Arda Fanfiction

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Des Hochkönigs erste Reise nach Arnor

von Ethelfara Ceorlred

Der Hochkönig ist nicht begeistert

Nach einigen Tagen war auch der königliche gondorische Tross in Edoras eingetroffen, und König Elessar wurde auf das Herzlichste von Éomer begrüßt. Roderic und Éowyn betrachteten scheinbar beiläufig die königlichen Wachen. Der Hobbit meinte dann, er habe noch zu tun und zog sich auf den Übungshof zurück. Eine verdutzte Éowyn folgte ihm so rasch die Höflichkeit es zuließ.

„Dachtest du eben auch gerade das, was ich dachte, Céorlred?“

„Wie um alles in der Welt sollen wir mit denen in Königsnorburg ankommen?“

„Deine Bestürzung steht in dir wie in einem offenen Buch geschrieben. Das konnte ich deutlich sehen, und ich bin mir sicher, mein Bruder hat das auch bemerkt. Und mit so etwas haben wir es in Gondor andauernd zu tun.“

„Für uns heißt das: üben, üben, üben. Ich fürchte, wir werden diese Aushilfs- Kriegerchen schon bei der ersten Konfrontation mit echten Räubern zu ersetzen haben. Wie um alles in der Welt können die ausgerechnet zu Leibwachen des Hohen Königs werden? Ich fasse es nicht!“

„Es sind Söhne verdienter Adliger“ erklärte Faramir, der von den beiden unbemerkt auf den Hof gekommen war. „Das ist so etwas wie die Belohnung für die Verdienste der Väter. Es ist für diese eine Ehre, wenn die Söhne Königswache werden, kein Ansporn für die besten der Krieger.“

Kurze Zeit später kam König Éomer höchstselbst voll gerüstet auf den Übungshof. „Na, mein lieber Céorlred? Hast du den Schock von vorhin verdaut?“

„Nein, nicht wirklich. Und alle anderen hier auch nicht.“

„König Elessar fragte, was mit dir los sei, mein lieber Herr Holbytla!“ lachte Éomer. „Dein Gesichtsausdruck hat ja Bände gesprochen. Und ich muss zugeben, ich bin ebenfalls nicht gerade begeistert von dieser sogenannten Streitmacht. Ich hoffe, du hast deine éored bereit?“

„Sie brennen auf den Aufbruch. In einer Stunde könnte es losgehen. Gib ihnen ein großes Metfass, zwanzig Krüge und zwei Stunden Zeit, und sie entledigen uns noch eines gewissen Problems.“

„Ich glaube ja nicht, dass König Elessar begeistert ist, wenn deine Leute seine Elitetruppe soweit abfüllen, dass sie es noch nicht einmal mehr aus Meduseld hinausschaffen“ lachte Éomer. „Aber so bald werden wir dann doch nicht aufbrechen. Der König und sein Hofstaat machen sich frisch, und heute Abend gibt es ein Festbankett. Meine Krieger sollen alle erscheinen, und zwar voll gerüstet. Aber vorher werden wir ein wenig üben. Ich glaube, wir werden das brauchen.“

So taten sie es dann auch, und der König war zufrieden mit dem, was seine Krieger an Fertigkeiten aufwiesen. Sogar Lothíriel hatte es mittlerweile zu einiger Fertigkeit im berittenen Bogenschießen und im Kampf mit Speer und Schwert gebracht, und die Königin bestand auf einem Duell mit Roderic.

„Nur so zum Spaß und zur Übung“ meinte sie. „Du sollst selbst sehen, was du mir alles beigebracht hast, und alle anderen auch.“

Die Bogenrunde im gestreckten Galopp fiel unentschieden aus. Kein Pfeil ging fehl, und in der anschließenden Runde mit dem Speer war das Ergebnis das Gleiche. Auch mit dem Schwert waren beide Kämpfer gleich gut, so hob Éomer die Hand.

„Ich möchte keinen von euch beiden zum Feind oder auch nur zum Gegner haben. Aber es soll für heute gut sein. Ich sehe, dass mein Marschall und Hauptmann ganze Arbeit geleistet hat. Nun wollen wir aber zum Festbankett gehen!“

Sie saßen ab, und Diener versorgten die Pferde. Éomer nahm Roderic beiseite. „Warte einen kleinen Moment. Ich muss mit dir unter vier Augen reden!“ Sie warteten, bis die anderen auf dem Weg nach Meduseld waren. „Kannst du mir einen großen Gefallen tun, Céorlred? Kannst du mit König Elessar reden? Er war vorhin nicht gerade begeistert davon, dass ich mit einer kompletten éored reisen will. Für meine Gründe schien er mir ein wenig unzugänglich zu sein. Vielleicht hört er ja eher auf den Rat von Roderic Khan als auf den von Éomer Éadig.“

