde zum berittenen Krieger ausgebildet. Und alles musste schnell gehen.“

„Das sehe ich“ sagte Gorbadoc. „Sie hatten keine Zeit, dir ein ordentliches Reitpony zu besorgen, deswegen reitest du ein großes Pferd?“

„Die Zeit dafür hätten sie sehr wohl gehabt. Aber berittene Krieger müssen rasch angreifen und sich rasch zurückziehen, und die Schnellen können nicht auf die Langsamen warten. Ich wählte daher aus freien Stücken ein Pferd als Reittier, und es war eine gute Wahl. So bin ich jetzt schneller als die meisten Menschen zu Pferd, weil ich leichter bin. Ein Vorteil, den die Feinde mehr als einmal unterschätzten. Und mehr als einmal war es ihr Verhängnis. Ich für meinen Teil möchte nicht mehr auf einem Pony reiten. Und selbst Isengar reitet ein Pferd. Übrigens ist auch Isengar ein Hauptmann, möchte ich erwähnen. Hauptmann der Torwache von Helms Klamm und in der Burg der Stellvertreter des Greven.“

„Da hat er es weit gebracht. Weiter, als er es im Tukland jemals hätte bringen können.“

„So ist es, Vater. Rasch musste ich mich dann im Kampf gegen Orks und Dunländer bewähren, und rasch wurde ich der Anführer eines Trupps. Über die einzelnen Taten möchte ich jetzt noch nicht berichten: der Abend schreitet fort und wir sind weit geritten. Jedenfalls wurde mir ein ganz spezieller Krieger zugeteilt: Sithric, gerade fertig ausgebildet, alleine auf der Welt und zu allem bereit. Wir beide haben mehr als nur einmal ein Orklager aufgemischt. Und glaubt mir eines: Orks können sehr dämlich sein, wenn man sie auf dem falschen Fuß erwischt. Irgendwann waren die Feinde derart geschwächt, dass sie alles auf eine Karte zu setzen schienen: sie griffen mit größeren Trupps an. Und jetzt haltet euch fest: angeführt wurden sie von Grimmhandzwergen!“

„Das ist nicht wahr, Saradoc!“ Gorbadoc rutschte unruhig hin und her. „Genau diese Grimmhands, die du in Weidegrund festgesetzt hattest? Die haben sich jetzt diesen Orks angedient?“

„Genau die. Ich weiß nicht, wieso, aber die gesamte Familie der Grimmhands muss bei König Dáin Eisenfuß in Ungnade gefallen sein, und er lässt sie wie Verbrecher jagen und festsetzen. Es gab also weit mehr als die paar, die in Weidegrund unsere Kerker kennengelernt haben, und sie waren vor allem Anführer und Offiziere der feindlichen Heere. Wir haben etliche erschlagen und einige gefangen genommen. Und aus den Verhören wurden wir nicht so wirklich schlau: sie behaupteten, unter dem Kommando eines gewissen Sharkû zu stehen.“

„Sharkû!“ riefen Rorimac und Gorbadoc im Chor. „Dieser Räuberhauptmann, der uns die Orks auf den Hals gehetzt hatte, damals, als Éomund und Elfmar hier waren? Der ist – oder war der Anführer dieser Grimmhandsippschaft?“

„Oder er ist ein Feind, oder ein Weiser, oder ein Weiser des Feindes“ sagte Gandalf ruhig. „Selbst jetzt wissen wir das noch nicht. Aber Saradoc tat mehr, als nur zusammen mit Sithric Orks zu ärgern. Er konnte in der Westfold noch ein letztes Heer zusammenstellen; es war wirklich das allerletzte Aufgebot, das die Westfold noch zu bieten hatte. Und mit eben jenem letzten Aufgebot hatte er die Orks aus dem Weißen Gebirge gejagt, die Königsstatt befriedet und eben diese Feinde weit in den Osten getrieben. Er hat sie in den Anduin getrieben, und in diesem Fluss sind sie alle ertrunken. Aber ihren Anführer konnte er festsetzen: Skorgrím Grimmhand!“

„Genau“ ergänzte Saradoc. „Eben jenen Skorgrím, den wir in Langgrund schon festgesetzt hatten. Mich interessiert schon, wie er freikam. Immerhin war er der Heerführer unserer Feinde, offenbar von Sharkû selbst eingesetzt. Und bei unseren Verhören hat er stets beharrlich geschwiegen und keine unserer Fragen beantwortet.“

„Skorgrím Grimmhand wurde von uns an eine Delegation Zwerge vom Königreich Unter dem Berg übergeben“ erwiderte Gorbadoc. „Wir vertrauten ihnen: Glóin führte sie an, und sie waren ins Auenland gekommen, um Herrn Bilbo Beutlin zu besuchen. Auf ihrem Rückweg hatten sie den Gefangenen dann von uns übergeben bekommen, und sie setzten ihre Reise gen Osten fort. Soweit wir wissen sind sie unbeschadet und vollzählig im Erebor angekommen. Was dort dann nachher vorgefallen ist kann ich dir nicht sagen, Saradoc.“

