Arda Fanfiction

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Unterwegs mit dem anderen Zauberer - Eine Reise zur Heilung

von jodancingtree

Das Dorf des Todes

Sie sprachen nicht wieder von Gandalfs Namen für die Hobbits, aber Frodo vergaß sie nicht. Er schätzte Sams Titel Unerschütterliche Hoffnung – er war so passend, so vollkommen. Er ließ ihn über seine Zunge rollen, während er ritt, und er schien ihm Sam nahe zu bringen, klaräugig und getreu. Nicht zum ersten Mal dankte er den Valar für Sams Gegenwart in seinem Leben.

Aber Gandalfs Name für ihn selbst erfüllte ihn jedes Mal mit Staunen, wenn er daran dachte. Ertragen über alle Hoffnung hinaus – nein, dachte er, einen solchen Titel verdiene ich nicht – und doch wusste er, dass er es tat. All die Worte des Trostes, die man ihm seit der Fahrt geboten hatte, waren an der Steinmauer seiner Selbstverdammnis zerbrochen, aber dies berührte ihn bis ins Herz. Er konnte nicht verhehlen, dass er hoffnungslos gewesen war, und auch nicht, dass er es ertragen hatte.

War das genug? fragte er sich. Der Ring ist fort, obwohl es nicht meine Hand war, die ihn zerstört hat. War Ertragen alles, was von mir verlangt wurde? Ertragen und Gnade? Die Tage glitten davon, Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, die langsamen Meilen entfalteten sich unter den Hufen seines Ponys und er dachte über diese Frage nach.

Radagast hatte viele Freunde, die er besuchen wollte. Da war ein Falke, den er aufgezogen hatte, als er im Rhosgobel lebte, und den er hier im Norden wieder angesiedelt hatte, als er erwachsen war. Eine Hirschkuh, die er vor Wölfen gerettet hatte und die mit mütterlichem Stolz in den sanften Augen ihre Zwillingskitze brachte. Und – typisch für die ungeteilte Fürsorge des Zauberers allen Geschöpfen gegenüber – ein Wolf, den sie fanden, als er an der Küste des Abendrotsees lag und an dem Stumpf eines Pfeiles herumzerrte, der sich in seine Schulter gegraben hatte.

“Da sind Männer am Ostufer, die die Ruinen von Annuminas wieder aufbauen,” sagte Radagast. “Ich glaube, du hast dich zu nahe herangewagt, mein Freund.“

Der Wolf knurrte und streckte den Hals, um durstig von dem Seewasser zu trinken. Der Zauberer tastete um den abgebrochenen Schaft des Pfeiles herum, der aus der Wunde ragte. „Wir kriegen ihn schon heraus, Grauling, aber du musst Geduld haben. Nicht beißen, verstanden?“ Er zog ein Päckchen Kräuter und einen kleinen Topf aus seinem Sack, und Frodo ging auf die Suche nach Feuerholz.

Es war ein schwieriges Geschäft, und ehe sie damit fertig waren, wurde Frodo damit beauftragt, den Kopf des Wolfs zu halten, denn das Geschöpf konnte nicht damit aufhören, nach dem Pfeil zu schnappen, während Radagast daran arbeitete, ihn herauszuziehen, ohne allzu viel Schaden anzurichten.

“Wenn Sam mich jetzt sehen könnte!” rief Frodo aus, seine Hände in dem Fell des Wolfs vergraben, während er darum rang, ihn ruhig zu halten.

Der Zauberer gluckste. “Er würde dir raten, auf deine Finger Acht zu geben – und das solltest du auch besser! Nicht beißen, habe ich gesagt, Grauling!“ Er gab dem Wolf einen kräftigen Klaps auf die Schnauze. „Halt ihm das Maul zu, Esel. Er ist nicht von böser Art, aber es tut ihm weh und sein Instinkt ist es, zurückzubeißen.“

Frodo legte die Hände um die Schnauze des Tieres und schaute unverwandt in Augen, die so eisblau waren wie ein Winterhimmel. Sie waren abwesend vor Schmerz, aber als er den Wolf weiter mit sanftem Druck festhielt, wurden sie klar und erwiderten flehend seinen Blick. Mitleid stieg in seinem Herzen auf und er beugte sich vor, um das glatte Fell auf der Stirn des Geschöpfes zu küssen.

