Arda Fanfiction

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Swanheart

von Valinja

Begegnung

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Ever felt away without me
My love, it lies so deep
Ever dream of me

Would you do it with me
Heal the scars and change the stars
Would you do it for me
Turn loose the heaven within

(Nightwish ~ Ever dream)

Teil 3: Begegnung

Hier draußen lässt mich der leichte Windhauch nicht länger frösteln, im Gegenteil. Die Luft ist angenehm warm, der Wind nicht mehr als ein sanfter, kaum spürbarer Luftzug, der auf meiner Haut kitzelt.

Ziellos wandere ich durch die Ringe der Stadt, bleibe hin und wieder stehen und schaue über die Mauer hinunter zu den Straßen von Minas Tirith. Friedlich ist es, still und ruhig. Nahezu laut wirken meine Schritte, kaum ein Mensch kreuzt noch meinen Weg. Sie sind nicht gerne draußen und wenn ich in den Osten sehe, dann weiß ich warum.

Hinter den Gebirgszügen des Ephel Duaths erstreckt sich eine Dunkelheit, wie eine große Wolke, die sich immer mehr ausbreitet. Oft ist ein rotes und orangenes Leuchten zu sehen, der Orodruin schläft nicht. Die Menschen hier in Gondor haben Angst und ich mit ihnen. Die Bedrohung Mordors ist zu nah, als dass wir von der Furcht verschont bleiben könnten. Und so sind meine Gedanken auch entzweigerissen zwischen dieser Sorge und der Erinnerung an Faramir. Ja, auch jetzt noch geistert sein Abbild durch mein Gedächtnis, lässt mich nicht los, lässt mich innerlich nicht zur Ruhe kommen.

Ich halte inne in meinem Spaziergang durch die leeren Gassen und lehne mich an die brusthohe Mauer hier im zweiten Ring. Meinen Blick lasse ich über den Pelennor schweifen. Ich sehe kaum noch etwas, denn es ist schon zu dunkel. Einzig und allein die weißen Steine, aus denen Minas Tirith erbaut ist, sind noch gut erkennbar.
Ein weiterer Blick zum Himmel zeigt mir, dass Wolken sich über denselbigen geschoben haben. Kein Stern schimmert am Firmament, nur schwache Mondstrahlen scheinen hier und da zwischen dem Grau am Himmel hinunter auf die Erde.

Ich lasse mich davon nicht beeindrucken, schließe einfach nur die Augen und versuche mich zu entspannen, jegliche Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen. So stehe ich eine Weile da, aber trotz allem gelingt mir nicht, was ich vorhabe.

"Alphiriel, erscheinen dir schon wieder Trugbilder?", flüstere ich leise zu mir, denn ein weiteres Mal an diesem Tag habe ich das Gefühl beobachtet zu werden. Verärgert wische ich es hinfort, verscheuche es wie eine lästige Fliege und versuche stattdessen, darüber zu lachen, dass ich bereits anfange, mit mir selbst zu reden.

Einige Minuten verstreichen, bis das Gefühl wiederkehrt. Vollends verärgert wende ich mich um, dennoch erkenne ich nichts. Die gegenüberliegende Seite der Gasse ist völlig im Dunkeln versunken. Wenn jemand dort steht, so hat er sich gut versteckt.

"Macht es Euch Spaß mir Angst und Schrecken einzujagen?", frage ich deshalb laut und auf die Gefahr hin, dass ich mich trotz allem getäuscht habe. Was dann passiert lässt mich jedoch erschrocken zurückweichen. Eine Person tritt aus dem Schatten der Häuser heraus, hinein in das fahle Licht des Mondes, der genau in diesem Moment zwischen den Wolken hindurchscheint.

"Entschuldigt, das war nicht meine Absicht", erwidert der Mann und mir wird schwindelig.

Die Stimme gehört zu niemand anderem als Faramir.

Ich bin froh über die Dunkelheit, denn so sieht man nicht die Röte, die wieder auf meine Wangen liegt.
"Verzeiht, ich wusste nicht...", fange ich an zu sprechen, doch weiter komme ich nicht.

"Ich habe mich entschuldigt und dabei wollen wir es belassen." Selbst im schwachen Licht des Mondes sehe ich das Lächeln, welches auf seinen Lippen liegt.
"Irre ich mich oder sind wir uns heute bereits begegnet?", erkundigt er sich dann. Mein Herz beginnt schneller zu schlagen. Ich kann kaum glauben, dass er sich an mich erinnert.
"Doch, ja, mein Herr", bringe ich nur verlegen hervor, weiß nicht ob ich ihm in die Augen sehen kann. Vor Aufregung zittern mir bereits die Beine.

