Arda Fanfiction

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Seltsame Schicksale

von Tehta

Das Richtige tun

Der Ballsaal war groß; so groß, dass seine Decke von Säulen getragen werden musste: Steinblöcke, die so geschnitzt waren, dass sie Apfelbäumen glichen und ihre Kronen breiteten sich in einem naturgetreuen Baldachin aus gemalten Blätter aus. Es hätte der bestgepflegte Garten Mittelerdes sein können, wenn nicht die Gäste gewesen wären, die den Raum zwischen den Baumstämmen wie eine Masse wuchernder Sträucher füllten. Ein erfolgreiches Fest also. Ecthelion atmete ein letztes Mal tief durch und ging hinein, und seine formelle Rüstung klirrte bei jedem Schritt in angenehmem Kontrapunkt zur Musik und dem Gemurmel der Stimmen.

„Ecthelion!“ Egalmoth hob sich selbst von der bunten Menge ab: seine mit polierten Steinen jeglicher Farbe besetzte Brustplatte war der blendende Traum eines jeden Goldschmieds. „Du hast all das Getue um die Umschläge verpasst. Nun, auch wenn du zweifellos Glück hattest, sieht es dir nicht ähnlich. Ist etwas geschehen?“

Ecthelion wusste, er sollte sich schuldig fühlen, dass er zu spät gekommen war, um bei der Eröffnungszeremonie der Kriegsspiele zu helfen. Aber in Wahrheit war er erleichtert, dass sein nächstes, mögliches Zusammentreffen mit Glorfindel nicht direkt unter den Augen der Öffentlichkeit stattfinden würde. Die Erleichterung bewirkte einen Anflug von Schuldgefühl und stellte sein normales, inneres Gleichgewicht wieder her.

„Ja, es ist etwas geschehen, auch wenn es nicht besonders aufregend ist“, sagte er. „Einer der Brunnen auf dem Niederen Markt ist übergelaufen.“

Egalmoth neigte den Kopf. „Ich weiß, dass du deine Verantwortung als Herr der Quellen ernst nimmst, aber vielleicht solltest du lernen zu delegieren. Wie ich höre, hat die Stadt viele fähige Klempner.“

„Es war eigentlich kein Rohrleitungsproblem: der Abfluss des Brunnens war durch mit Wasser voll gesogene Kissen verstopft. Von Duilins Lieblingsstuhl, den jemand in das Becken geworfen hat, wahrscheinlich als einen übermütigen Streich.“

„Erbärmlich. Ich kann nicht glauben, dass Duilins Lieblingsstuhl mehrere Kissen hat, nicht wenn er mir dauernd Vorträge über meine dekadente, städtische Lebensweise hält. Aber warum warst du – nein, warte, ich weiß: deine Männer sind die Hauptverdächtigen.“

Ecthelion nickte. „Nun, sie mögen es tatsächlich, einander in die Brunnen zu werfen, wenn sie guter Stimmung sind, und zum Start der Spiele ist die Stimmung sehr gut.“

„Und übermütig.“ Egalmoth sah in seinen Weinkelch. „Obwohl ganz sicher nicht bei diesen förmlichen Empfängen bei Hof. Ich schwöre, die Becher hier werden jedes Jahr kleiner. Aber komm, sicher brauchst du dringender als ich etwas zu trinken.“

Sie gingen zu einer Theke, auf der Karaffen mit süßen, fruchtigen Mischgetränken standen. Egalmoth stöberte herum und zog mit einem zufriedenen Seufzer eine Flasche süßen Weins hervor. Dann inspizierte er die Gläser und nahm das größte für Ecthelion.

„Wahrscheinlich ist es dir nicht bewusst“, sagte er, als er einschenkte, „dass Salgant einst etwas diesem Brunnen-Streich sehr Ähnliches fertig gebracht hat. Und er hat in letzter Zeit besonders selbstgefällig ausgesehen. Ich dachte, dass er eventuell plant, uns ein neues Lied vorzusingen. Wenn er sich selbst nur zu einem erfolgreichen Spaß gratuliert, nun, dann ist das umso besser.“ Er füllte seinen eigenen Kelch erneut und langte nach einem weiteren. „Meinst du, es wäre unverschämt, zwei zu nehmen?“

Ecthelion zuckte mit den Schultern. „Du könntest behaupten, eins zu einem Freund zu bringen.“

„Was für eine brillante Idee! Das würde mir eine großartige Entschuldigung dafür geben, peinlichen Unterhaltungen zu entfliehen. Wo wir gerade davon sprechen – ich würde dir raten, Pengolodh heute Abend zu meiden. Unser hochgeschätzter Weiser erfragt die Eingebungen der Leute zu orkischen unregelmäßigen Verben.“

„Das klingt nicht so fürchterlich.“

„Nein? Bitte beachte, dass sein momentanes Opfer, Maeglin, aussieht, als ob er die übelsten Torturen Morgoths erduldet.“

Maeglin erschien Ecthelion weniger gefoltert, als grollend vor Zorn. Und zudem sah er nicht einmal zu Pengolodh hin, sondern zu einer kleinen Gruppe, die Ecthelion bereits bemerkt hatte, als er in den Saal hereingekommen war: der Schwarm Feiernder, die Glorfindel umringten, der gerade ein Lächeln aufblitzen ließ, so strahlend, dass es zu seinem Haar passte, und einen Witz machte, der sie alle auflachen ließ. Die fröhliche Stimmung brach ab, als eine der Frauen – Idril – Maeglins Aufmerksamkeit bemerkte. Sie wurde ernst und trat näher zu Glorfindel, was ihn dazu veranlasste, einen Arm um ihre Schultern zu legen und mit hochgezogenen Augenbrauen zu Maeglin zurückzustarren – das Inbild eines beschützenden Verehrers.