“Halt durch, Grauling, es ist fast vorbei. Radagast ist ein guter Heiler.“ Der Wolf schien sich ganz leicht zu entspannen, hielt still und starrte Frodo ins Gesicht. Endlich war die Pfeilspitze draußen – ein grausames Ding mit Widerhaken – und Radagast rieb eine scharf riechende Salbe in die Wunde. Sobald Frodo allerdings seinen Kopf freigab, drehte der Wolf sich um und fing an, sich selbst zu lecken.

“Leckt er deine Medizin denn nicht ab, Radagast?”

Radagast lachte bloß. “Einiges davon, kein Zweifel. Es wird ihm innerlich so gut tun wie äußerlich und diesen Riss davon abhalten, sich zu entzünden, und alles bekommt er nicht herunter – ich habe sie tief hineingerieben. Kochst du uns ein bisschen Tee, Esel, während ich sauber mache?“

So ging der Sommer dahin und Vogelschwärme fingen an, sich in den Bäumen zu sammeln und über ihnen zu kreisen, als Übung für den langen Zug nach Süden. Eines Morgens während des Frühstücks lehnte sich Radagast zurück und betrachtete Frodo kritisch von oben bis unten.

„Ich glaube, wir müssen neue Kleidung für dich finden, Esel. Du läufst beinahe in Lumpen herum.“

Frodo schaute an sich herunter. Tatsächlich war sein Hemd fadenscheinig und seine Jacke und Hosen fleckig und voller kleiner Löcher, das Ergebnis zu vieler Wege durch Dickichte und Dornbüsche. Es war eigenartig, dass er es vorher nicht bemerkt hatte; er war, was seine Erscheinung anging, immer heikel gewesen. Nur der Elbenmantel war noch heil, und er hatte eine ordentliche Wäsche nötig.

“Wir machen in einem Dorf halt, das ich kenne und holen uns, was du brauchst,” sagte Radagast. „Dann wenden wir uns nach Süden und folgen den Vögeln fort von Eis und Schnee, ehe der Winter diese Lande erobert.“

Frodo hatte keinerlei Verlangen, unter Leute zu gehen – die stille Gegenwart des Zauberers war wie Balsam für ihn, aber sein Geist war noch immer unruhig und er wollte keine andere Gesellschaft. Allerdings war es nicht zu leugnen, dass er neue Kleidung brauchte.

Das Dorf lag in einer kleinen, schüsselförmigen Vertiefung, ein paar Hektar, die man aus dem umliegenden Wald herausgerodet hatte. Es gab etwa ein Dutzend Heimstätten, kleine Häuser mit steilen Holzschindeldächern, jedes davon mit einem kleinen Stückchen Garten, von Pfählen eingezäunt.

Es war still – zu still. Die Sonne stand hoch am Himmel, es war fast Mittag, und doch arbeitete niemand im Garten oder war überhaupt zu sehen. Frodo und Radagast suchten sich vorsichtig ihren Weg die steile Senke hinunter; sie erwartetem, dass jeden Moment jemand auftauchen würde, um ihr Näherkommen zu verhindern oder einen Gruß zu schreien oder sie auf irgend eine Weise wissen zu lassen, dass man sie gesehen hatte. Aber da war niemand.

“Irgendetwas stimmt hier nicht, Radagast.“

“In der Tat, Bleib hier, Esel. Oder besser noch, nimm Rauchwolke und schau, ob du Wasser finden kannst – Ich glaube, da ist irgendwo ein Brunnen…“ Er gestikulierte vage zum anderen Ende des Dorfes hinüber und stieg ab; er drückte Frodo die Zügel in die Hand und ging rasch auf das Haus zu. Frodo wartete, während er sich unter den niedrigen Türsturz duckte, aber er kam nicht zurück und es folgte kein Aufschrei, also führte er Rauchwolke weg, um nach Wasser zu suchen.

Am anderen Ende der Lichtung befand sich ein Brunnen. Frodo rutschte von Streichers Rücken hinunter und zog den Eimer nach oben. Er goss Wasser in die steinerne Tiertränke, die daneben bereitstand – es gab einen Holm zum Anbinden und es war deutlich, dass man im Dorf an Reiter gewöhnt war. Rauchwolke und Streicher kamen eifrig näher, um zu trinken.

Plötzlich ertönte ein hoher, durchdringender Schrei und eine kleine Gestalt schoss aus einem Haus auf der anderen Seite der Lichtung. Wer immer es auch war, er hielt inne und starrte wild in alle Richtungen, und dann rannte er geradewegs auf Frodo zu.