„Ich kann es ja wenigstens mal versuchen. Und wenn das alles nichts hilft, dann fordere ich seine Königswache zum Duell heraus. Zehn von ihnen gegen zehn von uns. Das sollte helfen.“

„Erinnere ihn an verschiedene Manöver und grüne Farbe, und wie sich seine Krieger dabei geschlagen hatten“ meinte Éomer. „Aber nun laß uns zum Festbankett gehen. Nachher wirst du sicher Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem Hohen König haben.“

Das Festmahl zu Ehren König Elessars war so reichhaltig und prächtig wie immer bei solchen Gelegenheiten, und Roderic ließ es sich nicht nehmen, den Königen aufzuwarten. Immerhin hatte er einige Flaschen Alter Wingert und Stadeler Kater in petto, und diese pflegte er höchstpersönlich an handverlesene Gäste auszuschenken.

„Werden hohe Gäste in Meduseld immer von Marschällen bedient? Das sollte ich für meine Heerführer in Minas Tirith auch so einführen“ wunderte sich der Hohe König.

„Wenn Herr Céorlred den Mundschenk spielt, dann gibt es etwas Besonderes“ erklärte Éomer. „Er hat hier einige Flaschen auenländischen Wein. Den gibt er persönlich aus, so etwas bekommt kein Diener in die Hand. Ich habe etwas von Stadeler Kater gehört.“

„Oh. Das ist natürlich verheißungsvoll. Wir werden zwar bald mehr davon bekommen können, aber ein netter Vorgeschmack ist es trotzdem.“

„Dann nehmt ein wenig davon, Herr.“ Roderic goß reichlich von dem Kater ein. „Ich werde meine wertvollen Vorräte ja bald wieder auffüllen können.“

„Das kannst du gewiß, Roderic. Hast du Merry schon über unser Kommen vorgewarnt?“

„Boten sind zu ihm unterwegs. Ich hoffe ja inständig, dass sie auch ankommen. Könnte ich vielleicht bei Gelegenheit für einen kleinen Moment Euer Ohr leihen?“

„Dieser Moment ist jetzt, glaube ich. Und wenn es sein muss, dann soll dieser Moment für den Vierten Marschall der Mark gerne länger dauern. Was gibt es?“

„Unangenehme Nachrichten aus Wilderland und Dunland. Mehrere Reisegruppen werden vermißt, darunter Zwerge, die nach Aglarond reisen wollten. Sie waren alle auf der Südstraße unterwegs, also auf dem Weg, den wir nehmen wollen.“

„Und diesen Gerüchten wollt ihr nachgehen?“

„Auf jeden Fall! Uns allen sollte an einem sicheren Handel gelegen sein. Und ich mache mir Sorgen um uns. Zwei Könige in einer Reisegruppe, das dürfte für so manchen Räuber mit Absichten ein lohnendes Ziel sein. Darf ich ehrlich sprechen?“

„Nur zu!“

„Eure Leibwache scheint mir für eine solche Fahrt nicht sonderlich geeignet zu sein, Herr Elessar. Vielleicht täusche ich mich, aber sie scheinen keine sonderlich große Erfahrung an ihren Waffen zu haben Ich kenne nur wenige von den letzten gemeinsamen Manövern in Gondor, und diese haben bei der Gelegenheit keinen guten Eindruck hinterlassen. Der Übungshof ist von Meduseld nicht weit: was haltet Ihr von einer kleinen Überprüfung ihrer Fertigkeiten? Noch haben wir Zeit für ein wenig Ausbildung.“

„Volltreffer, Roderic Céorlred! Du hast den wunden Punkt genau getroffen! Ich bin ebenfalls nicht wirklich begeistert davon, wer mir die Wachen auswählt. Allerdings sind diese Berater ebenfalls anwesend, und ich werde dafür sorgen, dass sie bei der Überprüfung genauso zugegen sind. Wer meine Wachen auswählt sollte selbst mit Waffen umgehen können, findest du nicht?“

„Genau das. Wann wollt Ihr die Überprüfung durchführen? Ich werde alles in die Wege leiten.“

„Jetzt gleich. Wir haben gegessen und ein wenig Bewegung tut gut. Und ein Wächter sollte allzeit bereit sein. Auch jetzt. Meine zehn Leibwachen gegen zehn Rohirrim deiner Wahl, und General Fingon sollte die seltene Gelegenheit haben, gegen den Helden von Khand anzutreten zu haben.“

Roderic verneigte sich und gab einige knappe Befehle. König Elessar ließ seine Leute antreten, und die Festgesellschaft begab sich zum Übungshof.

