Arda Fanfiction

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Der Greve von Grimslade

von Ethelfara Ceorlred

Große Veränderungen

Zwei Tage später meldeten die Wächter Reiter, die sich rasch Grimslade näherten. Roderic eilte in die Methalle. Kaum hatte er auf dem Sitz Platz genommen, da wurde auch schon die Tür aufgestoßen, und zwei hochgewachsene Männer eilten in die Halle.

„Roderic Céorlred, was hast du dir dabei gedacht? Meine Verwalter in den Kerker werfen und alles hier in Grimslade über den Haufen werfen?“

„Mein König?“

„Ich bin noch nie mit so einem Überschwang hier in Grimslade begrüßt worden wie heute! Die Menschen hier sind ja wie ausgewechselt! Was im Namen aller guten Dinge dieser Welt hast du mit ihnen gemacht?“

„Mein Herr“ sagte Roderic und erhob sich. „Als ich hier ankam sah ich, dass einiges im Argen lag. Also mußte ich handeln, und zwar jetzt oder nie.“ Er trat vor König Éomer und kniete nieder. „Westu Éomer hál!“

„Westu Céorlred hál! Erhebe dich! Und jetzt berichtest du mir von allem, was hier vorgefallen ist. Ich höre von Léofward, dass Menschen unschuldig im Kerker gefangengehalten worden sind?“

„Ja, von eben jenen Verwaltern, die jetzt ihrerseits die von ihnen eingeführte Vorzugsbehandlung in genau diesem ehemaligen Weinkeller genießen.“ Dann berichtete Roderic von seinem denkwürdigen ersten Tag in Grimslade. König Éomer ballte die Fäuste, als er dem Bericht zuhörte.

„Und das alles haben diese Verwalter in meinem Namen angerichtet. Kein Wunder, dass aus Grimslade vor allem Ungehorsam und böse Worte kamen. Nun, ich sehe, dass ich meine neueste Wahl nicht bereuen muss. Ich werde aber dennoch hier Gericht halten müssen. Zum einen, um mögliche Vorwürfe dir gegenüber zu entkräften. Zum anderen, um mit gewissen Leuten aufzuräumen. In meinem Namen so gewütet zu haben ist sehr wohl Verrat, da hast du richtig gehandelt. Léofward, du übernimmst in Céorlreds Abwesenheit hier die Führung! Céorlred, du wirst mich durch Grimslade begleiten und mir erklären, wie du hier was ändern willst.“

Roderic nickte, und die beiden gingen zur Tür hinaus. Der Rundgang durch Grimslade dauerte länger als Éomer zunächst gedacht hatte, aber Roderic zeigte ihm alles, was seiner Meinung nach im Ort und auf den Gütern im Argen lag. Der König wurde immer ungehaltener.

„Die wenigen Feldfrüchte, die überhaupt noch erntereif sind verrotten auf den Feldern, weil die Bauern, die sie ernten sollten im Kerker schmoren. Und wieso sehen sie Felder überhaupt so ärmlich aus? Soweit ich weiß hatten sie hier in den letzten Jahren keine Dürre.“

„Die Böden sind ausgelaugt“ erklärte Roderic. „Es wurde in den letzten Jahren immer mehr Getreide auf den immer gleichen Feldern gezogen. Natürlich wurden die Ernten mit der Zeit schlechter, das ist ja wohl auch kein Wunder. Die Bauern haben das auch erkannt und den Verwaltern gemeldet. Und was war die Belohnung dafür? Der Kerker! Und für die, die noch nicht darinnen waren, gab es immer mehr Arbeit und immer mehr Schläge. Ganz so, als ob das die schlechten Ernten ausgleichen könnte. Aber die Böden wurden durch die Prügel der Verwalter nicht wieder besser.“