„Helft mir, Ihr müsst mir helfen!“

Es war ein Junge von Frodos Größe, aber mit jungem Gesicht, ein Kind von zehn oder elf Sommern, wie Frodo vermutete. Er wickelte die Zügel hastig um den Holm und ging ihm eilig entgegen.

„Es ist Mama – meine Mutter. Sie ist…“ Er beendete den Satz nicht, sondern zerrte Frodo buchstäblich über die Lichtung und in das Haus hinein.

Das Innere war schwach erleuchtet, aber selbst in dem Dämmerlicht konnte Frodo die Zeichen der Unordnung sehen – Kleidung und Bettzeug im Raum verstreut, schmutzige Schüsseln und Tassen auf dem Tisch und ein paar davon auf dem Fußboden, kein Feuer im Herd und ein umgekippter Wassereimer. Das Kind ließ ihm keine Gelegenheit, sich weiter umzuschauen, sondern zog ihn zu einem Bett hinüber, das in einer Ecke stand. Dort lag eine Frau, auf der Seite zusammengerollt, das Gesicht erschreckend bleich in dem schattigen Zimmer. Sie war tot.

Frodo ließ sich auf ein Knie nieder und nahm ihre Hand. Sie lag warm und schlaff in der seinen – sie musste gerade erst gestorben sein. Der Junge packte ihn an der Schulter, schüttelte ihn heftig und schrie ihn an.

„Helft ihr! Ihr seid ein Heiler, oder nicht? Ihr seid mit Radagast gekommen; ich hab euch gesehen – Ihr müsst sie retten!“

Er drehte sich um und nahm das Kind in die Arme. „Schsch, schsch – es ist zu spät, Junge, zu spät für irgendjemanden, sie zu retten. Es tut mir Leid.“

„Nein!“ Der Junge riss sich los und warf sich über die Frau. „Nein! Mama, antworte mir! Mama!” Er lauschte, aber es kam keine Antwort, und er brach in Tränen aus, das Gesicht an den Hals seiner Mutter gedrückt. Frodo kniete neben dem Bett und rieb dem Jungen in langsamen Kreisen den Rücken; er kam sich vollkommen nutzlos vor.

Endlich versiegte der Tränenstrom und der Junge lag still; noch immer klammerte er sich an den Leichnam seiner Mutter. Frodo erhob sich und fing an, den Raum aufzuräumen. Er faltete die Kleidungsstücke und legte sie auf einen Stuhl, er sammelte das schmutzige Tonzeug ein und stapelte es in dem Spülbecken das auf einer Truhe an der Wand stand. Neben der Tür befand sich ein Gestell mit Feuerholz, und er brachte ein Feuer in Gang und sah sich nach einem Kessel um.

„Ich gehe ein bisschen Wasser holen“, sagte er und berührte das Kind am Arm. „Kommst du ein paar Minuten allein zurecht?“ Der zerzauste Kopf nickte, ohne sich zu heben.

Er war fast am Brunnen, als Radagast aus einem der anderen Häuser auftauchte; er bewegte sich schneller, als Frodo es je bei ihm gesehen hatte. „Esel! Ich habe mich gefragt, wo du bist. Warst du da drin?”

„Da, da drüben.” Er nickte zum Haus hinüber. “Da drin ist eine Frau, gerade erst gestorben, Radagast, und ihr Sohn. Wir sind zu spät gekommen.“

„Zu spät für sie und viele andere. Ich wünschte, du wärst nicht hinein gegangen, Esel. Ich hätte nicht gewollt, dass du dem hier ausgesetzt wirst.“

Der Wassereimer war voll. „Wem ausgesetzt – dem Tod? Behandle mich nicht wie ein Kind, Radagast!” Er fing an, zum Haus zurückzugehen, und der Zauberer eilte an seine Seite.

„Nicht dem Tod, der Ansteckung. Da ist nicht ein Haus, das davon unberührt wäre – das ganze Dorf ist von der Pestilenz heimgesucht worden!“

Das beängstigende Wort ließ ihm einen Schauder den Rücken hinunterlaufen, und er rang darum, es den Zauberer nicht sehen zu lassen. „Kannst du irgendeinen von ihnen retten?“

„Ich werde es versuchen, aber ich fürchte um dich, Esel. Immerhin hast du nur ein paar Minuten da drin verbracht – wenn ich dich jetzt fortschicke, dann bist du vielleicht sicher genug.“ Sie standen vor der Tür des Hauses und er packte Frodo an der Schulter, um ihn davon abzuhalten, hineinzugehen.