Ecthelion war in Versuchung, den Austausch düsterer Blicke abzurunden, indem er Idril anstarrte, aber er unterdrückte diesen unwürdigen Impuls. „Ich vermute“, sagte er stattdessen, „dass Maeglins Unzufriedenheit von seiner eigenen Cousine hervorgerufen wird, nicht von Pengolodhs Grammatik.“

„Ah, ja. Das wäre die jüngste Fehde der Familie Finwes“, sagte Egalmoth. „Unterhaltsam, nicht wahr? Am meisten Spaß macht es, die Höflinge, die so versessen darauf sind, sich bei Turgons Erben beliebt zu machen, zu beobachten, wie sie sich abmühen, die jeweilige Situation zu durchschauen.“

„Betrachtest du die Peinlichkeit, deren Zeugen wir gerade geworden sind, als Beweis für einen Machtkampf?“ Ecthelion schien es eher wie ein Echo der Eifersucht, die Maeglin in seiner Wohnung gezeigt hatte, obwohl er das natürlich nicht sagen konnte. „Glaubst du wirklich, dass die engsten Verwandten unseres Königs sich einer so kleinlichen und unergiebigen Sache hingeben könnten?“

„Findest du das unwahrscheinlich? Oh, Ecthelion.“ Egalmoth sah ihn mit nachsichtiger Verzweiflung an. „Ich gebe zu, ich bin von ihrer Offensichtlichkeit überrascht, besonders von Idrils. Dennoch sollten wir uns erinnern, dass sie beide von Finwe abstammen und als solche eine beeindruckende Fehde-Tradition zu bewahren haben. Sieh sie nur an! Wenn du die Augen zusammenkneifst, könnten sie sogar Indis und jener andere tragische Waise Feanor sein. Wie schade, dass Turgon nicht hier ist: er könnte einen brauchbaren Finwe abgeben.“

Ecthelion folgte Egalmoths eigenartig bezwingendem Vorschlag Es stimmte, dass Maeglin, durch halb geschlossene Augen gesehen, etwas Feanorisches an sich hatte – vielleicht wegen seines Körperbaus eines Schmiedes. Was jedoch Idril betraf… Glorfindel stand noch immer neben ihr. Kniff man die Augen zusammen, beraubte dies beide ihrer Persönlichkeit und verwandelte sie in das blonde Paar von Glorfindels Vanya-Schriftrolle. Ecthelion umklammerte seinen Kelch, so dass das geschliffene Kristall sich in seine Haut grub.

„Ja, ziemlich“, sagte er. „Wie dem auch sei… versuchen die Höflinge wirklich, Turgons Erben zu bestimmen? Es scheint ein bisschen verfrüht und nicht nur aus offensichtlichen Gründen. Maeglin ist so jung, dass noch eine Weile verstreichen wird, bevor sein Onkel ihm irgendeine große Verantwortung überträgt; und noch eine längere Weile wird verstreichen, bevor wir wissen, ob er befähigt ist.“

„Maeglin ist ein Risiko, das stimmt, aber ein Risiko, das sich möglicherweise hoch bezahlt machen könnte. Schließlich neigen die Leute dazu, ihr Vertrauen in jene zu setzen, die sich selbstlos mit ihnen anfreunden, bevor ihr Stern im Aufsteigen begriffen ist. Außerdem ist es immer aufregender, auf einen Außenseiter zu setzen, als mit dem Favoriten mitzuziehen.“ Egalmoth nahm einen Schluck von dem Getränk aus seiner linken Hand. „Also, du und Glorfindel scheint eine gute Strategie verfolgt zu haben, euch auf gegenüberliegende Seiten dieser Zweiteilung zu stellen.“

Von irgendjemand anderem wäre ein solcher Kommentar Grund zur Sorge gewesen, aber Egalmoth kannte Ecthelions dunkles Geheimnis seit Jahren. Seine Fähigkeit, sich so beiläufig darauf zu beziehen, war beruhigend – andere Aspekte seiner Bemerkung jedoch waren alles andere als beruhigend.

„Wenn das Glorfindels Plan ist, dann hat er vergessen, ihn mit mir zu teilen. Obwohl vielleicht“, sagt Ecthelion forsch, verärgert über seine Launenhaftigkeit, „vielleicht hat er erkannt, dass es mir unangenehm wäre, so etwas zu versuchen. Auch wenn mir bewusst ist, dass all dieser höfische Unsinn hilfreich sein kann – ich bezweifle, dass wir die Kriegsspiele ohne Idrils Unterstützung hätten aufstellen können –, habe ich weder die Zeit noch das Talent dafür.“

„Und ich nehme an, dass du Maeglin freundlich behandelst, weil du denkst, dass es ehrenwert ist, das zu tun. Ich hoffe, er weiß das zu schätzen.“ Egalmoth sah erneut zu Maeglin hinüber, als ob er die Widrigkeiten abwägte. Sein Gesicht fiel fast sofort in sich zusammen.