„Ein guter Freund hat mir eben geraten, die Fertigkeiten meiner Leute einer kritischen Überprüfung zu unterziehen“ sagte König Elessar. „Marschall Roderic Céorlred, über dessen Ruhm ich hier nichts zu sagen brauche wird gegen General Fingon, Imhers Sohn antreten. Anschließend werden wir sehen, wie sich meine zehn Leibwachen gegen zehn von Herrn Céorlred persönlich ausgewählten Kriegern schlagen werden. Möge nun der Bessere gewinnen!“

Roderic stellte fest, dass General Fingon zwar einen hohen Rang, aber noch immer genauso wenig Übung mit dem Schwert hatte wie vor einem Jahr, als er ihm während des letzten gondorischen Manövers gegenübergetreten war. Sie kämpften zu Fuß (eine Disziplin, die der Hobbit eigentlich nicht gerade mochte) und dennoch hatte der Marschall rasch die Oberhand und behielt diese mit Leichtigkeit. König Elessar hob die Hand.

„Ich habe genug gesehen. Marschall Céorlred ist eindeutig der überlegene Kämpfer, auch wenn General Fingon ihn um drei Haupteslängen überragt. Ich werde auf Euer Angebot zurückkommen müssen, meine Leute auszubilden, Herr Céorlred. Aber nun wollen wir sehen, was meine Leibwachen so können.“

Roderic gab ein kurzes Hornsignal, und das Duell der zehn Wächter gegen zehn Krieger aus der Vierten éored begann. Die Übungsstunden in Edoras machten sich nun bezahlt: schon nach einer Viertelstunde waren die Duelle beendet.

„Meine Hochachtung vor Euren Leuten“ sagte der Hochkönig. „Herr Céorlred, es wäre mir eine Ehre, von Euren Kriegern in den Norden begleitet zu werden. Ich hoffe, Euch damit keine allzu großen Umstände zu bereiten?“

„Es wird uns eine Ehre sein, Herr. Ich fürchte ja nur, König Éomer wird mir dann keinen Urlaub gewähren können“ meinte Roderic augenzwinkernd.

„Gut. Und wie bald könnt Ihr mit der Ausbildung meiner Leute beginnen? Allzu lange möchte ich auf dem Weg in den Norden nicht säumen. Aber ich sehe ein, dass wir so noch nicht reisen können.“

„Ich könnte sofort beginnen, wenn Ihr das wünscht. Einstweilen wäre es mir aber recht, wenn wir Eure Wächter beim Zeugmeister angemessen ausrüsten lassen könnten. Dann eine kleine Übungsrunde zum Eingewöhnen an die neue Ausrüstung, das sollte für heute Abend reichen.“

Die gondorischen Wächter murrten, als sie den Befehl bekamen, beim Zeugmeister in Edoras anzutreten. König Elessar bestand darauf, selbst bei der Ausrüstung seiner Leute zugegen zu sein.

„Roderic wird meine Leute schon angemessen ausrüsten. Auch General Fingon soll mitkommen. Ihnen allen will ich dann aufzeigen, was ich neulich mit dem mangelhaften Zustand der Ausrüstung in unseren Rüstkammern meinte. Kommt mit!“

Beim Zeugmeister erhielten die Wächter neue, leichtere Rüstungen, die besser gefertigt zu sein schienen als das, was sie aus Minas Tirith mitgebracht hatten. König Elessar zeigte auf die Rostlöcher und Risse in den abgelegten Teilen.

„Das meinte ich mit der Frage, was dieser Schrott an meinen Wachen sein soll. Jeder Angreifer sieht sofort, wo die Schwachstellen sind und wird sie für sich nutzen. Das gilt auch für Eure Rüstung, Fingon. Ihr tragt sie viel zu selten für Euren Rang. Das wird sich ändern, glaubt mir.“

„Das wird sich für alle ändern. Herhören!“ Roderic blickte sich um. „In Rohan ist es üblich, dass Krieger den ganzen Tag ihre Rüstung tragen, wenn es nötig wird. Wenn ich „den ganzen Tag“ sage, dann meine ich das! Der Tag geht hier von Mitternacht bis Mitternacht. Meine Herren, ihr werdet es daher uns Rohirrim gleichtun und Eure Rüstungen bis auf weiteres nicht ablegen! Hier in Edoras hat das den Zweck, dass Ihr Euch an Eure neuen Rüstungen eingewöhnen sollt. Wenn etwas nachzuarbeiten ist, dann hier und nicht in der Wildnis. Dort muss alles sitzen, und Angreifer werden nicht auf die Langsamen warten. So, und jetzt geht es auf den Übungshof. Ihr kennt ja den Weg.“

Roderic hatte nach der ersten Übungsstunde am Abend zwei Wochen Ausbildungszeit angesetzt, und der Hobbit war froh, Unterstützung durch Éowyn, Faramir und Lothíriel zu bekommen. Gerade der Königin von Rohan schien es eine besondere Freude zu bereiten, gondorischen Adelssprösslingen zu zeigen, wie eine Frau mit Waffen umgehen kann. Und so war es Lothíriel, die eine gewisse Härte bei der Ausbildung an den Tag legte.