„Ich dachte, ich wäre dabei, das Heilen zu lernen. Ist das nicht der Grund, warum ich mir dir reite?“

„Das Heilen lernen, ja, aber nicht den Tod herauszufordern, Junge! Selbst jetzt mag es schon zu spät sein, dich davor zu schützen, dass du dich mit dieser Krankheit ansteckst.“

„Dann lass uns nicht mehr daran denken.“ Radagast hielt noch immer seine Schulter fest, und er stieß die Hand des Zauberers weg. „Hast du vergessen, wie du mich gefunden hast, Radagast? Ich mag mir nicht selbst das Leben nehmen, aber muss ich denn fortrennen, wenn der Tod kommt, um mich zu suchen?“

Radagast hatte es nicht vergessen. Giftige Pilze, auf einem Stock aufgereiht, über einem allzu heißen Feuer – er seufzte. Er hatte gehofft, der Sommer in der Wildnis hätte Frodos Gedanken eine glücklichere Richtung gegeben.

Beim Ausdruck auf des Zauberers Gesicht wurde Frodos Stimme weich. „Wer wird dir dann helfen, dich um diese Leute zu kümmern? Hier bin ich, gesund und stark, und willig zu lernen. Lehr mich, was ich für sie tun kann.“

Er ging ins Haus und füllte den Kessel. Der Junge gab einen erstickten Schrei von sich, rannte zu ihm und schlang ihm die Arme um die Mitte.

Radagast hatte die Wahrheit gesagt; es gab kein Haus, das unberührt war. Sie sammelten die, die am kränksten waren, in einem Haus, um dort besser für sie sorgen zu können, und die, denen es besser ging, in einem anderen. Radagast entschied, dass sie nicht länger eine Gefahr für andere seien, also wurden die Frauen und älteren Kinder, die nicht betroffen waren, angestellt, sich um sie zu kümmern. Die Männer, die dazu fähig waren, wurden hinausgeschickt, um Gräber zu schaufeln.

Radagast selbst und Frodo übernahmen die Pflege der Kranken. Der Junge, dessen Mutter gestorben war, schleppte für sie Wasser und Holz, und er folgte Frodo wie ein Schatten, wann immer er hinausging. Sie versuchten vergeblich, ihn wegzuscheuchen, denn dieses Haus war der Mittelpunkt der Erkrankung und die meisten Dörfler wollten nicht in seine Nähe kommen, aber der Junge wollte nicht gehen, obwohl sie ihm nicht erlaubten, es zu betreten.

„Da waren bloß Mama und ich,“ sagte er, wenn sie versuchten, ihn zu den anderen Kindern zurück zu schicken. „Mein Vater ist tot, und das hier war sein Dorf – wir haben hier keine Verwandten.“ Und er ging nachts in sein verlassenes Zuhause zurück; tagsüber aber hing er an der Tür zum Siechenhaus herum, bereit, jeden Botengang zu machen, auf den sie ihn schicken mochten.

Er flehte Frodo an, mit ihm zu kommen, als seine Mutter begraben wurde, und Frodo war entsetzt zu sehen, dass er tatsächlich ganz allein im Dorf zu sein schien. Andere wurden zur selben Zeit beerdigt, aber dieses Kind stand abseits, mit niemandem als Frodo an seiner Seite. Es sah so aus, als ob ihnen nicht einmal jemand bei dem Begräbnis helfen wollte, und nachdem die Worte gesagt waren, arbeiteten die beiden allein daran, das Grab aufzufüllen. Endlich hatte einer der Männer in der Nähe die Arbeit an dem Grab beendet, um das er sich kümmerte, und er kam, um ihnen behilflich zu sein. Er schaufelte rasch, ohne den Jungen anzuschauen, und er wandte sich wortlos ab, sobald die Aufgabe erledigt war.

Es machte keinen Sinn, dachte Frodo; die Familie des Vaters musste mit dem Jungen versippt sein, aber er hatte keine Zeit, die Angelegenheit weiter zu verfolgen. Sie mussten sich um fast ein Dutzend Patienten kümmern, die meisten mit glühendem Fieber, das regelmäßige Bäder erforderte und sie obendrein um den Verstand brachte, erschreckenden Wachträumen zur Beute. Ein Mann war besonders gewalttätig; er schüttelte Frodo mit solcher Gewalt ab, als er versuchte, seine Glieder in kühlem Wasser zu baden. dass der Hobbit quer durch den Raum geschleudert wurde. Frodo rappelte sich auf und kam zurück, um es noch einmal zu versuchen, gemeinsam mit Radagast, um den Patienten nieder zu halten, aber der Mann starb noch in derselben Nacht.