„Das sehe ich“ knurrte Éomer. „Und jetzt haben wir ein Problem, das mit einer Verurteilung der Verwalter als Verräter auch nicht gelöst wird. Das, was in Grimslade derzeit geerntet wird reicht ja noch nicht einmal zur Versorgung der eigenen Bevölkerung hier. Und diese Gegend hier war einmal Rohans Kornkammer.“

„Das kann sie auch wieder werden. Nur wird das nicht von heute auf morgen klappen, mein Herr. Wir werden Geduld brauchen. Die Böden brauchen mindestens ein Jahr Erholung, eher zwei. Ich schlage vor, wir bitten Herrn Holdwine um Hilfe aus dem Auenland. Zum einen können wir Lebensmittel von dort gut gebrauchen, und zum anderen gibt es dort Saatgut, das mit mageren Böden ganz gut zurechtkommt. Und wenn wir Leute zum Lernen zu ihm schicken könnten wäre das wirklich prima. Ich bin zwar ein Hobbit, aber doch eher Krieger als Bauer oder Gutsverwalter. Andere können das viel besser als ich.“

„Und doch hast du im Gegensatz zu deinen Vorgängern Lösungen für die Probleme hier. Nein, mein lieber Céorlred, ich brauche dich hier. Und ich werde den Herrn des Bocklands und natürlich Herrn Meriadoc Holdwine um Hilfe bitten, und das bald. Du listest mir auf, was du alles brauchst. Ich will alles daransetzen dass du das dann auch alsbald bekommst.“

Die beiden setzten ihren Rundgang fort, und Éomers Stimmung hatte sich bei ihrer Rückkehr in die Methalle nicht gerade gebessert. Er ließ die gefangenen Verwalter vorführen und zu den Vorwürfen ihnen gegenüber befragen. Dass sie sich keiner Schuld bewußt zu sein schienen brachte den König vollends in Rage.

„Meine Herren, die Felder hier sehen schlimmer aus als zu den übelsten Kriegszeiten! Die Menschen hier müssen in halb verfallenen Häusern leben! Und wer auf die Mißstände hier hingewiesen hatte wurde in den Kerker geworfen! Habe ich es hier mit Rohirrim zu tun oder mit Schergen Sarumans? Ich könnte meinen, Ihr seid letzteres!“

„Herr, die Bauern hier sind elende Sturköpfe, die alles besser wissen und sich vor allem in Ungehorsam üben! Lasst Euch von ihnen nicht aufwiegeln, und von diesem holbytla auch nicht! Bauern müssen mit hater Hand geführt werden oder Ihr führt die gar nicht!“

„Ich habe mit eigenen Augen gesehen was ich Euch vorwerfe“ erwiderte Éomer ruhig. „Was glaubt Ihr? Dass Euer König wirklich so leichtgläubig ist? Ich habe sowohl reiche Lande in den Norhofen, dem Wold und am Entwasser als auch in vielen Provinzen in Gondor besucht und weiß durchaus, wie guter Landbau auszusehen hat. Das, was Ihr hier angerichtet hattet gehört mit Sicherheit nicht dazu. Den Verfall hier kann ich nut mit einem Wort umschreiben: Verrat. Verrat an dem, was ich Euch als Euer König zur Verwaltung anvertraut habe. Und um das und nichts anderes geht es mir hier. Aus diesem Grund sitzt Ihr jetzt im Kerker. Und es braucht mehr als nur einen guten Grund für Euer Tun, wenn Ihr nicht am Galgen enden wollt.“

„Herr, ich glaube ja vor allem, diese Herrschaften waren vor allem mit der Aufgabe überfordert. Dann kommt auch noch Überheblichkeit gegenüber der Landbevölkerung dazu. Das soll keine Entschuldigung für ihr Tun sein, sicher nicht, eher ein Versuch einer Erklärung.“