„Feuer von Angband, ich fürchte, mir ist das Falsche ins Auge gefallen. Aber es gibt noch keinen Grund zur Panik, er könnte immer noch… Ah, Pengolodh!“, sagte er mit beeindruckend gut vorgetäuschter Freude. „Meine Grüsse! Nein, nein, ich kann wirklich nicht bleiben, ich war gerade dabei, Duilin diesen Kelch hier zu bringen. Der arme Mann braucht es dringend. Er hatte Probleme mit seinen Möbeln.“

Pengolodh blinzelte verwirrt, als Egalmoths breiter Rücken in der Menge verschwand. Dann wandte er sich an Ecthelion, der mit den Schultern zuckte und ihn mit einem aufrichtigen Lächeln grüßte. Trotz ihrer unterschiedlichen Interessen schafften es die beiden gewöhnlich, auf ein Thema zu stoßen, das für beide interessant war. Diesmal waren es orkische Schlachtrufe. Ecthelion konnte sich an eine große Zahl solcher Äußerungen erinnern, die laut Pengolodh viele faszinierende Beispiele der Befehlsform boten. Unterdessen enthüllten Pengolodhs Übersetzungen, die präziser waren, als alles, was Ecthelion selbst daraus hätte ableiten können, eine Menge über orkische Schlacht-Taktiken.

„Ich sollte das wirklich aufschreiben“, sagte Pengolodh schließlich. „Entschuldigt Ihr mich? Wenn ich mich beeile, könnte ich bis zum Morgen einen kleinen Aufsatz fertig haben… Obwohl, war da nicht noch etwas, wonach ich Euch fragen wollte?“ Pengolodh sah auf und seine Augen huschten von einer Seite zur anderen, als ob er ein inneres Verzeichnis prüfte. „Ich hab’s! Nicht nach etwas, nach jemandem wollte ich fragen: Fürst Glorfindel.“

Ecthelion verbarg seine Befürchtungen hinter einem hilfreichen Ausdruck. „Was ist mit ihm?“

„Nun. Selbst ich, der selten dem Hofklatsch zuhört, weiß, dass unsere Prinzessin einen neuen Bewunderer hat; einer meiner Assistenten hat zufällig den Entwurf eines ihr gewidmeten Gedichtes gefunden.“ Pengolodh verzog das Gesicht. „Ein sehr früher Entwurf, denke ich. Außerdem habe ich Fürst Glorfindel kürzlich in der Bibliothek der Heiler gefunden. Und in nichts anderem als der Abteilung für Eheliche Gesundheit. Und jetzt, da ich sie beide so offen nebeneinander stehen sehe, kann ich nicht anders, als mich zu fragen, ob die Dame Idril nicht der Grund hinter seinem Besuch war.“

„Glorfindel hat mir nichts gesagt.“

„Dennoch, wäre es nicht wunderbar für Euren Freund? Letztendlich ist Heirat der natürliche Lauf des Lebens und sie sehen so harmonisch zusammen aus, wie Buchstützen.“

Pengolodh hatte Recht: Glorfindel und Idril schienen gut zusammenzupassen, ein Paar wie aus dem Bilderbuch, ebenso wie von einer Vanya-Schriftrolle. Selbst ihre Gewänder ergänzten einander – bestimmt absichtlich. Ecthelion fühlte sich ein wenig verunsichert.

„Ich verstehe was Ihr meint“, sagte er. „Nun… viel Glück mit Eurem Aufsatz. Ich glaube, ich brauche etwas frische Luft..“

Er wandte dem Fest den Rücken zu und ging zu einem nahen Fenster. Die Musik spielte hinter ihm weiter: alles bekannte Lieder, doch durch den Lärm der Menge verzerrt, so dass die Melodien neu und fremdartig klangen. Draußen wiederholten die Bäume des Gartens die Skulpturen des Raums. Ein düsterer Scherz wäre hier angebracht, etwas darüber, der Wirklichkeit ins Auge zu sehen.

Pengolodhs Worte hatten nichts Neues enthüllt, außer der Existenz eines scheußlichen Gedichtes, für das es eine andere Erklärung gab. Pengolodhs Theorie jedoch spiegelte Ecthelions schlimmste Befürchtungen wider. Sie erklärte so viel: Glorfindels seltsames Benehmen am Brunnen; sein Unwillen, Ecthelion zu treffen oder sogar zu berühren; seine lächerliche Geschichte – eine Geschichte über einen Mann, der sein Laster beiseite legte, um zu heiraten. Und diese Vanya-Rolle! Ecthelion unterdrückte ein Stöhnen. Er hatte seit langem bemerkt und zu ignorieren versucht, dass Glorfindel verheiratete Paare mit Neid betrachtete. Die Schriftrolle ließ vermuten, dass sein Neid sich auf etwas sehr viel Körperlicherem gründete als auf der Abneigung gegen Heimlichkeit und Unterbrechungen. Es stimmte, er war in letzter Zeit ziemlich enthusiastisch gewesen, aber Leidenschaft konnte eine Tarnung für Unsicherheit sein. Wenn sie nur offen reden könnten…

Ecthelion spürte eine Berührung an seinem Ellbogen. Er wandte sich um und blinzelte überrascht, denn dort, wie durch Zauberei herbeigerufen, stand der Mittelpunkt seiner Gedanken.