Die Tage wurden kühler, und als er ins Freie trat, um den Jungen Wasser holen zu schicken, da sah Frodo, dass der Wald rings um das Dorf in Herbstfarben flammte. Er schauderte zusammen, während er für ein paar Minuten dastand, um mit dem Kind zu reden – er war so einsam, dieser verwahrloste, kleine Kerl, der selbst in einer solchen Leidenszeit, da alle Streitigkeiten im Dorf hätten beiseite gelegt werden sollen, alleine blieb.

„Ich habe dich noch nicht einmal gefragt, wie du heißt,“ sagte er reuevoll.

„Nano,“ sagte der Junge. „Und du bist Esel – das hab ich Radagast sagen hören.“

Frodo grinste. „Das ist sein Name für mich. Dann kennst du ihn also?”

„Natürlich. Er kommt jeden Sommer, aber dieses Jahr ist er spät dran. Ist er mit dir verwandt?“

Frodo starrte ihn an. „Verwandt? Er ist ein Zauberer; ich bin ein Hobbit! Wie können wir verwandt sein?“

Nano schaute verblüfft drein. “Dann bist du also kein junger Zauberer? Aber er scheint dich liebzuhaben, als wärt ihr eine Familie.“

Frodo lehnte sich an die Hauswand und lachte hilflos. „Ein junger Zauberer? Ich bezweifle, dass es so etwas überhaupt gibt, aber ich bin ganz sicher keiner!“ Er nahm sich zusammen; er war lange genug hier draußen geblieben. „Komm schon, Nano, das Wasser, bitte. Ich muss wieder an die Arbeit.“

Als Nano am nächsten Morgen auftauchte, trug er ein Bündel Kleider. „Du bist nicht warm genug angezogen,“ sagte er zu Frodo. „Wir sind gleich groß, also kannst du ein paar von meinen Sachen tragen.“ Und er wollte nicht, dass Frodo ablehnte. „Ich habe genug, dass ich teilen kann!“ drängte er und fügte leise hinzu: „Du hast mir geholfen, meine Mutter zu begraben.“ Frodo dankte ihm und nahm die Kleider.

Es waren nur noch zwei Patienten im Haus übrig, als Frodo eines Morgens mit brennenden Augen und mit Kopfschmerzen aufwachte, die ihn fast blendeten. Er schwankte zum Wassereimer hinüber, um sich kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen, und Radagast warf ihm einen Blick zu und führte ihn wieder zurück ins Bett.

„Leg dich hin, Esel, und keine Widerrede! Du bist jetzt mein Patient, und ich bin ein strenger Heiler.“ Frodo hatte nicht die Absicht zu streiten; als er aufgestanden war, hatte der Raum sich um ihn gedreht wie ein Reifen, der einen Hügel hinunterrollte, und es war eine Erleichterung, die Augen wieder zuzumachen. Er spürte, wie ihn ein kühles Tuch das Gesicht benetzte, während er wieder einschlief.

Als er wieder aufwachte, war es Nacht, und er fühlte sich, als würde er in einem Ofen gebacken. Er versuchte mühsam, sich aufzusetzen und sein Hemd aufzuknöpfen, und dann war Radagast da und half ihm; er rieb ihn mit kühlem Wasser ab und hielt einen Becher für ihn, damit er trinken konnte. Er mühte sich zu sprechen, Danke zu sagen, aber er war so erschöpft, zu erschöpft zum Reden. Stattdessen nickte er, und der Zauberer strich ihm durchs Haar.

„Ist schon gut, Esel, Geht wieder schlafen; ich bin hier.“

Während er schlief, schlich Nano sich ins Zimmer. Radagast saß an seinem Bett und döste, die Hand locker um Frodos Handgelenk gelegt, und Nano rollte sich am Fußende zusammen und wartete. Als Radagast eine Stunde später munter wurde, schlief das Kind tief und fest.

„Junge, steh auf! Was machst du denn hier?“

Nano war augenblicklich hellwach. “Ich bin gekommen, um dir zu helfen,” sagte er. “Schick mich nicht weg, bitte nicht!”

“Du wirst krank werden--”

„Nein, ich hab es schon gehabt; ich war einer der ersten. Lass mich dir mit Esel helfen, Radagast!“ Seine Augen sahen aus, wie glühende Kohlen, die in seinem Gesicht brannten, und der Zauberer gab nach.