„Dann werde ich diese Frage bei Gelegenheit den Zwergen vom Erebor stellen“ sagte Saradoc. „Nun gut, die Feinde waren vernichtet. Wir begaben uns wieder in die Westfold, nur um dort von Bergwerken im südlichen Nebelgebirge zu erfahren, in denen Rohirrim als Sklaven gehalten wurden. Greve Herebrand machte aus mir einen Hauptmann, und wir waren wieder unterwegs. Es gelang uns, ein Bergwerk nach dem anderen unter unsere Kontrolle zu bringen, und wir konnten so einige Grimmhands erschlagen oder festsetzen. Die Sklaven konnten wir befreien, und unter ihnen waren viele Dunländer. Wir entschieden uns, sie als ein Zeichen des guten Willens nach Hause gehen zu lassen: die Dunländer bekommen so Märchen erzählt wie das, das die Rohirrim ihre Kinder verspeisen würden und so einen Unsinn. König Thengel wollte ihnen zeigen, dass das nicht so ist. Bislang scheint es genutzt zu haben: seitdem gibt es in Rohan vor allem Probleme mit Orks.“

„Ich muss aber eines hinzufügen, meine Herren: mein Vater hat in diesen Tagen viele Familien in Rohan glücklich gemacht. Niemand rechnete ernsthaft damit, die verschollenen Familienangehörigen jemals wiederzusehen – und dann bringt dieser siegreiche Heerführer sie alle sicher nach Hause. Seit diesen Tagen wird mein Vater in der Westfold Saradoc Glücksbringer genannt, denn genau das hat er für viele von uns getan.“

„Das mag sein, Sithric. Aber wir hatten dann noch einen letzten Kampf auszufechten: auch Sharkû hatte sein letztes Aufgebot zusammengetrommelt, und in Holzmühle kam es zum Kampf. Ich wurde verwundet, und die Feinde wurden dann vor Marton gestellt. Dort hatten sie sich eingegraben. Ich war nach Helms Klamm gebracht worden, und meine Wunden wurden kuriert. Aber die Lage bei Marton besserte sich nicht, und wir brachen zu einem letzten Kriegszug auf. An sich keine Herausforderung für ausgeruhte Krieger, aber die Truppen des Greve waren müde. Wir konnten die Sache dann aber schnell für uns entscheiden. Und danach hatten wir Frieden, und trotzdem konnte ich noch nicht nach Hause. Noch immer waren die Lande zu unsicher. Es dauerte Jahre, bis Zwerge vom Erebor nach Rohan kamen, um die Herausgabe der Grimmhands zu fordern. Mein König gewährte sie gerne, und ihre Überführung in den Norden gab mir und Sithric die Gelegenheit, in den Norden zu kommen. Der Heimweg vom Erebor hierher war dann ein Kinderspiel, verglichen mit den vorhergehenden Gefahren.“

„Und hier seid ihr drei jetzt: im Brandyschloss, wo auf jeden jetzt ein warmer Nachtimbiß und anschließend ein warmes Federbett wartet. Ich sehe, es gab triftige Gründe, die dich im Süden gehalten haben, mein Sohn. Hauptmann und Heerführer der Westfold, also ein kriegserfahrener Anführer. Die Dùnedain sprechen schon seit langem davon, dass ihnen ein solcher fehlt, Saradoc. Und jetzt haben wir mit dir und deinem Sohn gleich zwei Hauptleute. Es wird also immer besser, glaube ich. Nur bei diesen Grimmhands habe ich ein schlechtes Gefühl, fragt mich nicht, warum. Es liegt sicher daran, dass sie schon einmal aus dem Erebor entkommen sind. Und wenn noch immer keiner weiß, wie sie das taten, warum sollen sie sich nicht schon längst wieder auf freiem Fuß befinden? Gorbadoc, weise die Wachen an, keinen Grimmhand mehr ins Land zu lassen. Dasselbe sollte der Thain ebenfalls wissen. Wir brauchen einen zuverlässigen Boten.“

„Ich werde reiten, Vater. Wenn es sein muss, dann gleich morgen früh. Sithric soll mich begleiten: ich möchte ihn dem Thain vorstellen.“

„Gut. Ich werde einen Brief an den Thain aufsetzen.“ Rorimac blickte zu Gandalf. „Wie siehst du das? Wie rasch werden die Grimmhands uns gefährlich werden können? Sie werden auf Rache gegen denjenigen sinnen, der sie niedergeworfen und ihre Träume von einer Herrschaft im Dunland zerstört hatte.“

„Sie könnten schon längst entkommen sein“ erwiderte der Zauberer. „Aber wenn, dann nur in aller Heimlichkeit, und wir sind rasch geritten, um das Gebirge noch vor dem ersten Schnee zu überqueren. Sie werden das erst nach der Schneeschmelze schaffen, also erst im nächsten Frühling. Wenn sie denn entkommen können: vor sechs Jahren waren es kleine Kriminelle, keine Verräter. Aber ich werde den Erebor im Auge behalten. Saradoc, Sithric: ihr beiden solltet die nötige Vorsicht walten lassen. Ich werde zwei Hauptleuten sicher nicht sagen müssen, was sie zu tun haben, aber tut das möglichst unauffällig. Ihr seid nicht mehr in der Westfold, und ich werde dir nicht sagen müssen, dass sich Krieger unauffällig fortbewegen sollten, Saradoc.“

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