„Wohl gesprochen, Céorlred, und der erste Versuch einer Erklärung und einer Verteidigung. Und den ausgerechnet von dir.“ Éomer lächelte. „Und dir werfen gewisse Leute hier im Saal vor, du würdest gegen sie intrigieren. Na ja. Ich muss jetzt trotzdem zu einer Entscheidung kommen. Sowohl was Grimslade und seine Güter betrifft als auch was die ehemaligen Verwalter angeht. Das ist keine leichte Entscheidung, und ich werde mich für eine kleine Weile zurückziehen. Wachen, bringt die Gefangenen zurück in den Kerker! Céorlred, du begibst dich unter Bewachung in dein Gemach und wartest dort. Alle anderen bleiben hier!“

Roderic wurde in sein Gemach gebracht und die Tür verschlossen. Draußen ebbten die Gespräche allmählich ab, irgendwas geschah. So sehr der Hobbit sich auch anstrengte, er bekam nicht mit, was da draußen passierte. Und wieso hatte sein König ihn mehr oder weniger einsperren lassen?

In der Zwischenzeit hatte Éomer die Bauern von Grimslade aus der Methalle herausbringen lassen und befragte sie draußen zu den Ereignissen der letzten Tage. Immerhin hatten die abgesetzten Verwalter von Roderic als einem Verräter gesprochen.

„Das ist er sicher nicht, Herr. Er ist der Erste seit Jahren, der uns tatsächlich zuhört und unsere Bedenken ernst nimmt. Céorlred will etwas verbessern, glaube ich.“

„Das stimmt, Herr“ warf ein anderer ein. „Er mag ja vom Landbau vielleicht tatsächlich so wenig Ahnung haben wie er angibt, aber er ist der erste, der uns überhaupt um Rat gefragt hat. Und heißt es nicht, dass holbytla es sogar in der Wüste grünen lassen können?“

„Bedenkt, was er schon alles für Rohan getan hat. Die zweifache Gefangennahme dieses Brenin. Die Niederwerfung der Corsaren vor Dol Amroth. Der große Feldzug nach Khand. Sieht so etwa ein Verräter aus?“

„Er ist der erste, der die Verwalter zur Rede gestellt hatte. Er hatte ihnen jede Gelegenheit gelassen, ihr Tun zu erläutern. Und was war die Antwort? Hohn und Spott seitens dieser Verwalter, die ihrerseits doch keine einzige Verbesserung hier in Grimslade hinbekommen hatten.“

„Wenn Céorlred wirklich mit Herrn Saradoc Fastred verwandt ist, so wie hier das Gerücht geht, wieso soll es uns ausgerechnet mit ihm dann noch schlechter gehen? Herr Saradoc hätte uns nicht seinen besten Mann geschickt, wenn er uns nicht helfen wollte.“

Éomer nickte. Er zog sich wieder in die Methalle zurück. Nachdenklich ließ er sich auf dem erhöhten Sitz nieder und dachte über das nach, was er eben gehört hatte. Nein, Roderic Céorlred hatte mit Sicherheit nicht gegen seine Befehle und gegen das Wohl Rohans gehandelt: er hatte vielmehr die königlichen Weisungen befolgt. Aber dabei hatte es mehr Widerstände und Probleme gegeben als selbst er, König Éomer gedacht hätte. Und doch: der größte Teil der Bevölkerung von Grimslade vertraute dem Hobbit. Im König reifte ein Entschluss.

Auch Roderic hatte Zeit zum Nachdenken. Hatte er vielleicht doch etwas falsch gemacht? Aber was? So sehr er nachdachte, er kam nicht drauf. Nachdenklich blickte er aus dem Fenster und betrachtete die untergehende Sonne.