„Na schön, Junge. Dann hol ein bisschen Wasser und wasch ihn ab, während ich ihm einen Kräutertee mache. Sein Fieber ist wieder gestiegen.“

Frodo wachte und schlief. Manchmal war es dunkel und der Berg flammte vor ihm; entsetzliche Schreie erfüllten seine Ohren und er kauerte sich zusammen und zog sich die Betttücher über den Kopf. Zu anderen Zeiten erwachte er zu schillerndem Licht, das ihn blendete. Seine Haut brannte wie Feuer und juckte so heftig, dass er mit seinen Fingernägeln daran kratzte. Jemand hielt seine Handgelenke fest und badete ihn in kühlem Wasser. „Ruh dich aus, Esel. Ruh dich aus. Wir sind hier.”

Dann trieb er dahin, als läge er in einem kleinen Boot, und die Strömung trug ihn davon, weiter und weiter stromabwärts. Er schaute zurück und es schien ihm, als sähe er Radagast am Ufer stehen. Er sah traurig aus, und Frodo versuchte zu winken, aber sein Arm war schwer, zu schwer, also lächelte er nur zum Abschied. Und dann packte ihn jemand an den Schultern und schüttelte ihn, schüttelte ihn wild, und eine Stimme explodierte in seinem Kopf. „Nein! Nein! Esel, komm zurück! Stirb nicht, bitte nicht sterben!” Da war der Klang von heftigem Weinen und ein schweres Gewicht sank ihm auf die Brust. Das Wasser des Flusses erhob sich rings um ihn in einer Woge, die bis zum Himmel zu reichen schien, und er versank in Bewusstlosigkeit.

Er stand am Flussufer, das Boot neben sich an Land gezogen, und er musste eine Wahl treffen. Vorwärts oder zurück? Sonnenlicht tanzte auf dem Wasser und sein Klang, wie es dem Meer zuströmte, war wie Musik. Es war sein ganzes Verlangen, diesem leuchtenden Pfad des Flusses zu folgen, das Gesicht dem Licht zugewandt, und er bückte sich, um das Boot ins Wasser zu schieben, aber irgendetwas ließ ihn zögern.

Da war noch ein Pfad, an Land, der sich den Weg, den er gekommen war, am Flussufer entlang zurück erstreckte. Zweige hingen darüber, dunkel und bedrohlich, und er betrachtete ihn voll Abscheu. Aber jemand rief ihn dort hinten, und er hielt inne, um zu lauschen. Die Stimme war schwach, hoffnungslos und schwermütig wie ein Vogel, der während der Nachwache singt, und er spürte plötzlich, dass er sie nicht ignorieren konnte. Er ließ das Boot liegen und machte sich auf den Weg den verschatteten Pfad hinunter, und er hasste jeden einzelnen Schritt.

*****

Er versuchte die Augen zu öffnen, aber das Licht war zu stark. Er hob eine Hand, um sein Gesicht zu verdecken, und eine Stimme sagte: “Radagast, er ist wach!“

„Esel? Kannst du mich hören?“ Das war Radagast, aber wer hatte zuerst gesprochen? Er beschirmte seine Augen mit beiden Händen und blinzelte ins Licht. Ein Junge saß neben ihm und grinste, als wären soeben alle seine Wünsche wahr geworden. Nano?

„Lass los, Nano, bevor du ihn zu Tode quetscht und unsere ganze Mühe umsonst ist!“ lachte Radagast, und Frodo holte tief Luft, als der knochenbrechende Druck um seine Rippen nachließ.

„So, Junge, jetzt versuch mal, deine Augen zu öffnen; ich habe die Läden geschlossen.“ Frodo spähte zwischen seinen Fingern hindurch, aber der Raum war dämmrig, und er ließ die Hände sinken und sah sich um. Sie waren allein im Haus, Radagast und Nano und er selbst, und das Zimmer war reingefegt – nicht das Durcheinander des Siechenhauses, mit einem Dutzend Patienten auf Matten überall auf dem Fußboden.

„Ich bin nicht gestorben.“ Es war ein wenig überraschend; er war sicher gewesen, dass er im Sterben lag.

„Nein, Esel, du bist nicht gestorben. Nano hier wollte dich nicht gehen lassen.“

Frodos Augen wanderten zu dem Kind hinüber, das auf seiner Bettkante saß, das Gesicht strahlend vor Freude. Er streckte schwach die Hand aus, und sie wurde in einem warmen Griff eingefangen, der dazu geeignet schien, ihm die Finger zu brechen.

„Ich danke dir, Nano.” flüsterte er.

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