„Ecthelion. Endlich hier.“ Glorfindel beugte sich näher zu ihm und sein Haar strich über Ecthelions Schulter. „Ich weiß, dass wir beide morgen früh hinaus ins Tal reiten. Dennoch, vielleicht könnten wir uns später heute Nacht treffen, wenn dieser Unsinn hier vorbei ist?“ Seine Finger glitten Ecthelions Arm hinauf und hielten ihn leicht fest. Es war eine völlig unschuldige Geste, aber unter den gegebenen Umständen bedingte sie, dass Ecthelion sich dumm vor Hoffnung fühlte.

„Ja. Ja, natürlich“, sagte er.

„Gut.“ Glorfindel lächelte. „In der Zwischenzeit… Es scheint, dass einige meiner Rekruten draußen sind und nach mir fragen. Würde es dir etwas ausmachen, Idril für einen Moment Gesellschaft zu leisten?“

Der Schock traf Ecthelion wie kaltes Wasser, so dass er sich fühlte wie Duilins untergegangener Stuhl. „Natürlich.“ Er schüttelte Glorfindels Griff ab und trat um ihn herum, um Idril anzusehen.

„Guten Abend, Ecthelion“, sagte sie mit einem Lächeln.

Ecthelion zwang sich, zurückzulächeln. „Guten Abend, meine Dame. Ihr seht hinreißend aus heute Abend.“ Er durchforstete sein Gedächtnis nach einer weniger dummen Bemerkung, sein Stolz verlangte, dass er mit soviel Anmut wie möglich durch diese Begegnung kam. „Euer… Euer Haar ist besonders glänzend.“

„Danke.“ Idril neigte in ernster Anerkennung seiner Höflichkeit den Kopf, dann sah sie auf und ihre Augen funkelten. „Wisst Ihr, Ecthelion, ich glaube wirklich, dass jedes Kompliment, das Ihr mir je zugedacht habt, mit meinem Haar zu tun hatte.“

„Ich kann nicht der einzige Mann in der Stadt sein, der Euer Haar schöner als das aller anderen Frauen findet, meine Dame“, sagte Ecthelion ehrlich. „Außerdem ist Eure Behauptung sicher nicht ganz zutreffend. Ich weiß, dass ich häufig über Euer Geschick, diese Spiele – und erfolgreichen Zusammenkünfte so wie diese – zu organisieren, eine Bemerkung gemacht habe.“

Idril sah sich mit offensichtlicher Zufriedenheit um. „Ja, ich denke, wir können beide einander gratulieren. Die Spiele werden immer beliebter: der größte Teil des Hofes ist hier. Es ist schade, dass Vater früh gehen musste“, fügte sie sanft hinzu. „Er ist zu dieser Zeit des Jahres so sehr beschäftigt.“

„Oh, ich weiß, dass König Turgon solche kriegerischen Wettkämpfe nicht vollkommen gutheißt. Und ich bin äußerst dankbar für Eure Schirmherrschaft.“

Idril lächelte erneut. „Ich erinnere mich jedenfalls daran, dass Ihr das schon zuvor gesagt habt. Nur sagt Ihr gewöhnlich ‚wir’ und meint Euch selbst und Glorfindel. Natürlich, Ihr zwei arbeitet ja auch sehr eng zusammen.“ Sie ordnete den Fall ihrer langen Ärmel. „Er hält große Stücke auf Euch, wisst Ihr.“

„Und ich denke hoch von ihm.“

„Tut Ihr das?“ Über ihrem charmanten Lächeln verengten sich Idrils Augen abschätzend. „Es ist nicht immer offensichtlich. Manchmal erscheint Ihr kalt – wie vor einem Moment, als Ihr kaum sein Gehen zur Kenntnis genommen habt. Ich nehme an, dass eine Person von Eurer ernsten Natur nicht anders kann, als verärgert über jemanden zu sein, der leichtsinniger und oberflächlicher-“

„Oberflächlich? Glorfindel?“ Wenn es schmerzhaft war, Glorfindel zu verlieren, dann war es noch schlimmer, ihn an jemanden zu verlieren, der ihn nicht schätzte. Ecthelion versuchte seine Stimme ruhig zu halten, als er sprach. „Ich weiß, dass manche ihn so betrachten und das, was sie seinen gedankenlosen Optimismus nennen, anführen. Jedoch bedenkt: wenn man einem Feind gegenübersteht, der mit Dunkelheit und Verzweiflung handelt, dann ist Hoffnung eine mächtigere Waffe als jedes Schwert. Ihr kommt aus einer Familie charismatischer Redner, die die Angst mit bewegender Redekunst bannen; ich versuche dasselbe mit meinem Gesang. Glorfindel braucht keins von beiden. Seine strahlende Gegenwart ist genug. Deswegen ist er der meistgeliebte Fürst in der Stadt.“

„Also meint Ihr, er verdient all diese Liebe?“

„Ja, natürlich.“

„Gut.“ Idrils Ton war spielerisch gewesen; jetzt war er vertraulich, als ob das momentane Thema von innigstem Interesse für sie beide war. „Bitte erinnert Euch daran, sollte er irgendetwas… Unerwartetes zu Euch sagen.“

Soweit war es also gekommen: zu irgendeiner gemeinsamen Verständigung, die Glorfindel seinem Freund ankündigen würde, vielleicht sogar heute Abend. Erwartete Idril von Ecthelion, ihre Hinweise zu entschlüsseln und einen versteckten Segen anzubieten? Die unbewusste Grausamkeit dessen war atemberaubend.

