Arda Fanfiction

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Der Fluch des Palantírs

von Celebne

In der Taverne

Der kleine Nirgon kam aufgeregt in den "Weißen Adler" gelaufen.
"Turnamarth, Turnamarth!" rief er aufgeregt und wedelte mit seinen dünnen Ärmchen.
Die hübsche, rotwangige Schankmaid, die hinter dem Tresen stand, wandte sich neugierig dem Jungen zu.
"Was gibt es, Nirgon?"
"Ich glaube, die beiden jungen Lords kommen jetzt hierher," sagte der Kleine außer Atem.
"Das ist aber eine gute Neuigkeit," meinte Turnamarth lächelnd und schenkte Nirgon einen Apfel.
Dann lief sie schnell hinaus in den angrenzenden Vorratsraum, wo ein kleiner Spiegel hing. Sie öffnete verstohlen noch einen weiteren Knopf ihres eh schon weitausgeschnittenen Kleides und legte sich ein wenig rote Farbe auf Lippen und Wangen auf.
"Faramir, bald bist du mein," murmelte sie siegesgewiß vor sich hin.

§

Sie kam gerade rechtzeitig wieder in die Schankstube zurück, um die Brüder hereinkommen zu sehen. Als sie Faramir sah, leckte sie sich wollüstig über die Lippen. Sie sah sein schönes Gesicht, die weichen, schwarzen Haare, die sinnlichen Lippen und seine breiten Schultern. Alles würde sie geben, um nur eine Nacht mit ihm zu verbringen. Ihr Blick fiel auf Boromir, mit dem sie schon so manche Liebesnacht genossen hatte: er war ein stürmischer Liebhaber, der schier unersättlich schien. Doch auch Turnamarth war unersättlich und sie zwinkerte dem Älteren der beiden Truchseß-Söhne kokett zu. Boromir grinste breit und warf ihr eine Kusshand zu. Sein Bruder jedoch blieb reserviert und lächelte nur kurz aus Höflichkeit. Die Brüder setzten sich an einen kleinen Tisch in der Ecke. Sofort kam Turnamarth um den Tresen herum und stolzierte auf die Beiden zu. Die Hände keck in die Hüften gestemmt. Sie beugte sich über den Tisch, so dass beide Männer tief in ihren Ausschnitt blicken konnten. Faramir errötete sofort und schlug die Augen nieder. Warum merkte diese Frau nicht, wie billig sie  war?

"Was bekommen die beiden Herren?" fragte sie mit ihrer tiefen, lasziven Stimme.
"Wie immer,"  grinste Boromir. "Du weißt schon, was."
"Bier, natürlich," ergänzte sie ebenfalls grinsend und zwinkerte Faramir zu.
Dieser jedoch blickte ungehalten zur Seite. Das anbiedernde Verhalten dieser Frau widerte ihn immer mehr an.
Turnamarth schlenderte wieder zurück zum Schanktisch. Faramir atmete sichtlich auf.
"Na, wie findest du sie?" fragte Boromir grinsend.
"Sie ist ein unmögliches Frauenzimmer!" zischte sein Bruder entsetzt zurück.
"Aber im Bett ist sie wirklich gut," bemerkte Boromir fast beiläufig und lehnte sich lässig auf seinem Stuhl zurück.
"Du bist unmöglich!" sagte der Jüngere und schüttelte entsetzt den Kopf. "Wie kannst du mit einer Frau das Bett teilen, die du gar nicht liebst?"
"Hast du denn nie Bedürfnisse, Kleiner?" fragte der Ältere neugierig.
Bevor Faramir etwas antworten konnte, kam Turnamarth mit den Bierkrügen zurück. Wie selbstverständlich nahm sie neben dem jüngeren Mann Platz.
"Entschuldigung, Mylady, aber ich habe Euch nicht gebeten, mir Gesellschaft zu leisten," sagte Faramir höflich.
Boromir verdrehte genervt die Augen und trank von seinem Bier. Turnamarth erhob sich unwillig.
"Ist ja schon gut," brummelte sie beleidigt. "Dann eben nicht!"
Sie warf ihre schwarze Mähne in den Nacken und trippelte zurück zum Tresen.
"Das war jetzt aber unhöflich von dir," spottete Boromir.
"Wenn hier jemand unhöflich war, dann sie," entgegnete Faramir gelassen.
Er trank sein Bier schnell leer, zahlte und beeilte sich dann, die Taverne zu verlassen. Er wollte seinen verletzten Gefährten Mablung besuchen und nicht länger Zeit mit einer ordinären Dirne verschwenden. Von Boromir war er ein wenig enttäuscht in dieser Hinsicht. Offensichtlich war er nicht auf die Ehre einer Dame bedacht.


*

Die alte Ioreth begrüßte Faramir sehr freundlich. Sie mochte den jungen Herrn sehr gerne. Er hatte stets ein nettes Wort für sie übrig und würdigte auch ihre Arbeit, die sie in den Häusern der Heilung mit ihren Helferinnen leistete. Das hatte noch nie jemand aus der Truchseß-Familie vorher getan. An diesem Tag wirkte der junge Mann sehr besorgt und Ioreth wusste, warum.
"Ihr kommt sicher wegen Mablung, Lord Faramir," sagte sie gleich und führte ihn in das Gemach, in welchem sich der verwundete Waldläufer befand.
Mablung lag bleich und schwach in den Kissen. Sein langes, dunkles Haar war feucht vom Fieber, das ihn schüttelte.
"Ich fürchte, der Pfeil, welcher ihn getroffen hat, war vergiftet," sagte Faramir besorgt zu Ioreth.
Er setzte sich an Mablungs Lager nieder und ergriff seine Hand.
"Wir haben ihm ein Gegengift verabreicht," berichtete die alte Heilerin. "Ich hoffe, es war rechtzeitig."
Der junge Mann sah die trockenen, aufgesprungenen Lippen seines Gefährten. Er ließ sich von Ioreth ein kleines Gefäß mit Wasser bringen. Es war offensichtlich, dass Mablung großen Durst litt. Er benetzte die Lippen des Waldläufers mit ein paar Tropfen Wasser. Sofort bewegte Mablung seinen Mund und Faramir flößte ihm vorsichtig die Flüssigkeit ein. Trotz seiner Bewusstlosigkeit nahm der Waldläufer das Wasser in sich auf und schluckte es. Faramir lächelte erleichtert. Er wusste aus Erfahrung, dass man bei Fieber viel trinken musste.
"Geht, Lord Faramir," sagte Ioreth leise. "Ich werde mich weiter um Eueren Kameraden kümmern. Ihr habt mein Wort."
"Danke, Frau Ioreth," erwiderte Faramir freundlich. "Wenn es Euch nicht gäbe, dann wären  viele meiner Männer nicht mehr am Leben."
"Ihr übertreibt, Mylord," sagte die alte Frau verlegen.
Faramir verabschiedete sich und verließ die Häuser der Heilung. Sein Weg führte wieder hinauf in den siebten Festungsring zum Haus der Truchsessen.

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