„Die sollen ruhig Respekt vor einer rohirrischen Schildmaid bekommen“ lachte Éowyn. „In Gondor höre ich ständig diesen unterschwelligen Spott über die wilden Reiter aus dem Norden. Den wollen wir diesen Kriegerchen gleich von vornherein mal ausmerzen. Und dann trifft es diese Jüngelchen gleich doppelt, wenn eine Schildmaid sie niederringt. Glaube mir, Céorlred, unsere liebe Königin Lothíriel hat allen Grund, die Bübchen so ranzunehmen wie sie es tut.“

„Ja, einen ganz besonderen Grund gibt es: ich habe sie darum gebeten“ grinste Roderic. „Wir wollen bald aufbrechen. Das werden wir aber nur tun, wenn ich es verantworten kann. Die Befehle König Elessars sind da eindeutig. Wer nicht in der Lage ist, seinen Dienst als Leibwache auszuführen, der reitet nach Minas Tirith und wird neu eingesetzt. Deswegen sind alle trotz der harten Übungsstunden voll dabei.“

Am Tag vor dem Aufbruch hatte der Hohe König eine erneute Überprüfung seiner Leibwache angeordnet. Dieses Mal kämpften die Krieger bedeutend länger, und auch Roderic hatte mehr Mühen, sich gegen General Fingon durchzusetzen. König Elessar zeigte sich zufrieden.

„So können wir in den Norden aufbrechen. Steht Ihr zu Eurem Wort, einige Eurer Krieger mitzunehmen, Herr Roderic?“

„Durchaus, Herr. Nur mit „einigen meiner Krieger“ gibt es ein Problem. Ich werde alle Krieger meiner éored mitnehmen. Sie sind allesamt begierig mitzukommen, und wenn ich welche zurücklasse, dann würde das als Strafe empfunden.“

„Ihr reitet also mit hundert Kriegern? Na, wenn Ihr meint. Ich hatte ja auf bedeutend weniger gehofft. Aber wenn es so sein soll, dann soll es so sein.“ Der König seufzte.

„Céorlreds éored hält nun mal zusammen wie Pech und Schwefel“ lachte Lothíriel. „Und glaubt ja nicht, werter König Elessar, dass sich nur mein lieber Gemahl vom Bettelblick eines gewissen Roderic Céorlred erweichen läßt. Nein, genau diesen Bettelblick beherrschen seine Krieger genauso gut und selbst ein Marschall kann bei denen dann einfach nicht nein sagen. Er kann einfach niemanden hierlassen, weil alle mitkommen wollen. Und sie waren schon alle in Khand mit dabei.“

„Na gut“ sagte Elessar. „Ich gehe ja davon aus, dass sie sich alle wohl benehmen können? Obwohl, bei Roderic und seinen Leuten habe ich da keine Bedenken. Nur Merry wird sich freuen. Das Bockland wird einem Heerlager gleichen, wenn ihr kommt.“

„Merry wollte schon immer eine éored zunter seinem Kommando haben“ erwiderte Roderic. „Ich werde dann Urlaub nehmen und das Kommando in seine erprobten Hände geben. Er soll sich ruhig auch mal ein paar Tage lang wie ein Marschall der Mark fühlen. Mal sehen, ob er das dann immer noch werden will, oder ob er doch lieber der Herr vom Bockland wird.“

„Ich glaube eher, dass Hauptmann Saradoc Fastred-Brandybock von Bockenburg deine éored übernehmen und nicht mehr hergeben will“ lachte Elessar. „Den guten Saradoc hatte es schon irgendwo gewurmt, dass du es zum Vierten Marschall der Riddermark und Greven von Grimslade gebracht hast und er kann dir selbst als Herr vom Bockland nicht mehr viel entgegensetzen (meint er). Ich glaube, Saradoc ist der Ansicht, in seiner Zeit in Rohan zuviel verpaßt zu haben.“

„Wenn das so ist: für gute Hauptleute, die sich zum Marschall bewähren wollen habe ich immer Verwendung!“ lachte König Éomer. „Und ein hübsches Landgut sollte sich für besagten Saradoc Fastred-Brandybock ebenfalls finden!“

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