„Meine Dame“, sagte Ecthelion, „all diese Gespräche über einen gemeinsamen Freund lassen mich an einen anderen denken: Euren Cousin, der ziemlich einsam scheint. Gibt es irgendetwas, was wir tun könnten, um zu helfen?“

„Ja, ich habe bemerkt, dass er seine Mutter vermisst“, sagte Idril. „Und ich denke, es würde ihm helfen, seinen Frieden mit der Erinnerung an sie zu finden, wenn er eine ihrer einstigen Beschäftigungen aufnehmen würde, wie Reiten oder Jagen. Ihr kennt das Tal gut. Vielleicht könntet Ihr ihn mit dort hinaus nehmen und ihm einige ihrer Lieblingsplätze zeigen?“

Ecthelion war froh, dass Idril von seiner taktlosen Frage mit solchem Geschick ablenkte. Er hatte kurzfristig eine Lektion, die er auf dem Übungsfeld gelernt hatte, vergessen: dass es unfair ist, jemanden zu hassen, weil er dir unbeabsichtigtes Leid zufügt oder dafür, dass er dich in einem Wettbewerb schlägt.

„Gute Idee, meine Dame“, sagte er. „Selbst wenn Maeglin die Jagd nicht mag, wird es ihn sicher aufheitern, draußen zu sein.“

Sie unterhielten sich noch immer über diese Angelegenheit, als Glorfindel den Raum durch die Vordertür wieder betrat, gerade oberhalb von Idrils Ohr zu erkennen. Ecthelion versuchte ihn objektiv zu sehen, sein Haar und die Form seiner Schultern ignorierend, um zu erkennen, ob Glorfindel die Gelassenheit eines Mannes besaß, der sein Schicksal gerade zum Guten gewendet hatte, oder zumindest zum Normaleren. Doch wenn überhaupt, dann schien er ungewöhnlich besorgt: auf jeden Fall ungewöhnlich rüde zu Salgant, der ihn an der Tür ansprach. Glorfindel nahm seinen Gruß kaum zur Kenntnis, unterbrach ihn mehrere Male, als ob er es eilig hatte, fort zu kommen und verschwand dann ohne Abschied in der Menge.

Einige Augenblicke später erschien er wieder ganz in der Nähe und sah noch immer so angespannt aus, dass selbst Idril es bemerkte.

„Ist mit deinen Männern alles in Ordnung?“, fragte Idril.

„Ja. Alles bestens.“ Glorfindel sah sich um, als ob er nach Gefahr Ausschau hielt. „Also, warum gehen wir drei nicht auf einen Spaziergang in den Obstgarten?“

„Oh, ich denke, wir haben es doch ganz bequem hier.“ Idrils Augen flackerten in Maeglins Richtung, der jetzt mordlustig von einer steinernen Bank auf der anderen Seite des Raumes herüber starrte. Ecthelion war betroffen von der Intensität seines Schmerzes, der nur zu verständlichen, beschämenden Qual eines Mannes, der etwas, das er liebt, für sich behalten möchte. Vielleicht waren ihre Sorgen in diesem Fall dieselben. Vielleicht sollten sie sich verbünden und zusammenarbeiten, um Idril irgendwie aus Glorfindels Reichweite zu entfernen… Bestürzt von dieser düsteren Versuchung verbannte Ecthelion sie aus seinen Gedanken.

„Es ist so…“ Glorfindel rieb sich den Nacken.“ Salgant hat gerade angeboten, uns ein neues Lied vorzusingen. Und ich weiß, es ist unfreundlich von mir, aber ich bin nicht in der Stimmung für seinen Gesang.“

„Ich verstehe.“ Idril lächelte leicht. „Dann also der Obstgarten.“

Glorfindel bot ihr seinen Arm und wandte sich halb zu Ecthelion um. „Kommst du mit uns?“

Ecthelion folgte ihnen nach draußen und war sich sehr bewusst, dass er diesem gut zusammenpassenden Paar die perfekte Gelegenheit bot, ihm das Gefürchtete anzukündigen. Was sollte er nur tun? Er konnte versuchen zu erraten, was Glorfindel an Idril gefunden hatte – was Männer überhaupt an Frauen fanden – und dann versuchen, es ihm zu geben: großzügiger mit sanften Berührungen und Blicken sein; mehr sagen als er fühlte, anstatt weniger; sich mehr unterwerfen, oder zumindest auf andere Weise. Aber würden solche Kleinigkeiten etwas ausmachen, wenn es nicht in seiner Macht stand, die Grundvoraussetzungen – öffentliche Akzeptanz, Familie – bieten zu können?