Die Tür öffnete sich, und Éomer kam herein. „Ich habe mich entschieden, Céorlred. Komm her!“

„Mein Herr?“

„Du wirst dich um Grimslade kümmern. Als Greve. Es wird Zeit, dass die Leute hier wieder einen Herrn bekommen und nicht nur einen Verwalter. Ich brauche einen vertrauenswürdigen Marschall für diese Aufgabe, und hier habe ich ihn. Es geht immerhin um die Kornkammer der Königsstatt, nur damit das klar ist! Und ich will jetzt nur eine Antwort von dir hören!“

„Ich mache es, mein Herr. Ich hoffe, mich deines Vertrauens würdig zu erweisen.“

„Genau diese Antwort wollte ich hören, Céorlred. Du wirst das schaffen. Schreibe du einen Brief an Merry Holdwine und benenne, was du alles an Hilfe brauchst. Ich werde ihm ebenfalls eine Botschaft zukommen lassen und ihn um jede Hilfe bitten, die er gewähren kann. Aber auch so wirst du einiges zu tun haben.“

„Ich weiß. Selbst wenn alles gutgeht und wir jetzt sofort die Nachricht losschicken, der Bote wird frühestens in zwei Wochen im Bockland eintreffen. Und dann werden Herr Saradoc Fastred und Herr Meriadoc Holdwine erst noch so einige Vorbereitungen treffen müssen, ehe sie ihre Hilfen auf den Weg nach Rohan schicken können. Ich fürchte, wir werden die ersten Monate auf uns selbst gestellt sein. Am besten fangen wir so rasch es geht mit der Arbeit an.“

„Ich höre also auch von einem gut überlegten Plan für die Erfüllung deiner Aufgaben, Roderic. Gut. Sehr gut. So, du wartest jetzt hier bis die Wächter dich abholen. Ich erwarte, dass du deine Rüstung anlegst. Ich werde in der Zwischenzeit meine Entscheidung in der Methalle bekannt machen.“

Der König verließ den Raum und Roderic tat wie ihm geheißen wurde. Bald stand er voll gerüstet in seinem Gemach und wartete auf die Wächter. Draußen war zu hören, wie die Menge immer leiser wurde und König Éomer etwas sagte. Dann öffneten die Wächter die Tür.

„Der König ruft nach Euch, Herr.“

Roderic nickte und verließ sein Gemach. Als er in die Methalle trat brandete Jubel auf. Der Hobbit trat vor den König und kniete nieder.

„Seht, hier ist Roderic Céorlred, Vierter Marschall der Riddermark, Fürst der Khundolar. Soll er der Greve von Grimslade werden?“

Die Versammelten riefen laut ja und Éomer gebot Roderic, sich zu erheben. „So walte denn nun deines Amtes, Greve Céorlred. Führe Grimslade wieder zu seiner alten Pracht!“

„Meine lieben Rohirrim, mein König, genau das werden wir in den nächsten Tagen und Monaten hier auch tun! Vor uns allen liegen harte und arbeitsame Tage, und harte Schritte werden notwendig sein, um den Landbau hier wieder zu seiner alten Größe zu führen. Als erstes werden wir jetzt gemeisam alles daran setzen, das Wenige an Ernte, was wir hier haben einzufahren. Dann wird sich im Landbau hier so einiges verändern. Die Böden, die jetzt noch genutzt werden sind ausgelaugt und müssen sich erholen. Aus diesem Grund wird es nächstes Jahr kein Getreide aus Grimslade geben. Wir werden uns stattdessen um andere Feldfrüchte kümmern. Ich werde zudem den Herrn von Bockenburg, den uns allseits bekannten Saradoc Fastred und seinen Sohn, Herrn Meriadoc Holdwine um Hilfe bitten.Wie die Hilfe genau aussehen wird geben wir dann bekannt, wenn Art und Umfang feststehen. Bis dorthin bitte ich Euch um eines: lasst uns an die Arbeit gehen!“

Jubel brandete auf. Die Grimsladener mochten Roderics direkte Art, die auf langatmige Floskeln verzichtete. Auch König Éomer nickte zufrieden. Bald würde er sich weniger Sorgen machen müssen, da war er sich sicher.

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