Arda Fanfiction

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Das Licht der Hoffnung

von Dairyû

Das Feuer

Mein König hielt ihm stand mit Mut und Geschick, und allen, die diesen Kampf sahen, kam es so vor, als sei uns das Schicksal hold. Doch Sauron zeigte sich nun in seiner wahren Stärke. Der Boden bebte, als Speer und Kriegskeule sich trafen, Funken stoben auf und mein Fürst sank auf ein Knie nieder. Nicht wenige Schreckensrufe erklangen da aus unseren Reihen, doch Gil-galad erhob sich wieder. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen, das zu deuten keinem von uns gelang. Vielmehr verwirrte es uns. Mit einer kleinen Verbeugung erwies mein König seinem einzigartigen Gegner Respekt, und setzte den Kampf fort, nun wissend, welche Kraft Sauron sein Eigen nannte. Lange dauerte dieses Zusammentreffen zweier Urgewalten, das uns, die wir Zeugen waren, unbeteiligt ließ. Doch dann senkte sich jäh eine Finsternis auf das Schlachtfeld herab, alles Kriegsgeschrei verstummte – erstickt von einer dunklen Wolke aus böser Zauberei. Inmitten dieser Schwärze leuchtete allein Aeglos, der Speer Gil-galads, und verbreitete ein sanftes Licht. Aber nicht lange währte dieser Schein, denn er wurde erwidert von einem unirdischen Feuer, dessen Ursprung Sauron war. Es kam über uns – tödlich und unabwendbar. Noch immer gellen die Schreie der Sterbenden in meinen Ohren, noch immer sehe ich diejenigen vor mir, die zu nahe waren – lebendige Fackeln, denen das Fleisch von den Knochen gerissen wurde und deren Gebeine zu Asche verbrannten, die ein heißer Wind von dannen wehte. Und inmitten dieses Infernos stand mein Fürst, Haare und Gewänder entflammt; doch er wankte nicht, hielt seinen Speer noch immer in den Händen, zum Streit bereit. Und so kam es, dass Sauron ein zweites Mal das unheilige Feuer beschwor. Er selbst wurde zu einer Feuerlohe, groß und drohend. Langsam trat er auf Gil-galad zu, seine brennende Streitkeule erhoben zu einem Schlag, der Aeglos zertrümmerte, als beide Waffen einander berührten. Und dann hüllte Saurons Feuer meinen König ein, es war anzusehen wie das groteske Zerrbild einer liebevollen Umarmung. Der Feuersturm gewann an Stärke, die Flammen brüllten schier unerträglich. Aber von einem Augenblick zum anderen verstummten sie und Sauron war fort, gegangen wie er gekommen war – heimlich und überraschend; er ließ Tod und Zerstörung zurück, und meinen sterbenden Fürsten ...

~*~

Gil-galad sieht mich an, wieder huscht ein Lächeln über seine Züge, ganz so, als sei er mit seinem Schicksal zufrieden. "Mein König", beginne ich, doch Gil-galad unterbricht mich, indem er meine Hände ergreift, die den Ring gedankenverloren halten. "Hab Vertrauen! Der Ring, ... Vilya, seine Macht ... wirkt im Geheimen. Lass ... dich leiten von ihm und ... der Stimme deines Herzens." Schwer kommen diese Worte über die Lippen meines Königs, sein Atem geht sehr flach und ich spüre, dass nun die Zeit nicht mehr fern ist. Vorsichtig erwidere ich den Druck seiner Finger, der sich mit jedem Augenblick verstärkt hat. Ich weiß, was er möchte, und so stecke ich den Ring auf. Ein wenig Furcht, aber auch Neugier bemächtigen sich meiner angesichts dessen, was mich erwartet. Kühl ist der Reif und mit einem Mal verblasst er vor meinen Augen, doch ich spüre ihn noch immer an meinem Finger, bis auch dieses Gefühl verebbt. Verwirrt verharre ich, sehe meine blutverkrustete Hand an, die wieder in Gil-galads festem Griff ruht, doch nichts geschieht. Nichts hat sich verändert, am allerwenigsten ich. So sei es denn. Der Ring verbirgt sich vor den Augen der Welt, bis es an der Zeit ist. Ich werde warten und der Weisung meines Königs folgen, dessen forschender Blick über mein Gesicht huscht, und versuchen Zuversicht haben. Noch gelingt es mir nicht, die Wunden in meiner Seele und in meinem Herzen sind zu frisch und zu tief und ich hadere mit dem grausamen Schicksal, das Elben und Menschen bestimmt worden ist. "Es ist ... gut, Elrond. Du ... wirst deinen ... Weg gehen ...", flüstert mein König mir zu und dann lösen sich Gil-galads Finger von den meinen. Mühsam halte ich die Tränen zurück, die meinen Blick verschleiern. Womit habe ich dieses unendliche Vertrauen verdient, das mein König mir entgegenbringt? Mein Herz wird ein wenig leichter. Gil-galad ist weise und vielleicht hat er etwas gesehen, dass die Zukunft der freien Völker Mittelerdes in einem anderen Licht als der erdrückenden Düsternis erscheinen lässt, in der sie jetzt verborgen ist. Ein krampfhaftes Schaudern läuft durch den Körper meines Fürsten. Ich öffne meinen Geist und als ich einen Hauch des Schmerzes empfange der ihn peinigt, sind alle tröstenden Gedanken vergessen. Gil-galad hat etwas anderes verdient – nicht dieses lange und qualvolle Sterben, das kein Ende nehmen will. Plötzlich begreife ich, dass ich der Grund dafür bin. "Es tut mir Leid, mein Fürst", bringe ich hervor. "Verzeiht mir meine Schwäche. Ich werde den Kampf zu Ende führen und Vertrauen haben ..." Kaum merklich nickt Gil-galad, Worte kommen keine mehr über seine Lippen, aber es bedarf ihrer auch nicht, denn ich spüre, dass er nun bereit ist, den Pfad in die Dunkelheit zu beschreiten. "Lebewohl, mein Freund, und gesegnet seist du", flüstere ich sanft. Mit all meiner Macht sende ich ein Gefühl des Friedens aus, das die Schmerzen meines Herrn lindern und ihm den Weg in die Ewigkeit erleichtern soll. Die Dankbarkeit in seinen Augen ist mir Lohn genug und als sie sich schließen, nehme ich wehmütig Abschied. So scheidet der letzte Hohe König der Noldor von dieser Welt. Tapfer und aufrichtig war er, hat dem Großen Feind schon in den Dunklen Jahren die Stirn geboten, so dass er gefürchtet war bei den Kreaturen der Finsternis und geachtet und geliebt bei Elben und Menschen. Doch sein Stern ist nun gesunken und mit ihm die Hoffnung auf ein gutes Ende für uns ... Wütend blinzle ich die Tränen fort, die wieder zu fließen begonnen haben. Ich erweise meinem Herrn keinen guten letzten Dienst, wenn ich mich von der Trauer übermannen lasse. Kühl und streng erscheinen wir Elben den sterblichen Wesen, unnahbar und weise. Doch sind Gefühle uns keineswegs fremd - nur verbergen wir sie zumeist und vermögen sie zu beherrschen, denn es ist nicht gut, sich ihnen hinzugeben und sich in ihnen zu verlieren. Hier jedoch brechen sie sich mit Gewalt eine Bahn und all meine düsteren Vorahnungen quellen mit meinen Tränen hervor, grausame Wirklichkeit sind sie geworden und ein Grabtuch für meine Seele.

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