Sie gingen einen von Walnussbäumen beschatteten Weg hinunter. Da er es nicht eilig hatte, die Unterhaltung zu beginnen, schlenderte Ecthelion ein paar Schritte hinterher. Glorfindels andauernde Wachsamkeit ließ ihn vorsichtig werden, als ob er im Nachhut-Dienst war. Er ertappte sich sogar dabei, wie er den Pfad hinter ihnen überwachte, die Fenster des Ballsaales, die alle hell erleuchtet waren und wie Kerzenflammen spitz nach oben zuliefen, und die dunkleren Umrisse der zurückweichenden Bäume erfasste.

Einer der schattenhaften Baumstämme ließ ihn innehalten. Er sah seltsam und ausgebeult aus, als ob jemand versuchte, sich dahinter zu verstecken und sich nicht bewusst war, dass der Stamm viel zu dünn war, um ein wirkliches Versteck zu bieten. Bei näherem Hinsehen nahm die Beule eine vertraute Gestalt an: Salgant. Ecthelion war erfüllt von der gewöhnlichen Mischung aus Mitleid und Verärgerung.

„Salgant?“, rief er. „Wenn Ihr für die Kriegspiele übt, dann seid Ihr zu spät dran. Die Mannschaften sind alle schon losgezogen.“

Salgant richtete sich auf. „Sollte das ein Witz sein? Ich fürchte, dass ich, wie die meisten Leute, Euren Humor stets etwas schwer verständlich gefunden habe. Und was ich tue, ist ja wohl offensichtlich. Ich beobachte das reizende Paar.“ Er deutete auf das Ende des Pfades. „Sie sind ein liebreizendes Paar, nicht wahr?“

„Ja, tatsächlich.“

„Ich habe gehört, dass Ihr selbst an der Dame interessiert seid.“

Anscheinend hatte Maeglin sich entschlossen, seinen Verdacht mitzuteilen. „Das habe ich auch gehört.“

„Natürlich weiß ich es besser, als solchen Gerüchten zu glauben. Was ich glaube, ist, dass Ihr, als ein enger Freund von Glorfindel, dem reizenden Paar alles Glück wünschen müsstet.“

Salgants Grinsen war wissend und selbstzufrieden und seine Worte wollten verletzen. Und doch, so hassenswert wie er war, hatte er auch Recht. Wenn Glorfindel wünschte, seinem Leben eine natürliche Richtung zu geben, dann wäre eine ehrenwerte Vorgehensweise, ihn zu ermutigen. Und es war nicht nur eine Frage der Ehre, sondern eine Frage danach, was letztendlich das Beste für Glorfindel wäre.

„Ja“, sagte Ecthelion. „Ich wünsche Glorfindel jegliches Glück, einschließlich einer glücklichen Ehe.“

Salgants Lächeln verblasste ein wenig, doch er fuhr fort. „Nun, in diesem Fall freue ich mich darauf, Euch bei seiner Vermählung singen zu hören.“

„Ich freue mich darauf, es zu tun.“

„Tut Ihr das? Ich meine, natürlich tut ihr das. Ihr würdet niemals eine Gelegenheit versäumen, mir Euren Fähigkeiten in der Öffentlichkeit zu protzen, nicht wahr?“ Sein Grinsen wirkte ein wenig gezwungen. „Nun, auf Wiedersehen.“ Nachdem er Ecthelion einen weiteren argwöhnischen Blick zugeworfen hatte, schlich er zurück zum Ballsaal.

Als er erst einmal außer Sicht war, lehnte Ecthelion seine Stirn gegen die kühle, sanfte Rinde des verlassenen Baumes und versuchte, seine Gedanken in eine ähnliche Sanftheit zu zwingen. Es war selbstredend, dass er gewillt war, an Glorfindels Hochzeit zu singen. Wenn er in dieser Angelegenheit nicht großzügig wäre, dann wären seine Gefühle nicht mehr als selbstsüchtige Lust. Doch ‚gewillt’ ist nicht dasselbe wie ‚fähig sein’ und so sehr wie er es versuchte, konnte er sich nicht vorstellen, auch nur ein einziges Lied durchzustehen. Solche Schwäche erfüllte ihn mit Abscheu gegen sich selbst. Er richtete sich auf und wollte gehen – und bemerkte Glorfindel, der den Pfad jetzt zurückkam, allein. Nun, hier war seine Chance, die Wahrheit aus jener Quelle zu erfahren, die wirklich zählte. Ecthelion lehnte sich wieder zurück an seinen Baum und wartete.

Glorfindel kam auf ihn zu und hielt einen Schritt entfernt inne, als ob er Angst hätte, näher zu kommen. Auch wenn seine Haltung seltsam war – er sah so schön aus, wie er dort stand, golden in dem Halbdunkel, mit einer Spur des Unerreichbaren.

„Danke, dass du unseren Rückzug gedeckt hast“, sagte er. „Idril ist jetzt nach Hause gegangen und ich… ich habe dich mit Salgant sprechen sehen. Hat er irgendetwas Interessantes gesagt?“

„Er sagte…“ Ecthelion brachte es nicht fertig, die Worte zu sagen. „Er sprach über dich.“

„Er hat es dir also gesagt.“ Glorfindel zeigte ein kleines schuldbewusstes Lächeln. „Ich muss zugeben, dass das ein bisschen erleichternd ist. Ich habe es gehasst, dir etwas so Wichtiges vorzuenthalten, aber ich hatte Angst vor deiner Reaktion.“

Bei dieser Bestätigung seiner Befürchtungen schien der Boden unter Ecthelions Füßen zu wanken. Zum Glück jedoch blieb der Baum in seinem Rücken beständig. Er stellte seine Füße wieder fest auf und erinnerte sich daran, dass er keinen Anspruch auf Glorfindel hatte, dass diese Wandlung seines Herzens sich nur wie ein Betrug anfühlte.