"Wie ist Euer Name?", fragt Faramir weiter und geht einen Schritt auf mich zu, sodass ich meinerseits unwillkürlich einen Schritt zurück mache.
"Alphiriel", flüstere ich. Aber ich spreche so leise, dass selbst ich mich kaum verstehe.
"Alphiriel ist mein Name", wiederhole ich lauter und wage es zum ersten Mal, in Faramirs Gesicht zu blicken. Wieder sehe ich ein Lächeln.

"Es tut mir wirklich Leid, wenn ich Euch erschreckt habe, Alphiriel", wiederholt er seine Entschuldigung. In seinen Augen steht ein sanftes Funkeln, während er näher kommt, bis nur noch eine Körperlänge uns trennt. "Doch verratet mir, was Ihr hier alleine tut? Es ist Nacht, warum ruht ihr nicht?"

Energisch schüttele ich den Kopf.
"Ich bin zu unruhig und vermag es nicht. Ich dachte, dass ich hier draußen zur Ruhe kommen könnte." Verlegen wende ich wieder den Blick ab, sehe an Faramir vorbei und bemerke so nicht, wie er plötzlich nahe vor mir steht. Meine erste Reaktion ist es, noch weiter zurückzuweichen, doch ist dies ein Unterfangen ohne Ergebnis, denn die Mauer hält mich auf.

Faramir lacht leise auf.
"Mache ich Euch Angst?", erkundigt er sich freundlich. Immer noch sind seine Züge geprägt von einem Lächeln und ich stelle fest, dass ich darin versinken könnte, so sehr fasziniert es mich.
"Nein." Wie wild schüttele ich den Kopf, begierig darauf zu zeigen, dass dem nicht so ist. "Nein, es ist nur, dass Ihr mich erstaunt hab", füge ich dann hinzu und versuche ebenfalls zu lächeln.

Faramir nickt und bevor ich begreifen kann, was geschieht ergreift der Truchsessensohn meine Hände und birgt sie in den seinen. Sie sind warm und ich beginne wieder zu frösteln. Leichte Schauer laufen durch meinen Körper und ein eigenartiges Kribbeln macht sich in meinem Magen breit.

"Euch ist kalt", stellt Faramir fest und betrachtet meine Hände. Es ist mir ein wenig unangenehm und ich versuche sie ihm zu entziehen, doch er lässt sie nicht los, lässt mich nicht weiter weichen. Unsicher schaue ich in sein Gesicht, halte beinahe die Luft an, als sein Blick sich hebt.

"Ihr sagt zwar, Ihr habt keine Angst, aber Euer Körper spricht eine andere Sprache. Wollt Ihr vor mir flüchten? Vielleicht solltet ihr zurückgehen", fragt Faramir, aber seine Augen glitzern verdächtig und ich höre den neckenden Unterton aus seiner Stimme heraus.
Ich bringe nicht mehr heraus als ein Lachen und ein weiteres Kopfschütteln.

Und das ist ansteckend. Nun lacht auch Faramir, und dass wir dies gemeinsam tun, befreit mich von meiner Befangenheit, die ich ihm gegenüber hege, löst den Knoten in meiner meinem Hals. Und auf einmal geht alles so leicht.

Noch nie habe ich mich selbst so viel reden gehört, noch nie habe ich selbst so geduldig einem anderen Menschen zugehört. Faramir lehnt sich neben mich an die Mauer und zusammen lassen wir nun unseren Blick schweifen und unterhalten uns. Ich kann nichts dagegen unternehmen, dass die Schmetterlinge wie wild in meinem Bauch tanzen und ich mir fast wünsche, dass er noch einmal meine Hände ergreift.

Doch an diesem Tag wird mein Wunsch nicht mehr erfüllt.

Auch nicht in der nächsten Nacht, denn seltsamerweise treffen wir uns immer wieder. Es ist fast so, als bestünde eine Absprache zwischen uns, denn jeden Abend, wenn es angefangen hat zu dunkeln, gehe ich an die Mauer im zweiten Ring, und immer finde ich Faramir dort vor.
Wie an dem ersten Abend unterhalten wir uns und lachen miteinander, so oft, bis ich das Gefühl habe, Faramir ganz und gar zu kennen. Es ist wie eine ungewöhnliche Freundschaft, die sich zwischen uns entwickelt, langsam aber stetig.

Dennoch bemerke ich, dass ich mir mehr und mehr zu wünschen beginne, dass Freundschaft nicht das einzige sei, was uns verbindet. Denn ich weiß jetzt, dass ich mich verliebt habe und nun ergreift die Angst von mir Besitz. Angst, dass diese Liebe nicht erwidert wird.
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