„Nun“, fragte er, „wie findest du meine Reaktion?“

„Ich weiß es noch nicht. Du warst ruhig, als ihr beide gesprochen habt, was vielversprechend ist. Jetzt haben wir viel zu besprechen. Sollen wir zu mir gehen?“

Ecthelion sah sich um. Ja, natürlich, sie waren in der Öffentlichkeit, aber sicherlich war das nur das Beste. Er konnte sich selbst nicht trauen, wenn sie allein wären: er könnte anfangen, gegen Glorfindels Wahl zu argumentieren oder sogar, Eru behüte, versuchen, ihm körperlich zu demonstrieren, dass es die falsche Wahl war.

„Was gibt es da zu besprechen?“, fragte er. „Ob wir noch immer fähig sein werden, miteinander zu arbeiten? Das hoffe ich doch ganz sicher. Unsere Arbeit ist wichtig und jenseits all des anderen Unsinns sind wir Freunde, nicht wahr?“

„Natürlich. Oh, natürlich.“ Glorfindel streckte die Hand aus, hielt sich aber glücklicherweise zurück, bevor er Ecthelion berühren konnte. „Aber was sollen wir wegen Salgant unternehmen?“

„Wegen Salgant?“ Ecthelion bemühte sich um Konzentration. „Wegen der Tatsache, dass er Bescheid weiß, meinst du? Ich denke, das Beste wäre, es den wichtigen Leuten zu erzählen, bevor er es tut. Turgon, insbesondere. Ich würde vorschlagen, dass du in dieser Hinsicht sehr aufrichtig bist. Und deinen Stolz bewahrst, selbst wenn er es missbilligt; warum solltest du dich schämen?“

„Oh, das tue ich nicht. Natürlich nicht.“ Glorfindel lächelte und sein Stolz und sein Glück waren so spürbar, wie das Gewicht von Ecthelions Rüstung. „All diese Heimlichtuerei… auf jedes Wort, das ich sage, muss ich achten, selbst unter Freunden. Es wird jedes Jahr ein bisschen schwieriger, das musst du bemerkt haben. Zumindest ist jetzt-“

„Bitte hör auf. Hör einfach auf.“

„Warum?“

Ecthelion wollte ihn schlagen. „Weil es nicht leicht für mich ist.“

„Du glaubst, wir müssen aufhören… mehr als Freunde zu sein.“ Glorfindel wurde düster, grau, als ob das Strahlen seines Stolzes zu Asche verbrannt war. „Dass wir ‚all den anderen Unsinn’ vergessen müssen. Ich dachte mir, dass du auf diese Weise reagieren würdest, gemessen daran, wie du auf meine lächerliche Erpressungsgeschichte geantwortet hast. Das ist genau das, warum es so schwer war, es dir zu erzählen.“

„Wie sonst sollte ich reagieren? Deine Ansichten waren immer etwas liberaler als meine eigenen, und doch habe ich nie erwartet-“ Aber nein, Glorfindel konnte nicht so verderbt sein, so eitel, um vorzuschlagen, dass… was? Dass seine Liebhaber sich nach einem Dienstplan ablösten, wie Gardisten zu verschiedenen Wachzeiten? „Sieh mal, Glorfindel, dies ist ein emotionaler Moment. Wenn die Dinge sich beruhigt haben, wirst du verstehen, dass eine Trennung das Richtige ist.“

Glorfindel starrte ihn an. „Werde ich das?“

„Ich hoffe es.“ Nein, Ecthelion traute ihm mehr zu als das. „Ich bin sicher. Gute Nacht jetzt. Und… viel Glück.“

Da seine Kraft nach dieser letzten Bemerkung erschöpft war, drückte Ecthelion sich von dem Baum ab und verließ den Obstgarten.



Als Ecthelion nach Hause kam, war seine vordringlichste Angelegenheit seine Rüstung, die er auf ihrem Ständer arrangierte, um sicher zu gehen, dass alles sauber und in gutem Zustand war. Seine zweitwichtigste Angelegenheit war… seine Stiefel auszuziehen? Er versuchte sich auf das Bett zu setzen und endete dabei, davor stehen zu bleiben, die Arme vor seiner ungeschützten Brust verschränkt und sah nicht ein Möbelstück, sondern eine Wolke schmerzhafter Erinnerungen. Die Stühle waren nicht viel besser, und auch nicht die Tische oder die Teppiche. Nein, Zuhause war keine Zuflucht. Es war ein Museum, geradeso wie der Raum, wo Turgon Dinge sammelte, die er aus Valinor mitgebracht hatte. Alles hier beschwor ein verlorenes Leben herauf, selbst das Reck, das Ecthelion niemals für irgendwelche unkonventionellen Zwecke gebraucht hatte.

Wer konnte schon in einem Museum schlafen? Ecthelion ging hinunter in sein etwas öffentlicheres Büro und versuchte einen Bericht über die Qualität der Fische, die in den Stadtbrunnen gehalten wurden, zu lesen. Doch selbst dieser Raum war ein Ort, wo er glücklich gewesen war, wo er das Glück durch sich hindurch gleiten gespürt hatte, so wie Fische durchs Wasser glitten. Manchmal in direkter Betrachtung und manchmal als ein Flackern am Rande seines Geistes, wenn er, während er allein arbeitete, einen Gedanken in Glorfindels Richtung streifen ließ. Das durfte nie wieder geschehen. Er saß dort, blinzelnd, während die Worte des Berichtes vor seinen Augen verschwammen.

Ein Klopfen an seiner Vordertür rettete ihn. Er war aus seinem Sitz hochgeschnellt und in Richtung des Eingangs geeilt, bevor er denken konnte. Als er sah, dass es nur Elemmakil war, war seine Enttäuschung bitter – wenn auch leicht zu schlucken, denn nun gab es wirklich ein Problem, etwas, das seinen Verstand von seinen trivialen, persönlichen Problemen ablenkte. Als Hauptmann der Quellenmannschaft hätte Elemmakil jetzt weit draußen im Tal sein müssen.

„Fürst Ecthelion.“ Elemmakil verbeugte sich. „Ich möchte darüber Bericht erstatten, dass es einen Fehler auf der Kriegsspielkarte meiner Mannschaft gab.“

Ecthelion rieb sich die Augen. War Elemmakil den ganzen Weg zurück geritten, nur um sich über einen kartographischen Irrtum zu beschweren? „Was für ein Fehler?“

„Die Karte war… ein bisschen zu informativ. Aber seht selbst, mein Fürst.“

Ecthelion nahm die dargebotene Karte. Er brauchte sie nicht sehr genau zu studieren, um zu bemerken, dass es keine offizielle war, sondern eine von den früheren theoretischen Entwürfen, auf dem die Startpositionen aller Mannschaften gekennzeichnet waren. „Das war in Eurem Umschlag? Und Ihr bringt es zu mir? Elemmakil, ich bin die letzte Person, zu der Ihr hättet kommen sollen, wenn Eure Mannschaft Extra-Informationen aus einer verbotenen Quelle erhalten hat. Sicher könnt Ihr verstehen, dass ich als befehlshabender Offizier und gleichzeitig als einer der Organisatoren der Kriegsspiele der Hauptverdächtige bin.“

„Niemand könnte Euch verdächtigen, Fürst Ecthelion.“

„Wer ist dann noch verdächtig?“ Die Umschläge waren von Glorfindel vorbereitet worden. Ecthelion unterdrückte den heimtückischen Gedanken, dass Liebe die Leute unvorsichtig werden ließ. „Ich kann nicht verstehen, wie so etwas hätte geschehen können, und ich entschuldige mich bei Euch, Elemmakil, und Eurer Mannschaft. Es muss eine solche Enttäuschung sein, Euren Platz bei den Spielen zu verlieren, nach all den harten Vorbereitungen.“

Elemmakil wischte an dem Schmutz auf seiner Brustplatte, als ob er ihn zum ersten Mal bemerkte. „Oh, die Mannschaft ist noch immer dort draußen. Ich habe eine Beschreibung unserer Startposition auf die Rückseite des Umschlags kopiert und habe ihn Voronwe gegeben.“

„Oh Eru. Die Unbescholtenheit der ganzen Spiele ist gefährdet worden.“ Es war ein komplettes Desaster. Ecthelion fühlte sich schon viel besser. „Lasst uns gehen und versuchen, die Dinge gerade zu rücken.“

_______________ 1. Egalmoth, Duilin, Elemmakil und Pengolodh sind alles kanonische Bewohner Gondolins. Pengolodh taucht innerhalb von Tolkiens Werk immer wieder als Weiser auf; Elemmakil ist der erste Gardist, auf den Tuor bei seiner Ankunft in der Stadt trifft; und die anderen sind zwei Herren der zwölf Häuser, die im „Fall von Gondolin“ erwähnt werden. Beide werden als gute Bogenschützen bezeichnet. Zudem wurde Egalmoth in einer Version von Aredhels Geschichte als einer der drei Fürsten genannt, der sie aus der Stadt hinausbegleitete – und das ist die Version, die ich für meine Geschichten verwendet habe. Oh, und er hat sich wirklich so gekleidet: „Die Männer vom Himmlischen Bogen […] waren in einer Farbenpracht aufgereht, und jeder einzelne Soldat hatte Waffen, die mit Edelsteinen bedeckt und überzogen waren. Jeder Schild war blau und sein Schildbuckel ein Juwel, geformt aus sieben Edelsteinen, Rubine, Amethyste, Saphire, Crysoprase, Topase und Bernstein, und ein Opal von gewaltiger Größe zierte jeden Helm.“ 2. Pengolodhs Bemerkung über Heirat basiert auf der Aussage, dass „Heirat, ausgenommen bei ungünstigen Gelegenheiten oder seltsamen Schicksalen, der natürliche Weg für alle Eldar“ war, aus den „Laws and Customs among the Eldar“.
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